Prozess um "furchtbar blutigen Mord" mit Machete eröffnet

von Prozess um "furchtbar blutigen Mord" mit Machete eröffnet © Bild: APA/APA/GEORG HOCHMUTH/GEORG HOCHMUTH

Tatort war die U-Bahn-Station Jägerstraße in Wien-Brigittenau

Am Freitag hat am Wiener Landesgericht der Mordprozess gegen vier Männer begonnen, die in der Nacht auf den 20. April 2023 Djafaar H. (31) bei der U-Bahnstation Jägerstraße mit einer 70 Zentimeter langen Machete und mehreren Messern vorsätzlich getötet haben sollen. "Für das, was ich Ihnen erzählen werde, werden Sie einen starken Magen brauchen", warnte Staatsanwältin Iris Helm die Geschworenen zu Beginn ihres Eröffnungsvortrags. Das Opfer sei "regelrecht zerhackt" worden.

Der Anklage zufolge wurde Djafaar H. nach vorangegangenen Streitereien gezielt in eine tödliche Falle gelockt und mit äußerster Gewalt zu Tode gebracht. "Alle vier Angeklagten haben diesen schrecklichen, brutalen und furchtbar blutigen Mord geplant und gemeinsam begangen", sagte die Staatsanwältin. Das Opfer sei infolge einer mehrfachen Durchtrennung der Schlagader und aufgrund des starken Blutverlusts, der zu einem Herz-Kreislauf-Versagen führte, gestorben. "Die Klinge der Machete ist im Wadenbein des Opfers stecken geblieben", berichtete die Anklägerin.

Die vier Angeklagten im Alter von 21, 22, 25 und 29 Jahren kannten das Opfer seit längerem. Alle fünf stammen bzw. stammten aus Constantine, mit knapp 450.000 Einwohnern die drittgrößte Stadt Algeriens, und hatten mangels beruflicher Perspektiven ihre Heimat Richtung Europa verlassen. Djafaar H. war laut Anklageschrift in eine länderübergreifende Suchtgiftorganisation eingebunden, drei Angeklagte sollen für ihn in Wien als sogenannte Streetrunner gearbeitet und Drogen verkauft haben. Bei der Abrechnung soll es zu Unstimmigkeiten gekommen sein, die Beschuldigten - vor allem der 22-Jährige - fühlten sich übers Ohr gehauen und kamen laut Anklageschrift "überein, ihre Probleme mit Djafaar H. endgültig gewaltsam zu lösen".

"Sie wollten dem Ganzen ein Ende bereiten", meinte Staatsanwältin Helm in ihrem Plädoyer. Die Angeklagten hätten sich zu diesem Zweck "bis auf die Zähne bewaffnet" und den 31-Jährigen in eine Falle in einem kleinen Park bei der U-Bahn-Station Jägerstraße in der Brigittenau gelockt. Der 22-Jährige habe ihm dort zunächst zwei Mal mit der Machete auf den Kopf geschlagen. Djafaar H. habe zu fliehen versucht, einen weiteren Hieb kassiert und "eine Blutspur durch den ganzen Park bis zum U-Bahn-Ausgang Jägerstraße gezogen, wo er zusammengebrochen und am Boden zu liegen gekommen ist", legte die Anklagevertreterin dar.

Dem Wehrlosen und Schwerstverletzten sei dann Pfefferspray ins Gesicht gesprüht worden und der 22-Jährige habe im Anschluss mit der Machete "in völliger Rage viele, viele Male" auf Djafaar H. eingeschlagen, führte die Staatsanwältin aus. Der 25 Jahre alte Angeklagte habe dem 31-Jährigen auch noch ein Messer zwei Mal in die Brust gestoßen. Dann hätten sich die Täter entfernt. Zwei Zeugen, die sich in einem nahe gelegenen Cafe aufgehalten und die Tat beobachtet hätten, seien dem Opfer noch zu Hilfe gekommen. Der Mann hatte aufgrund der Fülle der ihm zugefügten Hieb-, Schnitt- und Stichwunden aber keine Überlebenschance.

Im Ermittlungsverfahren war der 22-Jährige zu den ihm vorgeworfenen Tathandlungen grundsätzlich geständig, wobei er behauptete, unter dem Einfluss von Tabletten gestanden zu sein. Außerdem sei Djafaar H. bewaffnet gewesen. Die drei anderen Angeklagten waren bisher nicht geständig. Bei dieser Verantwortung blieben die drei auch in der Verhandlung. Sie bekannten sich allesamt "nicht schuldig". Die Rechtsvertreterin des 22-Jährigen, Elisabeth Mace, kündigte ein Geständnis ihres Mandanten an.

"Djafaar war ein gefährlicher Verbrecher", behauptete der 22-Jährige in seiner Beschuldigteneinvernahme. Er habe für diesen in Wien Drogen verkauft und dabei im Schnitt 70 Euro am Tag verdient. Er habe anfänglich sogar bei dem 31-Jährigen gewohnt, sei dann aber ausgezogen, weil ihn der Mann ständig beschimpft, beleidigt und bedroht habe. Außerdem hätten Freunde von Djafaar H. seinem Bruder in der Heimat Drogen untergejubelt, sodass der Bruder zu Unrecht in Algerien zu zehn Jahren Haft verurteilt worden sei.

"Mein Mandant war aufgrund der monatelangen Erniedrigungen sehr angespannt", hakte Verteidigerin Mace ein. Der 22-Jährige habe Djafaar H. aber keine Falle gestellt, vielmehr sei der 31-Jährige bei der nächtlichen Begegnung am 20. April mit einem Pfefferspray und einem Schwert auf diesen zugelaufen und "Ich werde dich töten!" gerufen. Da sei der 22-Jährige "explodiert".

"Ich konnte seinem Schlag ausweichen", schilderte der 22-Jährige. Er habe Djafaar H. als "brutal empfunden", dieser habe auch noch mit einem Pfefferspray herumgesprüht. Da habe er mit seiner Machete zugeschlagen: "Ich bin zu ihm hin und habe ihm mehrere Schläge versetzt. Es tut mir leid. Ich bereue die Tat. Wäre es mir möglich, würde ich ihn aus dem Grab zum Leben erwecken."

Den Grund, weshalb er sich mit einer Machete per Taxi von seiner Adresse im dritten Bezirk in den 20. Bezirk bringen hatte lassen, konnte der 22-Jährige auf Frage des beisitzenden Richters Christoph Bauer ("Das war ja nicht im Fasching") nicht wirklich beantworten. Die Machete habe er in seiner Wohnung vorgefunden, als er dort eingezogen sei, behauptete der Angeklagte. Während des Zuschlagens sei ihm "schwarz vor den Augen" gewesen. "Da haben Sie aber ziemlich gut getroffen, wenn das so war", bemerkte dazu die Staatsanwältin.

Der 22-Jährige versicherte, die anderen drei Angeklagten seien an der Tat nicht beteiligt gewesen. Sie hätten "nichts gemacht", betonte er: "Hätte ich gesehen, dass meine Freunde etwas gemacht haben, hätte ich das auch gesagt."

Nach der Tat waren die laut Anklage beteiligten Männer in unterschiedliche Richtungen geflüchtet. Die von Zeugen alarmierte Polizei leitete eine Sofortfahndung ein, der 25-Jährige sprang angesichts der Polizeibeamten in den Donaukanal, konnte aus dem Wasser gefischt und festgenommen werden. Laut seiner Verteidigerin Anita Schattner war er "zufällig in der Nähe des Tatorts" und sei nur deshalb vor der Polizei weggelaufen, weil er im Fall seiner Anhaltung fremdenrechtliche Folgen befürchtet hätte: "Er wollte nicht in Schubhaft." Die Darstellung der Staatsanwältin sei "eine mögliche Version", es könne sich "auch ganz anders" abgespielt haben, meinte Schattner.

Den drei anderen Angeklagten war die Flucht nach Frankreich gelungen, wo der 22-Jährige am 22. Juni, der 29-Jährige am 29. Juni und der 21-Jährige am 5. Oktober mit Europäischem Haftbefehl festgenommen und in weiterer Folge an Österreich ausgeliefert wurden. Seither sitzen sie in der Justizanstalt Josefstadt in U-Haft.

Der 29-Jährige war laut seiner Verteidigerin Nina Binder bei der Tat "anwesend, aber nicht involviert". Er sei mit Djafaar H. "gut befreundet" gewesen und hätte kein Motiv gehabt, diesem nach dem Leben zu trachten. Er habe sogar den Hinterbliebenen kondoliert. Dass er dem 31-Jährigen nicht zu Hilfe gekommen sei, könne man dem Mann nicht zum Vorwurf machen, stellte Binder fest: "Wenn da einer mit einer Machete auf einen losgeht, besteht da Gefahr für jeden, der dazwischengeht."

"Die Staatsanwaltschaft hat sich da etwas zusammengereimt", befand Wilhelm Benesch, der Rechtsvertreter des 21-Jährigen. Die Vorwürfe gegen seinen Mandanten seien "frei erfunden", dieser sei an keinen Handlungen beteiligt gewesen, "die zum Ableben des Opfers geführt haben". Der 21-Jährige selbst hielt fest, der Getötete habe mit Drogen gehandelt und sei "Teil einer Mafia" gewesen. Auf die Frage, weshalb er ein 40 Zentimeter langes Messer bei sich gehabt hätte - die Waffe mit den DNA-Spuren des 21-Jährigen war im Zuge der Ermittlungen in Tatortnähe sichergestellt worden -, erwiderte der Angeklagte: "Weil ich und die anderen von Djafaar mit dem Tod bedroht wurden."

Der Prozess wird am kommenden Freitag mit der Einvernahme des 25-jährigen Angeklagten fortgesetzt. Der Mann war einen Tag vor der gegenständlichen Bluttat aus Frankreich angereist, nachdem er von einem Mitangeklagten angerufen und informiert worden war, es gebe "Probleme" mit Djafaar H. Die Urteile sollen am 20. März fallen. Den Angeklagten drohen zehn bis 20 Jahre oder lebenslange Haft.