"Keine gmahte Wiesn"

NEWS exklusiv: Jetzt spricht erstmals der neue ÖIAG-Boss Rudolf Kemler

von Der neue ÖIAG-Chef Rudolf Kemler © Bild: NEWS/ Ricardo Herrgott

NEWS: Der Job des ÖIAG-Chef ist einer der bestdotierten Managerposten in Österreich. War das Gehalt bei Ihrer Bewerbung ein Thema?

Rudolf Kemler: Um Frederick Herzberg zu zitieren: Geld ist in dieser Position ein Hygienefaktor. Aber im Ernst: Natürlich geht es bei diesem Job nicht um das Geld, sondern darum, etwas für Österreich zu bewegen.

NEWS: Hewlett-Packard hat Ihnen ja eine internationale Karriere angeboten. Warum haben Sie sich für die ÖIAG entschieden?

Kemler: Eine internationale Karriere habe ich schon in den letzten 30 Jahren in zum Teil sehr großen Konzernen wie Siemens, Deutsche Telekom oder auch HP wahrgenommen. Jetzt ist es an der Zeit, meiner Heimat etwas zurückzugeben. Ich weiß, das klingt etwas pathetisch, aber es freut mich, dass ich mit 56 Jahren diese Verantwortung wahrnehmen kann. Österreich steht vor entscheidenden politischen und wirtschaftlichen Herausforderungen, und es reizt mich, diese mitgestalten zu können.

»Habe auf Sachthemen gesetzt«

NEWS: Mit Ihnen ist die Wahl auf einen Kandidaten ohne Parteibuch gefallen.

Kemler: Ich habe von Anfang an auf Sachthemen gesetzt. Und je länger der Bewerbungsprozess fortschritt, desto klarer wurde mir, dass ich die richtige Strategie eingeschlagen habe. Natürlich hat es mich gefreut, das gerade meine sachlichen Argumente den Aufsichtsrat überzeugen konnten.

NEWS: Die ÖIAG ist kein einfacher Job. Fühlen Sie sich dieser Position gewachsen?

Kemler: Ich fürchte mich nicht vor Herausforderungen. Ich habe bei internationalen Konzernen wie Siemens, Deutsche Telekom, General Electric oder HP gearbeitet, und auch dort waren die Anforderungen an einen Manager sehr hoch. Neu ist die große Außenwirkung, die meine Handlungen in Zukunft haben werden. Aber ich war Zeit meines Lebens Optimist. Ich gehe davon aus, dass sich auch diese Hürden meistern lassen.

NEWS: Der Chef der Staatsholding hat natürlich auch eine sehr politische Funktion. Wie werden Sie damit umgehen?

Kemler: Ich sehe mich nicht als Politiker, jedoch als politisch denkenden Mann der Wirtschaft. Als ÖIAG-Manager muss man eben auch wirtschaftspolitische Überzeugungsarbeit leisten.

NEWS: Wie werden Sie mit politischen Interventionen in Zukunft umgehen?

Kemler: Die ÖIAG ist unabhängig und muss frei von politischen Interventionen sein. Das steht im Gesetz, das will der Aufsichtsrat, das will ich. Gleichzeitig will ich die Politik aber ermuntern, sich mit guten Ideen und Vorschlägen einzubringen.

»OMV ist sehr gut positioniert«

NEWS: Sie werden in Zukunft mit gestandenen Managern wie dem OMV-Chef Roiss, dem Telekom- Boss Ametsreiter und dem Post-Chef Pölzl viel zu tun haben. Das wird sicher nicht ganz einfach, mit so vielen Alphatieren an einem Tisch.

Kemler: Ich kenne alle drei Herren, und ich schätze sie. Alle österreichischen Topmanager sind gut miteinander vernetzt. Wir haben uns auch schon in der Vergangenheit zu den unterschiedlichsten Themen ausgetauscht.

NEWS: Wenn Sie die drei ÖIAG-Unternehmen Telekom Austria, OMV und Post ansehen, wo sehen Sie hier noch Potenziale?

Kemler: In der wirtschaftlichen Situation, in der sich Österreich und Europa derzeit befindet, gilt es, die Wertschöpfung im Land zu sichern. Die OMV ist derzeit sehr gut positioniert, muss zukünftig aber im internationalen Umfeld große Herausforderungen meistern. Ähnliches gilt für die Telekom Austria. Und die Österreichische Post muss ihre erfolgreiche Restrukturierungsstory fortsetzen. Grundsätzlich ist der weitere Ausbau von Infrastruktur von großer Bedeutung, nur so können wir im internationalen Wettbewerb bestehen.

»ÖIAG kein Investmentclub«

NEWS: Machen für Sie Staatsbeteiligungen an Privatunternehmen Sinn?

Kemler: Ja. Besonders dann, wenn diese Beteiligungen standort- und wirtschaftspolitisch wichtig sind. Selbstverständlich soll die ÖIAG aber zu keinem Investmentclub verkommen. Unternehmen wie OMV, Post und Telekom haben ganz elementare Funktionen in unserem Land.

NEWS: Die Griechen haben auch große Staatsbeteiligungen, und hier wird das immer wieder kritisiert. Sehen Sie hier keine Parallelen?

Kemler: Griechenland und Österreich kann man nicht vergleichen. Die Wurzeln der griechischen Probleme liegen nicht in den Staatsbeteiligungen.

NEWS: Die Eurokrise dominiert auch Österreich. Wäre Österreich ohne Europa besser dran?

Kemler: Nein. Meine persönliche Meinung ist, dass wir Europa brauchen, sonst geraten wir in die Abhängigkeit anderer internationaler Wirtschaftsmächte. Wir könnten vielleicht einige Zeit als kleines gallisches Dorf überleben, aber sicher nicht auf Dauer. Deshalb ist Europa für Österreich eine Chance. Die vergangenen Jahre vor der Krise hat gerade Österreich von Europa enorm profitiert, und diese Zeiten werden auch wieder kommen.

NEWS: Sehen Sie schon Licht am Ende des Tunnels?

Kemler: Das lässt sich derzeit sehr schwer einschätzen. Wir befinden uns gerade in einer Modellierungsphase, aber ich denke, wir sind auf dem richtigen Weg.

Das ganze Interview lesen Sie in der aktuellen Printausgabe von NEWS (37/12)

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