Prominenter Arzt verschwunden

Hat ihn ein Patient ermordet? - Mit Plakaten wird nun nach Matthäus W. gefahndet

von Seit einem Monat wird ein prominenter Wiener Mediziner vermisst. © Bild: Matthias Obergruber/NEWS

Keine Vorzeichen.

Wie kann es sein, dass ein Mensch, quasi von einer Sekunde auf die nächste – einfach verschwindet? Spurlos. An einem „ganz normalen“ Tag, an dem zunächst scheinbar nichts Außergewöhnliches geschehen war im Leben des Mannes. An diesem Tag, der für ihn vorerst völlig unspektakulär verlief, an dem angeblich nichts, aber auch gar nichts auf eine bevorstehende Tragödie hingedeutet hätte.

Dieser Tag ist der 28. Dezember 2012. Was ist damals geschehen? „Nichts Besonderes“, sagen Angehörige und Arbeitskollegen des Abgängigen, und dass „alles eigentlich wie immer“ gewesen sei.

Matthäus W. stand zeitig auf, frühstückte in Ruhe, duschte. Verließ dann bald seine Wohnung in Döbling. Marschierte die wenigen Hundert Meter bis zum „Rudolfinerhaus“. Trat dort pünktlich um 7.00 Uhr seinen Dienst an; versorgte Patienten. Verließ um etwa 11.30 Uhr die Privatklinik, fuhr mit öffentlichen Verkehrsmitteln in die Leopoldstadt, wo er mit seiner Gattin (sie ist ebenfalls Ärztin) in einem Restaurant zu Mittag aß. Worüber bei dem Treffen geredet wurde?

„Einzig über angenehme Dinge“, so die Frau später vor der Kripo, „über einen gemeinsamen Opernbesuch, der für den Abend geplant gewesen ist. Über eine New-York-Reise, auf die wir uns so lange schon gefreut hatten und am nächsten Morgen mit meinem Sohn aus einer früheren Ehe antreten wollten.“

Was tat er in der City?

Kurz nach 14.00 Uhr trennte sich das Paar. Verabschiedung mit Küsschen; das Versprechen, einander spätestens um 19.30 Uhr in der Oper, bei Beginn der Vorstellung des „Nussknackers“, wieder zu sehen.

Und in den Stunden dazwischen? Matthäus W. hielt sich am Nachmittag – wie mittlerweile nachträgliche Handyortungen belegen – in der Innenstadt auf. Um zirka 14.30 Uhr war sein Telefon im Bereich Salztorgasse eingeloggt, eine Stunde später am Börseplatz. Was tat er da? Bummelte er bloß ein wenig durch die City? Hatte er dort eine Verabredung, beruflich oder privat? Fragen, die bis dato unbeantwortet blieben. Fest steht lediglich: „Irgendwann in der Dämmerung“ sei der Mediziner laut Auskunft mehrerer Mitarbeiter des Rudolfinerhauses kurz in das Spital zurückgekehrt. Dokumentiert ist aufgrund von Mobilfunkdaten: Um 16.42 Uhr befand sich Matthäus W. in der Gegend um den Karl-Marx- Hof in Döbling.

Eine Zeugin behauptet nun, den 1,92 Meter großen, auffällig schlanken Mann mit dem für ihn so charakteristischen „federnden Schritt“ gegen 18.00 Uhr in der U4-Station Heiligenstadt gesehen zu haben. Wo er „einige Minuten hindurch mit suchendem Blick am Bahnsteig auf und ab gegangen“ sei, „ohne in einen Zug zu steigen“. Mit dieser Beobachtung verliert sich die Spur des Arztes.

Ominöse Hinweise.

Sein Abo-Sitz in der Oper blieb leer, am Abend des 28. Dezember. Was seine Gattin damals noch nicht alarmierend fand: „Schließlich musste mein Mann häufig überraschend Nachtdienste in der Klinik übernehmen.“ Unruhig wurde die Frau erst am 29. Dezember. Als der 41-Jährige selbst ein paar Stunden vor dem geplanten Abflug in die USA noch immer nicht heimgekommen und er weder im Spital noch über sein Handy zu erreichen war.

Eine Vermisstenanzeige. Erhebungen im Verwandten-, Bekannten- und Kollegenkreis des Mediziners. Vieldeutige Hinweise. Letztlich übernahmen Mordfahnder den Fall. Ein Suizid, ein freiwilliges Absetzen, eine Gewalttat. „Zum derzeitigen Stand der Ermittlungen“, so Polizeisprecher Roman Hahslinger, „wird nichts davon ausgeschlossen.“ Matthäus W.: Was ist über ihn bekannt? Dass er im „Rudolfinerhaus“ und in seinen beiden Privatpraxen in Wien und Niederösterreich sehr viel gearbeitet hat; dass er manchmal über „Überlastung“ geklagt, ein bisschen traurig gewirkt – und mitunter über ein „Aussteigen“ philosophiert haben soll.

Die Psyche des Vermissten.

„Aber niemals“, dessen ist sich die Familie des Mannes sicher, „wäre er ohne Verabschiedung von uns gegangen. Niemals hätte er uns in Ungewissheit zurückgelassen.“ Matthäus W., dieser Mann, der von seinem Umfeld unisono als „besonders zuverlässig, ehrlich und empathisch“ beschrieben wird. Der gleichzeitig aber nur zu engsten Vertrauten über sein Innerstes und über Probleme sprach.

Wie massiv belasteten ihn Schwierigkeiten im Job? Wie ernst nahm er Drohungen, die er angeblich wiederholt bekommen hat? Von reichen Russen, Rumänen, Bulgaren – die über genügend Geld verfügen, um sich hierzulande modernste Therapien in Privatkliniken leisten zu können. Behandlungen, die allerdings nicht zwingend zum Erfolg führen. Wofür manche der Patienten ihre Ärzte verantwortlich machen. Könnte Matthäus W. Opfer derartiger Schuldzuweisungen geworden sein?

Eine Frage, der die Kripo nachzugehen hat. Genauso wie einem anonymen Tipp, wonach der Arzt ein „geheimes Zweitleben“ geführt hätte. Doch wann? Und wo? Und mit wem?

Geld als Tatmotiv?

Als Matthäus W. am 28. Dezember 2012 verschwand, war er mit hellem Hemd, corallefarbenem Pulli, dunkler Hose und blauer, quergesteppter Daunenjacke bekleidet. Seine Vespa und sein Auto wurden von ihm an diesem Tag nicht benutzt. Wie viel Bargeld der 41-Jährige, der noch nie eine Kreditkarte besaß, bei sich getragen hat, ist bislang unklar. Und auch, warum er sich gegen 18 Uhr am Bahnsteig der U4- Station Heiligenstadt befand. Denn zur Oper ist er bis dahin immer mit der Straßenbahn gefahren.

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Kommentare

@Mädimausi: Allgemeinmediziner sind im Rudolfinerhaus keine Abteilungsärzte und v.a. Matthäus W. zählt zu den besten Belegärzten des Spitals.

asdfqweqwe melden

Selbstverständlich Russen, Bulgaren oder Rumänen schuldig sind. Ein österreichischer kann nicht töten oder entführen. Das ist eine Spekulation!

bushmaster
bushmaster melden

Wenn aber 80% der (geklärten ) krim.Taten Auslandstämmigen zugerechnet werden können , liegt es aber sehr nahe. Danke SCHENGEN !!

Es ist nur sehr schwer vorstellbar, einen Abteilungsarzt, mehr kann ein Allgemeinmediziner in der Krankenhaushierarchie ja nicht werden, wegen einer suboptimalen Behandlung zu klagen. Jedenfalls wäre es angebracht, solange keine Fakten zu diesem Fall bekannt sind, Stillschweigen zu bewahren!

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