Ein Mann der Ehre: Der neue Capo des Wiener Rotlichtmilieus im NEWS-Interview

"Richard Steiner" über seinen Job und die Szene "Ich bin ein Geschäftsmann mit mächtigen Freunden"

Ein Mann der Ehre: Der neue Capo des Wiener Rotlichtmilieus im NEWS-Interview © Bild: NEWS

NEWS: In dem soeben erschienenen Buch "Unterösterreich" bezeichnet Sie der Autor, ein Szene-Insider, als "Don Corleone" von Österreich. Gefällt Ihnen dieser Titel?
Richard Steiner: Den Titel finde ich lustig. Aber ich sehe mich in erster Linie als einen Diplomaten in dieser Szene, wie immer Sie jetzt diesen Begriff auslegen wollen. Ich kenne die maßgeblichen Leute in der sogenannten Unterwelt Österreichs und auch Europas. Wahrscheinlich sind es diese Beziehungen, die mir diesen Titel verschafft haben.

NEWS: Das könnte auch ein Zitat aus "Der Pate, Teil 1" sein.
Steiner: Vielleicht. Ja. Aber ich sehe mich trotzdem nicht als Paten. Tut mir leid.

NEWS: Als was dann?
Steiner: Ich bin ein Geschäftsmann, der mächtige Freunde hat. Das sind Leute, die alle Sprachen sprechen: Türkisch, Kurdisch, Hebräisch, Tschetschenisch, Albanisch, Italienisch und sogar Chinesisch. Hier in Österreich habe ich einen Partner, der Türkisch und Kurdisch spricht.

NEWS: Ziemlich deckungsgleich mit den Ethnien, die in Ihrem Geschäftsfeld tätig sind.
Steiner: Sagen wir einmal so: Ich habe viele Freunde, die mich sehr mögen. Ich bin mit diesen Leuten perfekt vernetzt, wir haben eine amikale Kommunikation, nur wenn etwas passiert, wird der Ton halt ein wenig rauer. Dann werden diese Konflikte in bewährter Art und Weise bereinigt.

NEWS: Klingt schon wieder wie im "Paten". Was heißt eigentlich "in bewährter Art und Weise"?
Steiner (lacht): Viel Prävention, wenig Aktion und Gewalt nur im Falle der Notwehr. Das gilt sowohl für mich als auch für alle meine Freunde.

NEWS: Hmm …
Steiner: Schauen Sie: Gewalt ist immer das allerletzte Mittel der Durchsetzung. Ich selbst bin bekennender Buddhist und versuche immer, die Probleme ohne Gewaltanwendung zu lösen.

NEWS: Und wenn das nichts fruchtet …?
Steiner: Gut, ich gebe Ihnen ein Beispiel: Vor Jahren kam es in einem Bordell im Westen Österreichs zu Übergriffen der Betreiber gegen ihre Mädchen. Schläge, ausgerissene Haare, Pöbeleien. Man hat mich darüber informiert, und einen Tag später sind ein paar Freunde von mir dort aufgetaucht. Die Verantwortlichen haben ihre Ohrfeigen kassiert, und seither ist dort wieder Ruhe. So einfach ist das.

NEWS: Im Fachjargon nennt man so was ein Rollkommando.
Steiner: Nennen Sie es, wie Sie wollen. Mir ist wichtig, dass in diesem Geschäft Ruhe, Ordnung und Sauberkeit vorherrschen und alle Gesetze eingehalten werden. Wäre es anders, hätte mich die Polizei schon längst verhaftet. Bei mir gibt's keine Drogen, keine Alkoholexzesse, ich selbst bin Veganer und schaffe mit meinen 38 Jahren immer noch 600 Klimmzüge in der Stunde. Ich bin ein Mensch, der sich einfach nicht gehen lässt.

NEWS: Wie viele solcher Freunde, die diese Jobs erledigen, haben Sie eigentlich in Österreich?
Steiner: So viele, dass wir nie gemeinsam ausgehen können. Ich habe sie noch nicht gezählt. Aber ich kann auf sie zählen, und das ist sehr wichtig.

NEWS: Wenn ich im Wiener Prater nachts in eine schwierige Situation gerate - wen ruf ich da eher zu Hilfe: Ihre Freunde oder die Polizei?
Steiner: Meine Freunde schwören darauf, dass es sinnvoller ist, sie zu rufen. Und dieser Meinung bin ich auch.

NEWS: Wie ist eigentlich Ihr Verhältnis zur Polizei?
Steiner: Seit einigen Jahren herrscht bei der Wiener Polizei der Geist des Fürsten Metternich. Meine Freunde und ich wurden bereits grundlos bespitzelt, verfolgt und festgenommen, um dann, weil die Vorwürfe immer haltlos waren, nach ein paar Wochen wieder freigelassen zu werden. Das kostet den Staat jedes Mal Schadenersatz. Erst unlängst hat ein hoher Kriminalist des BKA in einer illustren Runde behauptet, dass er den Steiner dieses Jahr "erwischen" wird. Diese Angriffe deute ich als puren Neid kleinkarierter karrieregeiler Beamter, die sich durch meine Verhaftung lieb Kind bei den Vorgesetzten machen wollen. Ich frag mich nur, weshalb? Ich zahle in diesem Land meine Steuern, bin kein Menschen- oder Drogenhändler, misshandle keine Kinder. Im Gegenteil: Gäbe es uns nicht, hätten wir in Wien schon längst Verhältnisse wie in Moskau, Budapest oder Belgrad, wo Schießereien auf der Tagesordnung stehen. Nietzsche hat einmal gesagt: "Staat heißt das kälteste aller kalten Ungeheuer. Und was der Staat auch redet, er lügt - und was er auch hat, gestohlen hat er's. Dort, wo der Staat aufhört, da beginnt erst der Mensch, der nicht überflüssig ist."

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