Russland will aus Gasverträgen mit Ukraine aussteigen

Gazprom-Chef Miller will Liefer- und Transitvertrag mit Naftogaz Ukrajina aufkündigen

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In Ermangelung russischer Lieferungen werden die Ukrainer bis Ende März zusätzliche Gasmengen in Polen einkaufen.

Der Vorstandschef des russischen Staatskonzerns Gazprom, Aleskej Miller, warf dem internationalen Schiedsgericht in der schwedischen Hauptstadt vor, die Ukraine bei seinen Urteilen bevorzugt zu haben.

Das offizielle Kiew interpretierte Millers Ankündigung als Vorhaben, vertragliche Verpflichtungen nicht einzuhalten. "In den Verträgen zwischen Naftogaz und Gazprom ist ihre einseitige Auflösung nicht vorgesehen", kommentierte der ukrainische Präsident Petro Poroschenko am Freitagnachmittag auf Twitter.

Ein Schiedsgericht in Stockholm hatte zuvor verschiedene Ansprüche gegeneinander aufgerechnet. Unterm Strich blieben gut 2 Mrd. Euro, die Gazprom an Naftogaz, ebenfalls ein Staatsunternehmen, zahlen muss. Russland habe weniger Gas durchgeleitet als vereinbart. Der Ukraine trug das Gericht auf, 2018 mindestens fünf Milliarden Kubikmeter russisches Erdgas zu kaufen.

Gazprom weigerte sich außerdem, Naftogaz kurzfristig wieder Gas zu verkaufen, und überwies eine Vorauszahlung aus Kiew für März zurück. Es fehlten die nötigen Zusatzverträge, argumentierte der Konzern. Die Ukraine ist derzeit noch das wichtigste Transitland für russisches Gas Richtung EU. Das Land hatte aber auch für März erstmals seit zwei Jahren wieder Gas aus Russland zum Eigenverbrauch kaufen wollen.

Ob und welche Auswirkungen die angekündigte Vertragsauflösung für westliche Kunden und Partner von Gazprom, darunter die OMV, haben wird, wollte man am Freitagnachmittag bei Gazprom gegenüber der APA nicht beantworten.

Die OMV selbst war von der Erklärung ihres russischen Partners Gazprom offenbar überrascht worden. Es sei schwer auf Grund der bisherigen Meldungslage einzuschätzen, was Gazprom konkret beabsichtige, hieß es auf APA-Nachfrage. Jedenfalls seien die russischen Gaslieferungen zum Knoten Baumgarten von der Ankündigung nicht betroffen. Man gehe davon aus, dass Gazprom wie schon in den vergangenen 50 Jahren seinen Liefervertrag verlässlich erfüllen werde, erklärte ein OMV-Sprecher.

"Wenn nicht schnell ein Kompromiss gefunden wird, wird das für die Europäer negative Konsequenzen haben", meinte indes der russische Energieexperte Michail Krutichin vom Moskauer Consultingunternehmen RusEnergy am Freitagnachmittag gegenüber der APA.

Kiew wich am Freitag auf Lieferungen aus Polen aus - die Rede war dabei von eher bescheidenen 60 Millionen Kubikmetern, die bis Ende März vom polnischen Konzern PGNiG zusätzlich angekauft werden sollen. "Dank unserer polnischen Partner ist ein erneuter Versuch Moskaus fehlgeschlagen, Gas als politische Waffe gegen die Ukraine zu nutzen", sagte Naftogaz-Chef Andrej Kobolew. Bei der gegenwärtigen Kälte verbraucht die Ukraine viel Gas. Deshalb wurden Kindergärten, Schulen und Hochschulen bis kommenden Mittwoch geschlossen.

Die EU-Kommission bot am Freitag an zu vermitteln, wenn beide Seiten dies wollten. Vizepräsident Maros Sefcovic werde mit beiden Seiten Kontakt aufnehmen, sagte eine Sprecherin. Der Gasfluss in die EU werde beobachtet, sei aber normal und stabil. Die Naftogaz-Tochter Ukrtransgaz berichtete indes von einem Druckabfall bei dem von Russland gelieferten Transitgas.

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