"Quereinsteiger" Anders Jacobsen: Vom Hobby-Skispringer zum Tournee-Champion

Norweger stellte Skisprung-Zirkus auf den Kopf

Der Norweger Anders Jacobsen hat der Sportwelt ein modernes Märchen beschert: Die Geschichte vom kleinen Installateur aus Hönefoss, der auszog, um den Skisprung-Weltcup im Sturm zu erobern und sich zum Champion der Vierschanzen-Tournee zu küren. Der 21-jährige "Quereinsteiger", dessen liebstes Hobby es ist, an seinem 1972er-VW-Käfer herumzuschrauben, kommt nun mit einem brandneuen Nissan-Geländewagen im Wert von über 30.000 Euro nach Hause und hat in der laufenden Saison bisher knapp 90.000 Euro Preisgeld erbeutet.

Nur eineinhalb Monate nach seinem ersten Weltcup-Springen in Kuusamo, wo er bei irregulären Wind- und Wetterverhältnissen als Dritter gleich aufs Podest gesprungen war, feierte der Schützling von Mika Kojonkoski also den Gesamtsieg bei einer der traditionsreichsten und prestigeträchtigsten Wintersport-Veranstaltungen. Skispringen betrieb der gelernte Installateur (Stundenlohn 20 Euro) lange Zeit eigentlich nur als Hobby, was sich aber im Mai des vergangenen Jahres schlagartig ändern sollte.

Der ehemalige ÖSV-Cheftrainer Kojonkoski lud zur Talente-Sichtung "Team Oslo 2011" nach Lillehammer, Jacobsen packte die Gelegenheit am Schopf und sprang direkt ins norwegische A-Team. Seither schaffte es der 1,75 m große und 62 kg schwere Norsker in neun Weltcup-Springen sechsmal in die Top-Drei (zwei erste, drei zweite und einen dritten Platz). Seinen ersten Sieg feierte er am 17. Dezember beim zweiten Springen von Engelberg, wo Gregor Schlierenzauer am Vortag triumphiert hatte.

Auf der Tournee war er in Innsbruck nicht zu schlagen und trat mit den anderen Platzierungen vier (Oberstdorf), fünf (Garmisch-Partenkirchen) und zwei (Bischofshofen) die Nachfolge des bisher letzten norwegischen Gesamtsiegers Sigurd Pettersen (2003/04) an. Dabei war der frisch gebackene Champion Jacobsen, der für den Ringkollen Skiklubb springt, in Oberstdorf mit Platz vier und Garmisch-Partenkirchen (Fünfter) alles andere als zufrieden gewesen. Der junge Norweger war frustriert, weil die herausragende Form von Lillehammer und Engelberg verloren schien.

Erst ein einstündiges Vier-Augen-Gespräch mit Kojonkoski brachte den 21-Jährigen, der am 17. Februar seinen 22. Geburtstag feiert, wieder in die Spur. Im Gegensatz zu seinen Landsleuten Sigurd Pettersen, Lars Bystöl oder Tommy Ingebrigtsen, die ihrer Form seit Monaten hinterherspringen und bei der Tournee nicht einmal dabei waren, ging es für Jacobsen nach dem kurzen Wellental gleich wieder steil bergauf, was er mit dem Sieg am Bergisel und Rang zwei in Bischofshofen ja eindrucksvoll bewies.

Der neue norwegische Überflieger, der im Alter von acht Jahren erstmals auf den langen Sprunglatten stand, sollte auch Benjamin Raich, Hermann Maier und Co. nicht kalt lassen. Denn neben Skispringen ist auch Alpin-Skifahren eine große Leidenschaft von Jacobsen.

(apa/red)