Der 'schwarze' Trump

Larry Elder schockt das politische Establishment in Kalifornien

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Schlaglichter - Der 'schwarze' Trump

Der 69-jährige Rechtsanwalt Larry Elder provoziert in seiner Radioshow mit einfachen Botschaften: Frauen würden weniger von Politik verstehen als Männer, die Klimakatastrophe sei eine Lüge, Maskenvorschriften eine sinnlose und tyrannische Entscheidung der Regierung, Waffenkontrolle widerspreche den gesetzlichen Grundlagen der USA und würde nicht mehr Sicherheit bringen, er lehnt eine Erhöhung der Mindestlöhne ab, das sogenannte "Gender-Problem" existiere nicht, und er kritisiert die Afroamerikaner, sie würden zu viel jammern, nichts gegen ihr kümmerliches Dasein als ärmste Gruppe in der amerikanischen Gesellschaft und gegen die Kriminalität untereinander unternehmen.

Die "vaterlose Gesellschaft", alleinstehende Mütter, meist mit schlecht bezahlten Jobs, die sich ohne finanzielle Unterstützung der Väter um die Kinder kümmern, sei der Hauptgrund für Kriminalität, mangelnde Schulbildung und hohe Arbeitslosigkeit unter den Afroamerikanern. In seinem Buch "Stupid Black Men. How to Play the Race Card -and Lose" kritisiert er politische Vertreter unter Afroamerikanern und die "Black Lives Matter"-Bewegung, die seiner Meinung nach ohne politisches Programm einzig und alleine mit dem Rassenargument polemisieren würden. Er habe genug von der Opferrolle. Es sei an der Zeit, dass Afroamerikaner eine aktivere Rolle in der amerikanischen Gesellschaft übernehmen, sich nicht immer nur hinter der Fassade der benachteiligten Minderheit verstecken und ein neues Selbstbewusstsein zeigen.

Inhaltlich würde diese Auflistung nicht überraschen, genügend Republikaner teilen diese Ansichten, wenn da nicht zwei Probleme bei seinen Gegnern eine zurückhaltende Reaktion auslösten: Erstens ist Larry Elder selbst Schwarzer und zweitens sammelte er genügend Unterstützung in den letzten Wochen und Monaten, um möglicherweise der nächste Gouverneur von Kalifornien zu werden.

Attackiert Ex-Präsident Obama

Larry Elder schloss das Jusstudium an der University of Michigan ab, arbeitete zehn Jahre als Rechtsanwalt, bevor er bei einem lokalen Sender in Los Angeles mit seiner Radioshow begann. Seine aggressiv konservative Haltung führte zu Protesten -er wurde als "Poster-Boy der Weißen" verhöhnt -und einem organisierten Boykott seiner Sendung. Gleichzeitig wuchs seine Anhängerschaft, nationale Stationen übernahmen seine Sendung, er diskutierte in Talkshows und TV-Stationen luden ihn zu Interviews ein. Elder machte Ex-Präsident Obama für den Tod von George Floyd und andere Opfer unter der schwarzen Bevölkerung verantwortlich. Die ständige Kritik an der Polizei hätte dazu geführt, dass niemand mehr Respekt vor ihr hätte und Verbrecher sich als "Opfer einer rassistischen Polizei" sehen würden.

Der derzeitige Gouverneur von Kalifornien, Gavin Newsom ist das Aushängeschild der liberalen Demokraten. Als ehemaliger Bürgermeister von San Francisco hob er bereits 2004 das Verbot von Hochzeiten homosexueller Paare auf. Tausende Paare zogen nach San Francisco, um zu heiraten, allerdings erklärte das Gericht von Kalifornien damals die Ehen für ungültig. Ein paar Jahre später wurde das Gesetz gegen Homoehen für verfassungswidrig erklärt. 2018 gewann er die Wahlen zum Gouverneur von Kalifornien. Er erklärte bei seinem Antritt, in Kalifornien die Todesstrafe auszusetzen, entschuldigte sich im Namen von Kalifornien für den Völkermord an den kalifornischen Native Americans, er tritt für eine allgemeine Krankenversicherung ein, für die Verschärfung des Waffengesetzes, eine großzügige Regelung des Bleiberechts für illegale Einwanderer und befürwortet die Fristenlösung.

Die beiden Kontrahenten Newsom und Elder widersprechen einander in fast allen wichtigen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens. Ihre politischen Aussagen sind weiter voneinander entfernt als jene von Trump und Biden. Kalifornien gilt unter den Bundesstaaten als besonders liberal. Dennoch ist es möglich, dass der rechtskonservative Larry Elder der nächste Gouverneur von Kalifornien wird, ohne dass die beiden Kontrahenten in einer Wahl gegeneinander antreten.

Für 4.200 US-Dollar kann jeder seinen Namen auf eine Liste setzen, die erst dann eine Bedeutung bekommt, wenn mehr als 50 Prozent der Wähler in einer sogenannten "Emergency Recall"-Wahl den aktiven Gouverneur abwählen.

"Trump-Clinton"-Wahlkampf

Newsoms politischer Kampf konzentriert sich weniger auf andere Kandidaten, sondern gegen ein absurdes Wahlsystem, das ihn aus seiner Position verdrängen könnte. Bekommt Newsom bei der nächsten Abstimmung ("Recall") - am 14. September 2021 - weniger als 50 Prozent, gewinnt jener Kandidat die Wahl, der die meisten Stimmen auf dem sogenannten "recall ballot", also auf der Liste der Kontrahenten, die gegen den amtierenden Gouverneur angetreten sind, hat. Verliert zum Beispiel Newson die "Recall-Wahl" mit 50,1 Prozent und ein Kandidat auf der Gegenliste erreicht 18 Prozent, der zweite 14 Prozent und der dritte zehn Prozent, so wird der Kandidat mit 18 Prozent der nächste Gouverneur, auch wenn der amtierende Gouverneur 49,9 Prozent der Stimmen erreicht hatte.

Larry Elder liegt derzeit mit 18 Prozent an erster Stelle auf der Liste der Gegenkandidaten. Die Abstimmung über den amtierenden Regierungschef könnte den Rechtsaußen in den Gouverneursstuhl setzen, ohne dass er mit seinen Stimmen auch nur in die Nähe einer Mehrheit kommt. Die letzten Umfragen zeigen ein knappes Ergebnis. Derzeit befürworten 47 Prozent der Wähler eine Ablöse von Newson, 50 Prozent wollen, dass er bleibt. Verliert Newson diese Abstimmung, so scheitert einer der beliebtesten Politiker Kaliforniens, der einst die Wahl mit einer großen Mehrheit gewann. Politische Beobachter und Kommentatoren vergleichen den Kampf um den Gouverneursposten mit dem Wahlkampf zwischen Trump und Clinton. Ein völlig unterschätzter Showmaster einer Radiosendung gefährdet einen erfolgreichen und respektierten Vertreter des politischen Establishments. Während sich die wichtigsten Medien über die diskriminierenden und politisch "inkorrekten" Kommentare Larry Elders nicht beruhigen können und praktisch täglich davor warnen, dass seine Wahl einen Rückschritt in der demokratischen Entwicklung Kaliforniens bedeute, gewinnt er mit kaum medialer Unterstützung immer mehr Anhänger.

"Komische Zeiten" in Kalifornien

Das "Trump-Prinzip" wiederholt sich. Je aggressiver ein Politiker angegriffen wird, desto weniger vertrauen Wähler dem Establishment und wenden sich neuen Politikern zu, die nicht aus dem traditionellen "System" kommen. Jahrzehntelang dominierten Demokraten in Kalifornien, doch hat das weder zu einer geringeren Arbeitslosigkeit noch zu einer Verbesserung der Lebensbedingungen für die Mehrheit geführt. Aus Enttäuschung über diese Form der politischen Stabilität suchen Wähler und Wählerinnen nach Alternativen. Es geht weniger um neue politische Programme, eher um eine Abrechnung mit den bestehenden Strukturen.

Das Parlament von Kalifornien wird von einer Mehrheit der Demokraten dominiert, die Entscheidungen des Gouverneurs verzögern und blockieren könnten. Doch nach den Einschränkungen der Coronakrise, den Waldbränden und einer ökonomischen Krise ist ein Gouverneur Elder für viele vorstellbar, obwohl er keine Regierungserfahrung hat und ohne ein neues Programm antritt.

Bisher war die sogenannte "Recall-Methode", das Abwählen eines amtierenden Gouverneurs, erst einmal erfolgreich, trotz 55 Versuchen. 2003 gelang es Arnold Schwarzenegger, den Gouverneur Davis aus dem Amt zu drängen, der mit einer Mehrheit von 55 Prozent abgewählt wurde. Schwarzenegger wurde als Konservativer gewählt und verteidigte damals die Todesstrafe. Als er 2005 ein Gnadengesuch eines zum Tod verurteilten ablehnte, forderten Politiker in Österreich, ihm die österreichische Staatsbürgerschaft abzuerkennen. Trotz seiner Mitgliedschaft in der Partei der Republikaner lehnt er allerdings Larry Elder ab. Sein Kommentar zu den politischen Ereignissen heute: "Wir leben in komischen Zeiten, sogar in Kalifornien."

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