Polizisten mit Hummer überfahren: Mordprozess gegen Kärntner

35-Jähriger in Ketten und angeleint vor Gericht - Es droht lebenslange Haft

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Ungarn - Polizisten mit Hummer überfahren: Mordprozess gegen Kärntner

Er trug neben Handschellen um die Taille einen breiten Ledergürtel, an dem eine massive Kette befestigt war, deren Ende in einer Lederschlaufe verlief, die ein Justizwachebeamter in Händen hielt. Den Gürtel musste der Angeklagte ebenso wie die Handschellen während der gesamten Verhandlung anbehalten. Außerdem musste er ständiges Abfotografieren und Gefilmt-Werden in Kauf nehmen - Foto-und Filmaufnahmen waren während der Verhandlung durchgängig gestattet, wovon die ungarischen Medienvertreter reichlich Gebrauch machten.

Dem zuletzt in Salzburg wohnhaften Mechaniker wird neben Mord auch Widerstand gegen die Staatsgewalt und Gefährdung des öffentlichen Verkehrs angelastet. Wie der vorsitzende Richter Attila Joo zu Beginn der Verhandlung erläuterte, handle es sich um einen Fall "von besonderer Schwere". Für "Mord an einer öffentlichen Person" könne laut ungarischer Rechtsordnung lebenslange Haft verhängt werden.

Angeklagter zu keiner Aussage bereit

Nachdem Staatsanwalt Csaba Nagy seine Anklage verlesen hatte, kam der Angeklagte zu Wort. Der gebürtige Villacher ließ das Gericht wissen, dass er derzeit zu keiner Aussage bereit sei. Folglich wurden die bisherigen Angaben des 35-Jährigen verlesen, die er bei Polizeiverhören zu Protokoll gegeben hatte. "Ich bin kein Mörder", hatte der Mann bei seiner ersten schriftlichen Aussage am 31. Oktober 2012 betont und versichert, er "bereue, was vorgefallen ist".

Der 35-Jährige war in einer Gruppe von insgesamt vier "Hummer"-Geländewagen-Fahrern unterwegs, die an einer Offroad-Tour in Rumänien teilgenommen hatten. Auf dem Heimweg gerieten sie in der südungarischen Ortschaft Apatfalva in eine Verkehrskontrolle. Sie wurden wegen Schnellfahrens angehalten und mussten Strafe bezahlen.

Verfolgungsjagd und Schusswechsel

Dem Prozessauftakt wohnten die Ehefrau des Angeklagten sowie Erich Pialek, Botschaftsrat und Konsul an der österreichischen Botschaft in Budapest, bei. Er wolle mit seiner beobachtenden Funktion gewährleisten, "dass der Prozess fair und objektiv und gemäß den EU-Regeln abläuft und die Rechte des Angeklagten gewahrt werden", erläuterte Pialek gegenüber der APA.

Der Angeklagte selbst wollte sich zu den wider ihn erhobenen Vorwürfen vorerst nicht äußern. Daher wurden die bisherigen Angaben des 35-Jährigen verlesen, die er bei mehreren Polizeiverhören zu Protokoll gegeben hatte. Dabei hatte er das Geschehen als Unfall geschildert. "Ich bin kein Mörder", betonte der Mechaniker bei seiner ersten ausführlichen schriftlichen Aussage am 31. Oktober 2012. Er "bereue, was vorgefallen ist".

Beamte wurden provoziert

Der 35-Jährige war in einer Gruppe von insgesamt vier "Hummer"-Geländewagen-Fahrern unterwegs gewesen, die an einer Offroad-Tour in Rumänien teilgenommen hatten. Auf dem Heimweg gerieten sie am 11. Oktober 2012 gegen 12.30 Uhr in der südungarischen Ortschaft Apatfalva in eine Verkehrskontrolle. Einer wurde wegen Schnellfahrens angehalten und musste Strafe bezahlen.

Nachdem das erledigt war und der Konvoi seine Heimreise fortsetzen konnte, dürfte der Angeklagte beim Wegfahren die Beamten provoziert haben, indem er auf Höhe ihres Autos seinen "Hummer" über die Fahrbahnmitte lenkte und dem Pkw der Verkehrspolizei äußerst nahe kam. In einer seiner Einvernahmen hatte der 35-Jährige dazu erklärt, er habe sich im Vorbeifahren mit einem Blick ins Fahrzeuginnere versichern wollen, ob sich in diesem überhaupt ein Radar-Gerät befand.

Angeklagter beruft sich auf „panische Angst“

Die Polizei nahm daraufhin die Verfolgung auf, wobei aus dem Polizeiauto mehrere Schüsse auf die Reifen des vom 35-Jährigen gelenkten "Hummer" abgegeben wurden. Zusätzlich hatten sich zwei Polizisten auf Motorrädern an die Fersen des Österreichers geheftet. Dieser soll weitere Provokationen gesetzt haben, indem er den Beamten den ausgestreckten Mittelfinger präsentierte und die Zunge zeigte. Dieses Verhalten erklärte der gebürtige Villacher später damit, er habe geglaubt, dass diese ihn schon wieder kontrollieren wollten.


Schließlich holten die Motorradfahrer den Villacher ein, wobei einer der Polizisten im Vorbeifahren gegen den "Hummer" trat, während der Österreicher ihn angeblich abdrängen wollte. Als der 35-Jährige endlich zum Anhalten gebracht war, indem einer der Beamten sein Motorrad vor dem tonnenschweren Geländefahrzeug einbremste, lief derjenige, den der Villacher zuvor von der Fahrbahn drängen wollte, sogleich zum "Hummer" und versuchte die Fahrzeugtür aufzureißen. Weil das nicht gelang, soll - so die Darstellung des 35-Jährigen - der Polizist mit den Worten "Fuck you" ihm durchs geöffnete Seitenfenster Pfefferspray ins Gesicht gesprüht haben.

In dieser Situation sei er "in Panik" aufs Gas gestiegen, so der Angeklagte im Rahmen des Ermittlungsverfahrens. Bedingt durch den Pfefferspray habe er nichts gesehen. Er habe den "Hummer" nach rechts gezogen. Dass dort der zweite Polizist stand, habe er nicht wahrgenommen. Imre K. (34) wurde zu Boden gestoßen und laut Anklage mit einer Geschwindigkeit von 27 bis 33 Stundenkilometern überfahren, wobei der "Hummer" auch sein Motorrad erfasste, das auf den Beamten stürzte. Der Polizist erlitt derart schwere innere und Schädelverletzungen, dass er auf dem Weg ins Krankenhaus starb. Er wurde übrigens posthum befördert.

Angeblich bewaffnet gewesen

Laut Anklage dauerte es zwölf bis 14 Minuten, bis der 35-Jährige von den anderen Beamten - das Polizeiauto war mittlerweile auch zur Stelle - und einem Zivilisten, der ihnen half, überwältigt wurde. Elf Schüsse wurden dabei auf den Österreicher abgegeben, weil er - so die Darstellung der Polizisten, die der Angeklagte vehement abstreitet - mit einem gezückten Messer aus dem "Hummer" gestiegen sein soll. Der Mann wurde im Rücken, in der Hand, am Oberschenkel und am Knie getroffen.

Er habe den ums Leben gekommenen Beamten nicht gefährden wollen, versicherte der Angeklagte auch im vergangenen März, als er den involvierten Polizisten gegenübergestellt wurde. Er habe "panische Angst gehabt" und sei infolge des Pfeffersprays "blind" gewesen. Er habe dann nur mehr "die Schüsse in meinem Körper und die Schmerzen gespürt". Er habe sich auch bewusst auf die Pistole des überfahrenen Polizisten gelegt, damit mit dieser Waffe nicht mehr auf ihn geschossen werden konnte.

Gutachten über Angeklagten erörtert

Der für Dienstagnachmittag erwartete Zeuge - ein unbeteiligter Rumäne, der die inkriminierten Szenen mitbekommen hatte - ist seiner Ladung nicht nachgekommen. In Folge dessen wurde seine Aussage verlesen, die allerdings insofern keinen wesentlichen Beitrag zur Wahrheitsfindung erbrachte, da der Mann erst zu einem Zeitpunkt Wahrnehmungen machte, als der Polizist bereits von dem "Hummer" niedergestoßen und verletzt worden war.

Zuvor hatte Richter Attila Joo noch die Ergebnisse eines medizinischen Gutachtens zusammengefasst, demzufolge der Angeklagte zum Tatzeitpunkt keine geistige Beeinträchtigung und keine Bewusstseinsstörung aufgewiesen haben soll. Zurechnungsfähigkeit war demnach gegeben. Der gebürtige Villacher soll laut Gutachten egoistische, narzisstische Züge und eine niedrige Frustrationsschwelle aufweisen. Der 35-Jährige wird in der Expertise außerdem als labil, dissozial und aufbrausend beschrieben, was zu der ihm angelasteten Tat beigetragen haben könnte. Laut Gutachten hätte er außerdem "die Folgen seiner Handlungen voraussehen müssen", zumal ihm eine "gute Intelligenz" bestätigt wurde. Die Verhandlung wird am kommenden Donnerstag mit weiteren Zeugenaussagen fortgesetzt.

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MORD????? NEWS - ist das euer ernst????

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