Gestern und Heute
60 Millionen flüchten
Peter Pelinka über die traurig hohe Rekordzahl an Flüchtlingen weltweit
Sie war die größte humanitäre Errungenschaft nach 1945: die Genfer Flüchtlingskonvention, verabschiedet 1951, erweitert 1967. Sie entstand unter dem Eindruck der europäischen Flüchtlingsströme nach den Zerstörungen und Verfolgungen während des Zweiten Weltkriegs und unmittelbar danach. Damals waren 40Millionen Menschen auf der Flucht. Bis heute sind 145 Staaten dem Abkommen beigetreten, das für politisch, rassisch und religiös verfolgte Flüchtlinge das Recht auf sozialen Schutz festschreibt, auf nicht diskriminierenden Zugang zu Arbeits- und Wohnungsmarkt, auf Unterricht und medizinische Versorgung. Aber auch Pflichten, etwa die Einhaltung der jeweiligen Gesetze. Heute sind mehr Menschen auf der Flucht als vor 70 Jahren. Uno-Flüchtlingshochkommissar António Guterres, der Ex-Regierungschef Portugals, schätzt ihre Zahl auf 60 Millionen. Ein Drittel davon sind Menschen, die ihre Heimat komplett verlassen mussten, knapp 40 Prozent sind Flüchtige im eigenen Land, knapp zwei Millionen deklarierte Asylwerber: Menschen, welche nicht nur Recht auf Schutz haben, sondern auch auf dauernde Aufnahme. Das Ausmaß der weltweiten Vertreibung stelle „alles bisher Gesehene in den Schatten“, meint Guterres und nennt eine exemplarische Zahl: Mehr als 3.500 Menschen sind in den letzten drei Jahren bei Überfahrten aus Asien oder Afrika ertrunken. Der Großteil der Flüchtlinge lebt in benachbarten Camps, im Fall des derzeit besonders umkämpften Nahen Ostens vor allem im Libanon (ein Drittel der drei Millionen Einheimischen) und in der Türkei (mehr als zwei Millionen).Europa (500 Millionen Einwohner) nahm drei Millionen Flüchtlinge auf, prozentuell die meisten in Schweden und Malta, bald wohl auch in Deutschland – die reichen Golfstaaten und Saudi-Arabien dagegen ganz wenige.