Schallenberg derzeit gegen Anerkennung von Staat Palästina

von Schallenberg derzeit gegen Anerkennung von Staat Palästina © Bild: APA/APA/AUSSENMINISTERIUM/MICHAEL GRUBER

Schallenberg will Aufforderung Shtayyehs nicht nachkommen

Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) sieht noch nicht den richtigen Zeitpunkt für eine Anerkennung des Staates Palästina durch Österreich gekommen. "Es gibt beim Frieden keine Zwangsheirat", sagte Schallenberg am Mittwoch der APA nach einem Treffen mit dem palästinensischen Premier Mohammed Shtayyeh in Ramallah. Dieser habe sich für eine von der internationalen Gemeinschaft erzwungene Friedenslösung mit einer Anerkennung Palästinas als ersten Schritt ausgesprochen.

Angesprochen darauf, ob sich Österreich bei der Anerkennungsfrage auch gegen Israel stellen könnte, sagte Schallenberg, dass ein solcher Schritt "Teil eines Prozesses sein" müsse und auch nicht von Österreich allein gesetzt werden könne. "Das ist ein Schuss, den man nur einmal setzen kann", so Schallenberg. "Erstens muss es einen Unterschied machen, zweitens muss es zum Schluss des Prozesses kommen." Ansonsten sei die Anerkennung nur etwas, "das vielleicht kurz Aufmerksamkeit erzeugt, aber nichts ändert in der Sache selbst".

Die Palästinenser seien im Gegensatz zu Israel für eine "aufoktroyierte Lösung" des Konflikts, berichtete Schallenberg aus seinem Gespräch mit Shtayyeh. "Sie wollen eigentlich keinen politischen Prozess. Sie sagen: Das geht sich nicht aus, das schaffen wir nicht aus eigener Kraft", sagte der Außenminister mit Blick auf die wiederholt erfolglosen Anläufe für eine Friedenslösung in den vergangenen drei Jahrzehnten. Schallenberg steht diesbezüglich der israelischen Position näher. "Man kann Frieden nicht aufoktroyieren", betonte er.

Schallenberg reiste von Ramallah nach Amman weiter, wo er am Abend vom jordanischen Außenminister Ayman Safadi empfangen wurde. Bei der gemeinsamen Pressekonferenz betonten Schallenberg die "große Schnittmenge" in den Positionen Österreichs und Jordaniens, was die Lösung des Nahost-Konflikts betrifft. So seien beide Länder für eine Zwei-Staaten-Lösung. "Ich sehe keine intelligente Alternative. Weder die Israelis noch die Palästinenser werden sich in Luft auflösen", erklärte Schallenberg.

"Israel kann keine Sicherheit haben, solange nicht auch die Palästinenser Sicherheit haben", betonte Safadi. Der Versuch, die palästinensische Frage durch eine Normalisierung mit arabischen Staaten zu umgehen, habe sich als "blutiger Fehler" erwiesen, sagte der jordanische Außenminister, der bei der Pressekonferenz mehrfach scharfe Kritik an dem Nachbarland übte und ein sofortiges Ende der "Aggression" im Gazastreifen forderte. Israel stellte er international als völlig isoliert da. Die ganze Welt sei für einen Palästinenserstaat und gegen den Siedlungsbau, nur Israel akzeptiere das nicht. "Was tun wir, wenn Israel weiterhin Nein sagt?", frage Safadi rhetorisch und rief die Welt zu nicht näher ausgeführten "Konsequenzen" auf.

Schallenberg vermied im Pressegespräch deutliche Kritik an Israel, bekräftigte aber seine Forderung nach "humanitären Pausen", damit Hilfe in den Gazastreifen kommen könne und die Geiseln heraus. Mit Blick auf die aktuellen Verhandlungen sprach er von einem "Silberstreif am Horizont". In Richtung von israelischen Regierungsmitgliedern, die dies infrage stellen, bekräftigte er: "Gaza muss palästinensisch bleiben. Wir lehnen jede Diskussion über Zwangsumsiedlungen und Vertreibungen ab." Österreich habe auch eine "klare Haltung" zur Siedlergewalt und fordere EU-Sanktionen "gegen radikale Siedler, die Gewaltakte gegen Palästinenser im Westjordanland verüben".

Differenzen zeigten sich zwischen den beiden Ministern, was die Rolle des UNO-Palästinenserhilfswerks UNRWA betrifft. Schallenberg verteidigte auf eine Journalistenfrage die Entscheidung Österreichs, die Zahlungen für die von Hamas-Terroristen unterwanderte UNRWA einzustellen. Dagegen sagte Safadi, dass die Organisation "makellos" und "unerlässlich" bei der Unterstützung von Millionen Palästinensern, auch in Jordanien sei. "Niemand kann den Job machen, den UNRWA macht." Wer der Organisation Geld vorenthalte, torpediere die Hilfe für Kinder und Frauen im Gazastreifen.

Schallenberg hatte seine viertägige Nahost-Visite am Dienstag in Israel begonnen. In Tel Aviv traf er seinen Amtskollegen Israel Katz sowie den Vater der von der Terrororganisation Hamas verschleppten israelisch-österreichischen Geisel Tal Shoham, Gilad Korngold. In Jerusalem traf der Außenminister am Mittwochvormittag noch den israelischen Sicherheitsberater Tzachi Hanegbi. Wie Schallenberg auf Twitter mitteilte, ging es in dem Gespräch insbesondere um humanitäre Pausen, die Hilfslieferungen für den Gaza-Streifen sowie Geisel-Befreiungen ermöglichen sollen. "Es ist auch wesentlich, einen glaubwürdigen Plan für den Schutz der Zivilisten in Rafah zu haben", bekräftigte Schallenberg.

In Amman berichtete Schallenberg auch vom neuen Gaza-Hilfspaket im Umfang von zehn Millionen Euro, womit die Zahlungen für die notleidende Bevölkerung im Küstenstreifen seit dem 7. Oktober bereits 23 Millionen Euro erreichen. Der Außenminister dankte Jordanien auch dafür, dass es mit Flügen Hilfsgüter in den Gazastreifen bringe. Jordanien spielt im Nahost-Konflikt eine besondere Rolle, einerseits als Hüterin der Heiligen Stätten in Jerusalem, aber auch als Zufluchtsort für zahlreiche palästinensische Flüchtlinge. Im Zuge des Oslo-Abkommens zwischen Israel und den Palästinensern hatte Jordanien Frieden mit seinem westlichen Nachbarland geschlossen. Experten befürchten, dass der Iran eine Destabilisierung Jordaniens anstreben könnte, um eine Landverbindung über den Irak zum Westjordanland zu schaffen und dort eine Situation ähnlich jener im Gazastreifen hervorzurufen.