Van der Bellen bei CERN

Mit Bildungsminister Faßmann

von

Österreich ist seit 1959 Mitglied des "Centre Europeen pour la Recherche Nucleaire", die weltweit führende Forschungseinrichtung für Teilchenphysik.

Insgesamt hat die 1954 gegründete Organisation 22 Mitgliedstaaten. Das sind neben Österreich unter anderem Belgien, Deutschland, Italien, Großbritannien, Frankreich - und als einziger nicht europäischer Staat auch Israel. Jedes Vollmitglied hat ungeachtet der Höhe der Beitragszahlungen eine Stimme im CERN-Rat. Zu den assoziierten Mitgliedern zählen Zypern, Serbien und Slowenien sowie Indien, Pakistan, Türkei und die Ukraine. In einzelnen CERN-Programmen involviert sind aber auch etwa die USA oder Russland, sie werden als "Beobachterstaaten" bezeichnet.

Das jährliche Budget beläuft sich auf insgesamt knapp 1,1 Milliarden Schweizer Franken/CHF (890 Mio. Euro). Der österreichische Anteil beträgt 2018 rund 24 Mio. CHF - damit ist Österreich elftgrößter der insgesamt 22 Beitragszahler. Hinzu kommen noch die durch das Bildungsministerium finanzierten Beiträge für die österreichischen Gruppen, die am CERN forschen.

Meilenstein in der jüngsten Vergangenheit von CERN war nach langer Planungs- und schließlich Konstruktionsphase die Inbetriebnahme des weltgrößten Teilchenbeschleunigers "Large Hadron Collider" (LHC) im Jahr 2008 in einem kreisförmige Tunnel mit rund 27 Kilometer Umfang unter dem Kanton Genf bzw. dem angrenzenden Frankreich. Dort werden Elementarteilchen zu Forschungszwecken auf nahezu Lichtgeschwindigkeit beschleunigt und zur Kollision gebracht und die dabei entstehenden Bruchstücke von riesigen Detektoren beobachtet.

Nach anfänglichen Schwierigkeiten konnte der LHC-Forschungsbetrieb ab 2009 erfolgreich aufgenommen werden. Im Juli 2012 wurde dann die Entdeckung eines neuen Teilchens, das lang gesuchte Higgs-Boson, von den LHC-Detektoren ATLAS und CMS, beide auch mit österreichischer Beteiligung, bekanntgegeben. Im Rahmen des CMS (Compact Muon Solenoid) lieferten österreichische Forscher etwa die Technologie, die Teilchen in unbrauchbar und brauchbar unterteilt. Jedes Higgs-Teilchen musste sozusagen mal durch den "Österreich-Filter".

Mit dem sogenannten Higgs-Mechanismus wird im Standardmodell der Elementarteilchen-Physik erklärt, wie subatomare Teilchen - also die Grundbausteine der Materie - ihre Masse erhalten. Der Physiker Peter Higgs hatte dies schon in den 1960er-Jahren beschrieben, aber der Nachweis gelang erst mit dem leistungsstarken Teilchenbeschleuniger.

Derzeit gehören 50 Österreicher allein zum Stammpersonal (CERN-Personalstand: 2.560) des Kernforschungszentrums. 18 Österreicher sind als sogenannte Fellows dort tätig. Insgesamt, also auch jene Mitarbeiter miteinberechnet, die nicht von CERN bezahlt werden, sind derzeit etwa 200 österreichische Wissenschafter mit dem Forschungsprogramm verbunden.

Vor neun Jahren wollte Österreich aus budgetären Gründen aus dem europäischen Forschungsprojekt aussteigen. Nach einer heftigen Debatte wurden die Planungen, 2011 CERN zu verlassen dann aber doch gestoppt. Heute fordert Österreich, dass assoziierte Mitglieder einen größeren Beitrag an der Erhaltung und Entwicklung der kostspieligen CERN-Infrastruktur beitragen sollen. Zwecks Erhalt des europäischen Charakters von CERN schlägt Wien zudem vor, dass eine Mehrheit von 51 Prozent der Stimmen in europäischer Hand bleiben sollte. Konkrete Maßnahmen sollen getroffen werden, um eine Vollmitgliedschaft attraktiver zu machen.

Seit Anfang 2016 leitet die italienische Physikerin Fabiola Gianotti (56) das europäische Forschungszentrum CERN. Sie ist die erste Frau an der Spitze der mehr als 60 Jahre alten Institution.

Kommentare