UNO-Chef: Höchste Zeit für Frieden in der Ukraine

von UNO-Chef: Höchste Zeit für Frieden in der Ukraine © Bild: APA/APA/AFP/YUKI IWAMURA

UNO-Generalversammlung befasst sich mit der russischen Aggression

Zwei Jahre nach Kriegsbeginn in der Ukraine hat UN-Generalsekretär António Guterres ein Ende der Kämpfe verlangt. "Es ist höchste Zeit für Frieden - einen gerechten Frieden, der auf der Charta der Vereinten Nationen, dem Völkerrecht und den Resolutionen der Vollversammlung basiert", sagte Guterres am Freitag vor dem Weltsicherheitsrat in New York. Zudem warnte der 74-jährige Portugiese vor einer Ausweitung des Konfliktes in Osteuropa.

Zahlreiche Kriegsverbrechen vor allem der russischen Streitkräfte müssten aufgeklärt und die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden. "Viele Ukrainer erleben den lebenden Albtraum, ihre Kinder zu verlieren", sagte Guterres weiter. Alle vertriebenen Kinder - die teilweise nach Russland gebracht wurden - müssten mit ihren Familien zusammengeführt werden.

24 Monate nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine traf sich das mächtigste UN-Gremium am Freitag zu einer hochrangig besetzten Sitzung, die Vertreter Russlands und der Ukraine lieferten sich dabei einen verbalen Schlagabtausch. "Russlands Ziel ist es, die Ukraine zu zerstören, und sie reden ziemlich offen darüber", sagte der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba in der UNO-Vollversammlung am Freitag in New York. "Die Wahrheit ist, dass es keine vorläufig besetzten Gebiete der Ukraine gibt", entgegnete der russische UNO-Botschafter Wassili Nebensja.

Die Halbinsel Krim sei russisch und in den Regionen Donezk, Luhansk und rund um Cherson habe es Referenden zum Anschluss an Russland gegeben, versuchte der Botschafter die völkerrechtswidrigen Annexionen zu rechtfertigen. Dass die genannten Gebiete im Vorfeld dieser "Volksabstimmungen" mit brutaler militärischer Gewalt erobert wurden, verschwieg Nebensja. Vielmehr bedachte er die ukrainische Regierung neuerlich mit dem bekannten russischen Propaganda-Vorwurf, ein "Neonazi-Regime" zu sein.

"Der einzige Grund für diesen Krieg ist und bleibt Russlands Weigerung, das Existenzrecht der Ukraine anzuerkennen", hatte Kuleba zuvor betont. Er unterstrich auch, dass es im vergangenen Jahrzehnt viele Vorstöße für diplomatische Lösungen gegeben habe. In den acht Jahren zwischen der russischen Annexion der Krim 2014 und dem Beginn des aktuellen Angriffskriegs hätten 200 erfolglose Runden an Friedensverhandlungen stattgefunden, mit 20 Vereinbarungen zum Waffenstillstand auf der Krim als Ergebnis. Russland sei schuld daran, dass diese erfolglos geblieben seien. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj habe auch für den aktuellen Krieg einen Friedensplan vorgelegt, der unter anderem Nahrungsversorgung, die Sicherung von Atomwaffen und das Einhalten internationalen Rechts garantiere.

Zwei Jahre nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine bekräftigten mehrere westliche Außenminister ihre Unterstützung für das angegriffene Land. Der britische Außenminister David Cameron warnte dabei vor der aggressiven Politik des russischen Präsidenten Wladimir Putin. "Das ist kein Mann, der den Kompromiss sucht", sagte er. "Stattdessen ist er ein neo-imperalistischer Tyrann, der glaubt, dass Macht vor Recht geht."

"Wir müssen anerkennen, welch hohen Preis es hätte, jetzt aufzugeben", sagte Cameron zur stockenden internationalen Unterstützung der Ukraine. "Putin hat gesagt, dass es keinen Frieden geben kann, bis Russlands Ziele erreicht sind." Der Kreml-Chef vermeide bewusst Aussagen darüber, ob er mit den Landübernahmen Russlands in der Ukraine zufrieden sei, und es sei möglich, dass er seine Angriffe auf die Republik Moldau oder die Staaten des Baltikums ausweite, warnte Cameron.

Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock versuchte vor den Vertretern aller UNO-Staaten dem Vorwurf entgegenzutreten, der Westen messe im Ukraine-Krieg mit zweierlei Maß. "Wir stehen mit der Ukraine, so lange dies notwendig ist, weil wir gegen eine Welt der Rücksichtslosigkeit stehen", sagte sie. "Wenn uns eine Welt am Herzen liegt, in der jedes Leben gleich wichtig ist, liegt es an jedem einzelnen von uns, sich gegen den Krieg Russlands zu wehren", so die deutsche Außenministerin. "Wir stehen für eine Welt, in der ein Leben ein Leben ist, ob palästinensisch oder ukrainisch."

Anders als im vergangenen Jahr wird es in der Vollversammlung keine Abstimmung einer Resolution gegen Russland geben. Im Februar 2023 hatten 141 der 193 Mitgliedstaaten für einen Beschluss gestimmt, der Kreml-Chef Putin zum Rückzug seiner Truppen aufforderte - ein historisch klares Ergebnis. Ein neuerliches Zeichen der Stärke wird jetzt nicht erwartet - auch weil das nach hinten losgehen könnte. Die Stimmung habe sich seit vergangenem Jahr geändert, erklären Diplomaten in New York. Einerseits habe dies mit Israels Krieg im Gazastreifen zu tun, der viel Aufmerksamkeit gebunden habe. Anderseits nähmen einige Länder der Ukraine ihr Abstimmungsverhalten in der Vollversammlung bezüglich Gaza übel: Im Dezember hatte Kiew sich enthalten, als das größte UNO-Gremium über einen Resolutionsentwurf für eine Waffenruhe in Gaza abstimmte.