Islamisten vor Gericht

"Paranoide Verschwörungstheorien": Angeklagte bekennen sich "nicht schuldig"

von Terror-Prozess in Wien - Islamisten vor Gericht © Bild: Thinkstock

Sein Verteidiger Lennart Binder bezeichnete die Anschuldigungen als "reine paranoide Verschwörungstheorien". Sein Mandant habe "ganz normale Verhaltensweisen gesetzt" und sich nichts Strafbares zuschulden kommen lassen.

Demgegenüber skizzierte Staatsanwältin Nina Mayrgündter mit einem rund eineinhalbstündigen Powerpoint-Vortrag die Vorwürfe gegen die vier erschienenen Angeklagten. Zwei weitere Mitangeklagte fehlten beim Prozessauftakt: Einer ist untergetaucht, hält sich vermutlich in Libyen auf und wird mit internationalem Haftbefehl gesucht, der andere hat sich entschuldigt, weil er sich um seine angeblich erkrankte Mutter zu kümmern hat.

Ziele der Al-Qaida unterstützt?
Die untereinander befreundeten Männer sollen die Ziele der Al-Qaida und verwandter Terror-Netzwerke sowie zwei Wiener Jugendliche unterstützt haben, die im Mai 2009 die Bundeshauptstadt verlassen hatten, um sich in Pakistan in einem Lager der radikal-islamischen Hizb-i-Islami-Milizen ausbilden zu lassen. Thomas Al J. soll dem Jüngeren der beiden rund 4.000 Euro überwiesen haben.

Für den Schulabbrecher und Sozialhilfeempfänger, der mit 15 zum Islam konvertiert war, nichts Besonderes, wie er dem Schöffensenat (Vorsitz: Daniela Zwangsleitner) erklärte. Dass er dem Burschen im Glauben, dieser würde in einer pakistanischen Koranschule unterrichtet, Geld zukommen ließ, sei "unter Brüdern üblich". Die ironisch gemeinte Frage der Staatsanwältin, ob in diesem Fall auch sie bei Bedarf mit einer finanziellen Zuwendung rechnen könne, bejahte Al J.: "Meine Telefonnummer haben Sie ja."

Reisen zu Terror-Camps
Der 26-Jährige soll außerdem Reisen zu Terror-Camps organisiert und versucht haben, Ende 2009 mit seiner Familie und mehreren Mitangeklagten nach Somalia zu gelangen, "um sich dort den Al Shabaab-Milizen anzuschließen und mit diesen zu kämpfen und diese auch auf sonstige Weise zu unterstützen", wie es in der Anklage heißt. Versuche, über Äthiopien bzw. Dschibuti in den Süden des Landes zu gelangen, schlugen jedoch fehl. Die Gruppe kam über den Flughafen Addis Abeba nicht hinaus.

Für Verteidiger Binder handelte es sich dabei um "eine Fernreise, um andere Länder kennenzulernen". Al J. habe sich "ein Bild vom Somalia machen wollen. Das war damals ein relativ ruhiges Land. Kämpfe hat es damals nur in Mogadischu gegeben."

"Nicht fähig" an bewaffnetem Kampf teilzunehmen
Der Angeklagte selbst betonte, er habe "unter den Al Shabaab-Milizen leben wollen" und sei auch davon ausgegangen, dass diese ihm ein Haus zum Wohnen zur Verfügung stellen. Sich als Kämpfer zu betätigen, sei für ihn aber nicht infrage gekommen: "Für das, dass ich mich am bewaffneten Kampf beteilige, habe ich mich nicht fähig gehalten." Daher habe er beschlossen, "dass ich dort einmal lebe und schaue, wie es weitergeht".

Nachdem ihm das nicht geglückt war, soll der Mann bis zu seiner Festnahme am 15. Juni 2011 die fundamentale Website "ansarulhaqq.com" betrieben und dabei für die Al-Qaida und den Dschihad eingetreten sein, indem er einen Artikel des islamistischen Extremisten Anwar Al-Awlaki ins Deutsche übersetzte, in dem zur Ermordung aller Ungläubigen aufgerufen wurde, die den Propheten Mohammed beleidigen.

Die Verhandlung wird am 30. Mai mit der Befragung der weiteren Angeklagten fortgesetzt.