Stephansdom-Terror-Verdächtige offenbar vor Abschiebung

von Stephansdom-Terror-Verdächtige offenbar vor Abschiebung © Bild: APA/APA/MAX SLOVENCIK/MAX SLOVENCIK

Polizeipräsenz vor dem Wiener Stephansdom im Dezember 2023

Die im Zusammenhang mit angeblichen Anschlagsplänen gegen den Stephansdom und den Kölner Dom mangels dringenden Tatverdachts aus der U-Haft entlassenen vier Terror-Verdächtigen stehen offenbar kurz vor der Abschiebung. Das Quartett - zwei Tadschiken, ein Mann aus Dagestan und eine mit dem jüngeren Tadschiken verheiratete Türkin - war nach dem Ende der U-Haft in Absprache mit dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) in ein Polizeianhaltezentrum (PAZ) überstellt worden.

Das Ehepaar hat mittlerweile einen Bescheid ohne aufschiebende Wirkung erhalten, mit welchem dem 28 Jahre alten Mann und seiner 27 Jahre alten Ehefrau die Aufenthaltsberechtigung entzogen, die Abschiebung für zulässig erklärt und ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen wird. Begründet wird das mit "erheblichem Gefährdungspotenzial". "Bei Ihnen und Ihrer Frau handelt es sich um Mitglieder der terroristischen Vereinigung 'Islamischer Staat Provinz Khorasan' (ISPK)", heißt es im den Mann betreffenden, 43 Seiten umfassenden Bescheid, der der APA vorliegt. Und weiter: "Anstatt die Zeit im Bundesgebiet zur Integration zu nutzen, haben Sie einen Terroranschlag geplant." Der Mann wird als "höchst radikale Person" bezeichnet, die "weder den Rechtsstaat noch die Gesetze akzeptiert". Er stelle "eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit" dar.

Der Wiener Rechtsanwalt Andreas Schweitzer, der das Paar vertritt, reagierte auf diese Feststellungen empört. "Die Unschuldsvermutung endet wohl vor den Toren des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl. Dort ist dieses Vokabular ein Fremdwort. Es wird gleich abgeschoben", meinte Schweitzer gegenüber der APA unter Verweis auf den Umstand, dass gegen die beiden zwar wegen terroristischer Vereinigung ermittelt werde, die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen aber nicht abgeschlossen sind und keine Anklage vorliege. "Ich werde jedenfalls Beschwerde erheben", kündigte Schweitzer an. Dafür steht eine Frist von vier Wochen zur Verfügung. Einer Beschwerde ans Bundesverwaltungsgericht kommt aber keine aufschiebende Wirkung zu, der Bescheid kann somit ab Zustellung vollzogen werden.

Die beiden anderen am Donnerstag aus der U-Haft entlassenen Beschuldigten - ein in Deutschland gemeldeter 30 Jahre alter Tadschike und ein 40-Jähriger aus Dagestan - befinden sich mittlerweile in Schubhaft. Bei ihnen wird die Rückkehrentscheidung vorbereitet, hieß es am Freitagnachmittag aus gut informierten Kreisen.

Gegen die vier Terror-Verdächtigen und drei weitere Beschuldigte wird von der Staatsanwaltschaft wegen terroristischer Vereinigung (§278b StGB) in Verbindung mit terroristischen Straftaten (§278c StGB) ermittelt. Es besteht der Verdacht, diese könnten eine Terror-Zelle der radikalislamistischen Gruppierung "Islamischer Staat Provinz Khorasan" (ISPK) gebildet haben. Allerdings waren zuletzt Grabungsarbeiten nach einem möglichen ISPK-Waffenlager in einem Waldstück bei Sieghartskirchen (Bezirk Tulln) und in einer Schlucht in Hinterbrühl (Bezirk Mödling) erfolglos verlaufen. Es konnten nur Blechteile und Draht, aber kein die Verdachtslage stützendes Beweismaterial gefunden werden.

Der 30-jährige Tadschike gilt als Hauptverdächtiger. Er war auf Basis eines Europäischen Haftbefehls am 24. Dezember 2023 im deutschen Wesel am Niederrhein festgenommen worden und wurde in weiterer Folge an die Wiener Justiz ausgeliefert. Sollte über ihn die Schubhaft verhängt werden, würde er vermutlich nach Deutschland abgeschoben werden. Gesichert ist, dass er im Jahr 2018 in seiner Heimat wegen terroristischer Aktivitäten zu einer vierjährigen Freiheitsstrafe verurteilt wurde. In Wien wurde er Ende des Vorjahrs dabei observiert, wie er den Stephansdom in einer für Touristen untypischen Weise filmte, auf Überwachungskameras überprüfte und das Gemäuer abklopfte. Er soll obendrein Fotos und Videoaufnahmen vom Prater - womöglich ein weiteres potenzielles Anschlagsziel der ISPK-Zelle - angefertigt haben. Er dürfte aber nicht nur terroristische Absichten verfolgt haben: mittlerweile konnte auch erhoben werden, dass der Mann im Oktober und November 2023 mit einer Kontaktperson mindestens fünf Telefonate führte, in denen von einem Raubüberfall, einer erpresserischen Entführung und einem Mord gegen Entgelt die Rede war.