Rockband Baits legt nach: "Wir fordern schon einiges"

von Rockband Baits legt nach: "Wir fordern schon einiges" © Bild: APA/APA/Noise Appeal/Florian Lehner

Für die Band ist klar: "Wer bei Baits spielt, muss abliefern!"

Die Wiener Rockband Baits weiß, wie man sich durchbeißt. Die Gruppe um Frontfrau Sonja Maier hat ihr Debüt "Never Enough" 2021 veröffentlicht, mitten im Coronawahnsinn. Trotzdem sei man "eigentlich zufrieden, wie es sich entwickelt hat. Was absurd ist angesichts dieser schwierigen Zeit", resümiert Maier. Nun gibt es jedenfalls Nachschub: Das Album "All Filler, No Killer" wird seinem Namen nicht gerecht, ist es doch prall gefüllt mit packenden Songs.

Ein Grund dafür ist, dass die Band gelernt hat Nein zu sagen, wie es Maier im APA-Interview ausdrückt. "Und zwar gerade songwritingtechnisch. Hört man sich das Album an, ist es relativ kompakt und knackig. Das hat sich im Vergleich zum Debüt verschoben, was sicher auch mit Fazos Rolle als Produzent zu tun hat." Fazo heißt eigentlich Gregor Halsmayer und sitzt üblicherweise hinter dem Drumset, das er ziemlich intensiv bearbeitet. Komplettiert wird das Quartett von Gitarrist Christopher Herndler und Bassist Bernd Faszl. Gemeinsam hat man sich mehr Zeit gegeben für die letztlich elf Stücke, die zwischen Punk, Grunge sowie Alternative pendeln und somit die 90er hochleben lassen.

Der DIY-Gedanke, dem Baits lange ganz verpflichtet war, er ist immer noch zu spüren. Und trotzdem wirkt die Band mittlerweile gereifter, haben die Songs quasi das nächste Level erreicht. "Es ist organisch gegangen", rekapituliert Fazo. "Single für Single ist größer und besser geworden." Denn seit dem Debüt war man keineswegs untätig, sondern hat mehrere Einzeltracks sowie eine EP unter die Leute gebracht. "Daran sieht man auch meine Lernkurve als Produzent", grinst er. "Unser Plan war ein Album abzuliefern, das sich allen voran international nicht verstecken muss. Man kann es hören und würde nicht unbedingt wissen, woher die Band kommt."

Stimmt: Der Opener "Fucking Fake" fällt mit der Tür ins Haus und nimmt keine Gefangenen, auch die aktuelle Single "Sleep With You" ist direkt und ungemein catchy, während bei Songs wie "Hello My Love" oder "Caught In A Bubble" eher die melodiöse Seite des Vierers ins Rampenlicht gerückt wird. Gemein ist allen Stücken, dass sie kein Gramm Fett zu viel haben, sondern auf das Wesentliche reduziert sind, ohne aber die Liebe fürs Details zu vermissen. "Es ist nichts drauf, was eine Füllfunktion erfüllt", nickt Maier. "Für uns würden alle Songs auch als Single gehen."

Wieso dann aber der augenzwinkernde Titel? Der ist zum Teil dem Zeitdruck geschuldet. "Wir sind verschiedene Ideen durchgegangen, eine schlechter als die andere", lacht Fazo. "Und dann war noch ein Tag für die endgültige Entscheidung, und wir haben uns entschieden." Für ihn zeige das auch den Humor der Gruppe. "Außerdem schwingt der kritische Umgang mit Füllmaterial generell mit", ergänzt Maier. "Sei es in der Musik oder bei Instagramfiltern, mit denen sich die Leute die Lippen auffüllen. Für uns geht es einfach um Authentizität."

Mit der können Baits reichlich punkten, was nicht nur an den unzähligen bisher absolvierten Konzerten liegt, die das Quartett auch immer wieder in besetzte Häuser führte. Der Punkszene ist man durchaus verpflichtet. "Aber am Boden schlafen, wie wir es vor drei Jahren gemacht haben, das geht sich mittlerweile nicht mehr aus", wirft die Sängerin lachend ein. "Wenn man sich weiter entwickeln will, muss man sich auch höhere Ziele stecken. Und bei diesen Dingen geht es auch ums Wohlfühlen." Auf der Bühne soll schließlich abgeliefert werden, ohne dass der Ischias schmerzt.

Keine Wünsche offen lassen jedenfalls die Texte von Maier, die sich darin reichlich gesellschaftskritische Themen vorknöpft. "Etwa Alltagssexismus, mit dem ich auch konfrontiert bin und der, wie in 'Sleep With You' beschrieben, einfach total frustrierend und ermüdend ist." Durch ihre Rolle als Frontfrau einer Rockband verstärke sich das teils sogar noch. "Und natürlich geht es uns um das Leben im Endzeitkapitalismus, wo du schon nicht mehr weißt, wovor du spezifisch Angst haben sollst. Wenn du die Nachrichten liest, kannst du es dir aussuchen: Sechs Frauenmorde in vier Tagen, Putin droht mit der Atomwaffe, die FPÖ liegt bei 33 Prozent, der Klimawandel - you name it!"

Deshalb in Frustration und Wut zu verharren, ist aber nicht die Sache von Baits. Schließlich gehe es darum, "sich da irgendwie durchzukämpfen und alles ein bisschen mit Humor zu nehmen, weil es zu viel wird. Es ist schon anstrengend, einfach zu existieren und zu versuchen, im Rahmen von dem, was wir machen, nicht aufzugeben." Im Wechselspiel von Erwartungshaltungen und möglichen Enttäuschungen hat die Musikerin aber eine klare Haltung: "Hinfallen, aufstehen und dann weitermachen!" Nicht zuletzt deshalb sei "All Filler, No Killer" auch ein positives Album, ergänzt Fazo.

Das Durchhaltevermögen, das Baits an den Tag legt, zahlt sich jedenfalls in jeder Hinsicht aus. Mit dem Zweitwerk ist ein ungemein kurzweiliges Stück Rockmusik gelungen, wenngleich auch viel investiert wurde. "In einer Band zu spielen bedeutet auch, Opfer zu bringen. Wir fordern schon einiges", ist Maier deutlich. "Wer bei Baits spielt, muss abliefern!" Oder wie es Fazo ausdrückt: "Jeder von uns hat über zehn Jahre in die Musik reingesteckt. Es wäre doch dumm, jetzt aufzuhören." Und schiebt lachend nach: "Jetzt, wo wir für den Amadeus nominiert sind." Die Nennung in der Kategorie Hard&Heavy ist jedenfalls mehr als verdient. Bevor aber mögliche Trophäen abgestaubt werden, geht es im März, April und Mai auf Tour durch Österreich und Deutschland. Albumreleaseshow ist diesen Freitag in der Wiener Arena.

(Das Gespräch führte Christoph Griessner/APA)

(S E R V I C E - )