Die Power des Troubadour

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Wiener Staatsoper - Die Power des Troubadour © Bild: Wiener Staatsoper / Michael Pöhn

Die Premiere von Verdis „Troubadour“ mit Anna Netrebko und Roberto Alagna im Februar war das Ereignis der vergangenen Saison. Davon hätte es nun, zu Beginn der Spielzeit, eine Neuauflage geben sollen mit Anna Netrebko und ihrem Gemahl Yusif Eyvazov in der Titelpartie, der für Marcelo Alvarez eingesprungen ist. Netrebko aber musste aus gesundheitlichen Gründen kurzfristig ihren Auftritt bei der ersten Vorstellung annullieren. Für sie sprang kurzfristig Maria José Siri ein. Grund zur Enttäuschung gab es trotzdem keinen.

Die Sopranistin aus Uruguay bewältigte die Partie der Leonore, die in Verdis vertrackter Geschichte zwischen zwei Brüdern steht, die aber nicht wissen, dass sie tatsächlich Brüder sind, tapfer. Dass sie zu Beginn vor allem in den Höhen ihren Sopran schrill schmetterte und statt Innigkeit einen Hang zur hysterisch Liebenden zeigte, mag man den Nerven zuschreiben. In der Kerkerszene am Ende findet sie warme, schöne Töne.

Yusif Eyvazov ist ein idealer Verdi-Tenor. Auch wenn zu Beginn, wenn er aus dem Off seinen Auftritt ankündigt, die Stimme etwas schwankt, gleicht er das mit Sensibilität und Talent zur Gestaltung aus. Seine Stimme hat Kraft. Diese aber setzt Eyvazov nicht wie ein Brüll-Tenor ein, der seine hohen Cs dem Publikum eitel entgegenschmettert, sondern er wägt ab, passt Gesang dem Schauspiel an, setzt seine Durchschlagskraft dort ein, wo sie passt. Aus dem „Di quella pira“, der Arie des Manrico, der seine vermeintliche Mutter vor dem Scheiterhaufen retten will, generiert er kraftvoll großes Drama. Die Todesszene im Kerker gestaltet er in warmen, lyrischen Tönen.

George Petean ist ein vorzüglicher Graf Luna. Der rumänische Bariton bringt für die Partie Grafen, der besessen von seiner Liebe zur Hofdame Leonore ist und unerbittlich die Zigeunerin Azucena verfolgt, die er des Mordes an seinem Bruder verdächtigt, Ausdruckskraft und prächtige Farben in der Stimme mit. Für Luciana D’Intino ist die Rolle der Zigeunerin Azucena, die im Wahn ihr eigenes Kind ins Feuer des Scheiterhaufens geworfen hat, in dem ihre Mutter verbrannt wurde und anstatt ihres Sohnes den Bruder des Grafen großgezogen hat, bereits zu etwas wie eine Leibrolle geworden. Dramatisch, stimmgewaltig überzeugt sie in jeder Hinsicht. Jongmin Park fällt als Ferrando nicht auf. Simina Ivan ergänzt sehr gut als Ines.

Daniele Abbado hat die Geschichte aus dem Mittelalter in die Zeit des spanischen Bürgerkriegs und des Faschismus verlegt und verlangt den Sängern keine schauspielerischen Eskapaden ab. Das bewährt sich im Repertoire-Betrieb.

Marco Armiliato erwies sich am Pult der Wiener Philharmoniker als souveräner Kapellmeister.

Das neue Untertitel-System ist in jeder Hinsicht ein Gewinn. In klarer Schrift wird das Libretto in sechs Sprachen wiedergegeben. Die Inhalte der Opern sind vor der Vorstellung abzurufen. Weshalb man jedoch bei der deutschen Übersetzung, wie bereits bei der Premiere, „Zigeunerin“ mit „schönes Mädchen“ übersetzt, ist nach wie vor nicht nachvollziehbar. Das aber bleibt eine zu vernachlässigende Irritation bei dieser Saisoneröffnung.