Zahlen fürs Studium?

Warum die Uni-Gebühr nicht unbedingt eine Hürde sein muss. Plus Umfrage!

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    1.500 Euro pro Semester

    Kate Kemp studierte zuhause in Neuseeland Wirtschaft. Für die Studiengebühren in Höhe von rund 1.500 Euro pro Semester bekam sie zinsenfreien Kredit.

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    363 Euro pro Semester

    Florian Bohinc aus Österreich studiert an der Wirtschaftsuniversität Wien. Ab Herbst zahlt er wieder 363 Euro pro Semester. Er bekommt weder Studien- noch Familienbeihilfe.

Seit der Verfassungsgerichtshof (VfGH) die alte Regelung aufgehoben hat, spaltet wieder eine Frage das Land: Soll das Studium gratis bleiben, oder soll es etwas kosten? Studiengebühren halten junge Menschen vom Studium ab, so das wichtigste Argument der Gegner. Dabei sei die österreichische Akademikerquote im internationalen Vergleich sowieso schon niedrig. Studiengebühren würden erst recht dafür sorgen, dass noch weniger Menschen studieren.

Studieren trotz Gebühren
Eine berechtigte Befürchtung? Sowohl die Studienanfängerquoten als auch die Abschlussquoten in Österreich sind im vergangenen Jahrzehnt kontinuierlich gestiegen, trotz Einführung der Studiengebühren im Herbst 2001. Damals sackte die Zahl der Studierenden zwar um rund ein Fünftel ab, stieg aber danach wieder an. 265.000 Menschen studieren derzeit in Österreich – mehr als je zuvor. Allerdings maturieren auch immer mehr junge Menschen und erwerben so überhaupt die Berechtigung, auf die Universität zu gehen.

In Deutschland führten im Jahr 2006 einzelne Bundesländer Studiengebühren von bis zu 1.000 Euro im Jahr ein. Zwei Jahre später gaben bei einer Befragung vier Prozent der Abiturienten an, auf ein Studium zu verzichten, weil sie sich die Gebühren nicht leisten könnten. Besonders betroffen: Kinder von Eltern ohne höhere Bildung und Frauen. Die abschreckenden Effekte seien aber insgesamt „geringer als erwartet“. Eine Studie aus dem Jahr 2010 wollte gar keine abschreckende Wirkung erkennen. Trotzdem schafften die Bundesländer nach und nach die Studiengebühren wieder ab, zuletzt Hamburg. Der dortige Senat wollte keine „sozialen Barrieren“. Die gibt es jedenfalls auch hierzulande: Laut Statistik Austria erreichen fünf Prozent der Kinder von Pflichtschulabsolventen, aber 41 Prozent der Kinder aus akademischen Elternhäusern einen Uni-Abschluss.
Mein Studium finanziert der Überziehungsrahmen.
„In Neuseeland kommen die Studenten aus allen möglichen Einkommensschichten“, sagt Kate Kemp. Die Studentin aus Auckland hat 15.000 Neuseeländische Dollar (rund 9.000 Euro) für drei Jahre Studium an der University of Otago bezahlt: „Trotzdem ist es nicht so, dass bei uns nur die Kinder aus wohlhabenden Familien studieren.“

Der Staat springt ein
Und das geht so: Im südpazifischen Inselstaat bekommen 90 Prozent der Studierenden entweder Studienbeihilfen, günstige Studentenkredite oder beides. In Österreich sind es laut OECD-Definition nur 19 Prozent, die vom Staat beim Studieren gesponsert werden.

Kate Kemp hat keine Studienbeihilfe bekommen, ihre Eltern verdienten zu viel. Um sich die Studiengebühren leisten zu können, hat ihr der
Staat allerdings einen Kredit von 150 Dollar pro Woche überwiesen. Das reicht im Süden des Landes für Miete, Essen und Strom. Den Rest hat sich die Wirtschaftsstudentin dazuverdient. „Meine Mitbewohnerin bezog Studienbeihilfe. Die war sogar höher als mein Kredit.“ Maximal rund 200 Dollar pro Woche beträgt die Beihilfe, mit Kind bis zu 300 Dollar. Den Betrag kann sich jeder selbst einfach im Internet ausrechnen. In bestimmten Fällen kommen da-zu noch Wohnbeihilfen und Zuschüsse zu Kosten für Kinderbetreuung, Gesundheit oder beim Übergang in die Arbeitswelt.

Ihren Kredit zahlt Kate Kemp automatisch zurück. Nach dem Studium begann sie zu arbeiten, zehn Prozent des Gehalts wurden regelmäßig mit der Steuer abgezogen. Wer in Neuseeland bleibt, zahlt keine Zinsen, sonst sind es 6,4 Prozent. Während die junge Frau an der Universität Wien ihren Master in Global Studies macht, ruht die Rückzahlung.

Der Staat springt ab
Nicht weit von Kemp entfernt sitzt Florian Bohinc an der Wiener Wirtschaftsuniversität. Er bekommt keine Studienbeihilfe und seit zwei Monaten keine Familienbeihilfe mehr. Auch er hat Schulden – aber nicht beim Staat, sondern bei der Bank. 363,63 Euro sind für ihn viel Geld: „Ich bin finanziell immer an der Grenze und schaffe es nur mit Unterstützung meiner Eltern und mit dem Überziehungsrahmen meines Kontos“, seufzt der Volkswirtschaft-Student. Nebenbei arbeitet er geringfügig an der Uni. Aber das Bachelor-Studium sei ein Vollzeit-Programm und mit Nebenjob in der Mindeststudienzeit nicht zu schaffen, meint er. Wer mehr als zwei Semester darüber liegt, muss Studiengebühren zahlen. Wer mehr als 5.128 Euro im Jahr verdient, wiederum nicht.

Wo bleibt das Gesamtkonzept?
Die Regelung ist kompliziert, der VfGH hat sie aufgehoben, manche Unis führen sie wieder ein, um eine Entscheidung zu erzwingen, die Politik ist zerstritten und untätig. Die Umstellung auf den Bachelor erschwert die Bedingungen, die Familienbeihilfe wird plötzlich kürzer ausbezahlt. „Fast jedes Semester ändert sich was. Man kann überhaupt nicht planen. Ich fühle mich ein bisschen um mein Studium betrogen“, sagt Florian Bohinc. „Überall, wo es hohe Studiengebühren gibt, gibt es auch bessere Finanzierungshilfen. Außerdem sind die Studienbedingungen besser.“ Trotzdem ist er gegen Studienbeiträge in Österreich: „Von einem vernünftigen Stipendiensystem ist ja hier nicht einmal die Rede.“

Das Resultat: In Österreich beginnen nur 43 Prozent eines Jahrgangs ein Studium an einer Uni oder Fachhochschule (siehe Grafik). In Neuseeland geht trotz der Studienbeiträge mehr als die Hälfte der Schüler eines Jahrgangs an die Uni. Und in Australien sind es 69 Prozent – trotz noch höherer Studiengebühren.

Fazit: Entscheidet sich die Regierung für Studiengebühren, wird es wohl auch Anreize und Unterstützung nach ozeanischem Vorbild brauchen, um die Studierendenquoten auf ein entsprechendes Niveau zu bringen. Oder die Regierung macht es wie in Norwegen und verzichtet auf Studiengebühren – verdoppelt aber dafür das Uni-Budget.

Welche Unis ab Herbst wieder Gebühren einführen
Uni Wien
Wirtschaftsuniversität Wien
Uni Graz
TU Graz
Mozarteum Salzburg

Welche Unis keine Gebühren einführen wollen
TU Wien
Uni Salzburg
Uni Klagenfurt
Medizin-Uni Innsbruck
Medizin-Uni Graz
Montanuni Leoben
Musik-Uni Wien
Musik-Uni Graz
Kunstuni Linz
Akademie der Bildenden Künste
Universität für angewandte Kunst

Entscheidung noch ausstehend
Uni Innsbruck
Medizin-Uni Wien
Veterinärmedizinische Uni
Uni Linz
Uni für Bodenkultur

Kommentare

VOLL für Studiengebühren.. denn wie kommt der Steuerzahler dazu, die morgige "Elite", bzw. die UNI´s zu erhalten, wenn diese Elite oder ein Großteil davon eh nur auf der Straße herumrennt und oft (in Zeiten wie diesen, wo ALLE sparen müssen!!) überzogene Forderungen herausplärrt, oder wenn diese elitäre Truppe dann die Uni`s besetzt und dort SCHÄDEN und VERUNREINIGUNGEN hinterlässt, welche WIR die ALLGEMEINHEIT ebenfalls aus unserem Steuergeld zahlen "dürfen".. dafür hasb ich KEIN Verständnis. Da aber auch ein großer Teil der "Studierenden" died UNI als "Altensitz" betrachen, sollen die auch dafür zahlen, jedes Altersheim hat seinen Preis und auch Wärmestuben sind nicht gratis !!!

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Studiengebühren Das Studiengebühren eingeführt werden , finde ich ganz normal. Warum soll immer alles gratis sein.Jeder Handwerker muß für seine Aus oder Weiterbildung selbst aufkommen.Die Lehrlingsentschädigung deckt bei weitem nicht die Kosten.Für Studierende aus den unteren Schichten gibt es genug Förderungen.

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Re: Studiengebühren Wissen Sie, wenn ich mit Steuergeld einem Studenten das Studium ermögliche,habe ich wenigstens die Gewissheit,dass bei einigen die Wahrscheinlichkeit sinkt,auf politische Rattenfänger hereinzufallen und die Welt schwarz-weiß zu sehen oder auch nur,dass vielleicht einige von denen zumindest ein erfüllteres Leben haben. Dasselbe gilt für Lehrlinge, denen ich eine Weiterbildung jederzeit finanzieren würde.
Wenn ich damit aber Banken rette oder Meischberger,Grasser und Konsorten sponsere habe ich ein Magengeschwür und Frust. Ist Ihnen eigentlich klar,über welch lächerliche Summen wir hier im Vergleich zur Bankenförderung der letzten Jahre reden? Der Deal mit den Studenten ist für mich also der eindeutig erfreulichere.

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Re: Studiengebühren Und noch etwas: wir zahlen die Universitäten nicht nur wegen der Studenten sondern auch wegen der Forschung.Und darauf können wir so oder so nicht verzichten. Also auch wenn alle Studenten den plötzlichen Verschwindibus machen würden, müssten wir die Unis aufgrund der Forschung trotzdem halten. Man kann also die Kosten sicher nicht an den Studierenden festmachen.

RobOtter
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Dazu gibt es massenhaft Studien.... diese sagen dass junge Menschen aus bildungsfernen und wirtschaftlich schlechter gestellten Familien auch weniger studieren. Da sind Studiengebühren nicht das sinnvollste Mittel!

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Re: Dazu gibt es massenhaft Studien.... Hi RobOtter: aber ich kenne einige - nicht gerade finanziell auf Rosen gebettete, und aus ganz normalen Familien kommende - Studenten, sie werden sich wundern, gerade DIESE Gruppe bemüht sich, das Studium in der angemessenen Zeit hinter sich zu bringen. Und die Bummler sollen eben zahlen

RobOtter
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@ myhomebound Ich orte eine gewisse Pauschalierung in deinem Kommentar. Es gibt Bummelstudenten aus "reichem" Elternhaus die das Leben finanziert bekommen und keinem Leistungszwang spüren und solche die nebenbei Arbeiten gehen müssen um sich das Leben zu finanzieren. Fix ist: Studiengebühren gehen zu Lasten der einkommensschwächeren Gesellschaft. Lese einfach die Studien....

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