RAF-Terroristin kommt nach 24 Jahren frei: Mohnhaupt wird auf Bewährung entlassen

Deutsche unter anderem an Schleyer-Mord beteiligt 1985 fünfmal zu lebenslanger Haft verurteilt worden

RAF-Terroristin kommt nach 24 Jahren frei: Mohnhaupt wird auf Bewährung entlassen

Das OLG begründete seine Entscheidung damit, es sehe in Übereinstimmung mit der Bundesanwaltschaft und mit der Beurteilung des psychiatrischen Sachverständigen keine Anhaltspunkte dafür, dass Mohnhaupt "künftig neue schwere Straftaten begehen könnte". Die Gefängnisleitung hatte ebenfalls für eine Strafaussetzung plädiert.

Das Gericht betonte, dass es sich bei der vorzeitigen Haftentlassung nicht um eine Entscheidung im Gnadenweg, sondern um eine an gesetzliche Voraussetzungen gebundene richterliche Entscheidung handelt. Laut OLG kann die Haftentlassung Mohnhaupts "unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresse der Allgemeinheit verantwortet werden". Ihre Bewährungszeit beträgt fünf Jahre. Sie wird einem Bewährungshelfer unterstellt. Außerdem wurden ihr Auflagen zur Meldung des Wohnsitzes und der Arbeitsstelle gemacht.

Neben Mohnhaupt hofft auch der RAF-Terrorist Christian Klar, ebenfalls eine Führungsfigur der "zweiten Generation" der RAF, auf eine baldige Freilassung. Klar war gemeinsam mit Mohnhaupt zu fünfmal lebenslänglich plus 15 Jahren Haft verurteilt worden; seine Mindestverbüßungsdauer wurde auf 26 Jahre festgesetzt. Klar hat ein Gnadengesuch an Bundespräsident Horst Köhler gerichtet, über das Köhler voraussichtlich in der zweiten Jahreshälfte entscheiden wird.

Klars Anwalt Heinz-Jürgen Schneider drückt seine Hoffnung auf eine Begnadigung seines Mandaten aus. Er hoffe, dass "die Entscheidung eine positive Entscheidung des Bundespräsidenten nach sich zieht", sagte er der Nachrichtenagentur AP. "Gleiche Dinge gehören gleich behandelt", meinte er.

Stoiber kritisiert Entscheidung
Der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber und sein Innenminister Günther Beckstein kritisierten die Entscheidung zur Freilassung der RAF-Terroristin. Er halte "eine Entschuldigung der Terroristen bei den Familien der brutal Ermordeten für zwingend notwendig", sagte der CSU-Vorsitzende Stoiber. Dies und eine klare Absage an Gewalt sei Voraussetzung für eine Rückkehr in die Gesellschaft. Beckstein sprach von einem "deutlichen Unbehagen", da "mit dieser Entscheidung eine Schwerverbrecherin auf freien Fuß kommt, die ihre Taten nie bereut hat".

Die deutsche Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) äußerte sich indes nicht zur Freilassung der Terroristin, sagte ihre Sprecherin Eva Schmierer. Die Ministerin kommentiere Entscheidungen unabhängiger Gerichte grundsätzlich nicht, erklärte sie. Im Fall Mohnhaupt seien die gesetzlichen Voraussetzungen zur Entlassung auf Bewährung nach Paragraf 57a erfüllt. Die Sprecherin wies auch darauf hin, dass das deutsche Bundesverfassungsgericht in einer Grundsatzentscheidung vorgegeben habe, dass jedem Menschen im Grundsatz eine Perspektive für ein Leben in Freiheit gewährt werden müsse. Es gebe aber keine Pläne, den Rechtsbegriff "lebenslang" zu ändern.

SPD-Generalsekretär Hubertus Heil rief Mohnhaupt auf, öffentlich Reue zu bekennen. Er sprach von einer Geste, "die ehrlich gemeint sein muss". Heil betonte aber, dass es sich dabei um seine persönliche Meinung handele.

"Bitterkeit" bei Polizei
Die deutsche Gewerkschaft der Polizei (GdP) sprach von einem Gefühl der "Bitterkeit" über die Entscheidung. Sie wies darauf hin, dass die RAF-Terroristen auch zehn Polizisten ermordet hatten.

Mohnhaupt war am 11. November 1982 festgenommen worden. Verurteilt wurde sie im April 1985 wegen Beteiligung an der Ermordung Bubacks und seiner beiden Begleiter, wegen der Ermordung des Bankiers Jürgen Ponto sowie wegen der Teilnahme an der Ermordung Schleyers und vier seiner Begleiter. Ferner wurde sie des versuchten Mordes an mindestens fünf Staatsanwälten der Bundesanwaltschaft und des versuchten Mordes an dem damaligen Oberkommandierenden der US-Streitkräfte in Europa, General Frederick Kroesen, dessen Ehefrau und zwei Begleitern für schuldig befunden. Im März 2006 setzte dann das OLG Stuttgart wegen der besonderen Schwere der Schuld die Mindestverbüßungsdauer für Mohnhaupt auf 24 Jahre fest.

(apa/red)