SOS-Kinderdorf-GF will Bund-Länder-Schulterschluss

von SOS-Kinderdorf-GF will Bund-Länder-Schulterschluss © Bild: APA/APA/EXPA/ERICH SPIESS/EXPA/ERICH SPIESS

Moser fordert die Politik zum Handeln auf

Der Geschäftsführer von SOS-Kinderdorf, Christian Moser, fordert einen "Polit-Schulterschluss" zwischen Bund und Ländern, um die Lebenssituation von jungen Menschen in schwierigen Situationen zu verbessern. Es brauche dringend zusätzliche Investitionen der öffentlichen Hand in Bereichen wie psychische Gesundheit sowie im Bildungsbereich, betonte Moser im APA-Gespräch. Zudem seien für geflüchtete Kinder und Jugendliche "bessere Rahmenbedingungen" nötig.

Wichtig seien vor allem Initiativen, die sich beispielsweise der Schulsozialarbeit widmete, führte Moser aus. "In diesem Bereich gibt es zwar bereits etwas vom Sozialministerium, aber das ist wie ein Tropfen auf den heißen Stein", strich der Geschäftsführer heraus. Entscheidend sei es in dieser Hinsicht, dass "groß angelegter" und nachhaltiger agiert werde, meinte er. Auch in den Bereichen Medienbildung und Sozialpädagogik gelte es anzusetzen: "Strukturmaßnahmen und Sonderbudget sind hier dringend notwendig." Auszubauen wäre auch der Bereich der ambulanten Betreuung: "Wir haben drei bis viermal so viele Familien, zu denen wir hinfahren und betreuen, als die, die wir vor Ort bei uns stationär haben."

Noch eine weitere "Baustelle" machte Moser aus, bei der Bund- und Länder ebenfalls "mitarbeiten" sollten: "Bei der Schulpsychologie gibt es einfach viel zu wenig Unterstützung." Ein wenig wirke es so, als ob man "Löcher zuschütte, während weiter drüber schon fünf weitere aufgehen". Man müsse deshalb noch deutlich mehr tun: "Österreich ist ein reiches Land und es ist kein Luxus, wenn wir uns bestmöglich um Kinder und Jugendliche kümmern." Agieren müsse man vor allem unter einem Vorzeichen: "Prävention ist aus unserer Sicht das um und auf." Das heiße beispielsweise auch, dass man bei jungen Menschen den Blick auf eine Vor- und Nachversorgung im psychischen und psychologischen Umfeld lenken müsse.

Nicht verschließen dürfe man seine Augen auch vor gegenwärtigen Krisen und Kriegen, wie etwa in der Ukraine. "Derzeit sind über 80 Kinder und Jugendliche aus der Ukraine bei uns in Tirol im Kinderdorf in Innsbruck-Egerdach und in Imst." Für diese stelle sich jetzt die Frage, ob sie in Österreich bleiben dürfen. "Wir sind zwar in guten Gesprächen mit der Politik, aber es sollte doch rascher gehen", sagte Moser. Für das SOS-Kinderdorf gehe es vorerst aber um die bestmögliche Betreuung dieser jungen Menschen, die man - auch auf rechtlicher Ebene - wie österreichische Kinder behandeln müsse.

Das treffe aber nicht nur für Kinder und Jugendliche aus der Ukraine zu, schob Moser nach: "Zum Teil werden diese Kinder als halbe Kinder behandelt." Sie müssten stattdessen vollen Zugang in die Kinder- und Jugendhilfe haben: "Es reicht nicht, diese in Grundversorgung zu bringen." Man sie diese "als Kinder ansehen" und so agieren, wie es "in den Kinderrechten verankert ist".

Damit komme man auch zur Grundidee von SOS-Kinderdorf Gründer Hermann Gmeiner. "Zu Beginn war es die Idee, in der Nachkriegszeit Kindern in Not zu helfen", so Moser. So verändere sich über die Jahrzehnte zwar die Art und die Form der Hilfe, doch der Anspruch, Kindern in Not unbedingte Hilfe anzubieten, sei unumstößlich. Das gelte in Österreich und weltweit, erklärte der SOS-Kinderdorf-Geschäftsführer.

Heute, Donnerstag, vor 75 Jahren wurde SOS Kinderdorf von einer Gruppe um Hermann Gmeiner in Innsbruck gegründet. Zunächst in Form des Vereins "Societas Socialis", der später in den Verein SOS-Kinderdorf umgewandelt wurde. Das erste SOS-Kinderdorf baute man noch im Gründungsjahr in der Tiroler Gemeinde Imst. In den darauffolgenden Jahrzehnten entwickelte man sich zu einer weltweit aktiven Kinderrechtsorganisation. SOS-Kinderdorf ist in Bereichen wie Prävention oder Familienberatung tätig und bietet außerdem Wohngruppen und Krisenplätze an. Zudem engagiert sich die Organisation für Bildungsprojekte oder in der Nothilfe. Seit 1949 haben in Österreich rund 14.500 Kinder und Jugendliche ein neues Zuhause in den SOS-Kinderdörfern gefunden. Gegenwärtig ist SOS-Kinderdorf in Form von unabhängigen Vereinen in 138 Ländern aktiv. Einer der prägendsten Protagonisten war der langjährige Präsident Helmut Kutin, der diese Woche im Alter von 82 Jahren verstarb.