Bunter Wahlkampf in Italien

Premier Gentiloni kämpft in Rom gegen einen Friseur

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Nach der Präsentation der Wahllisten tritt die Wahlkampagne in die entscheidende Phase. Spannende Duelle bahnen sich in den Wahlkreisen von Bozen bis Palermo an.

Angiolino Cirulli, ein 53-jähriger Friseur, der wegen der Krise der Regionalbank Banca Etruria in Italien all seine Ersparnisse verloren hat, geht als Kandidat der populistischen Fünf Sterne-Bewegung gegen den populären Premier Paolo Gentiloni ins Rennen um den Wahlkreis Rom 1. "Ich bin ein Debütant und fordere einen Premier heraus. Gentiloni ist ein angesehener Politiker, doch er hat die verheerende Politik seines Vorgängers Matteo Renzi fortgesetzt", meint Cirulli.

36 Prozent der Parlamentssitze werden nach dem Mehrheitswahlrecht in Einmann-Wahlkreisen vergeben. Der Bewerber mit mehr Stimmen gewinnt. Dies zwingt die Kandidaten zu einer intensiven Kampagne im eigenen Wahlkreis, um die Wählerstimmen zu erobern. Ein Wirtschaftsexperte der ausländerfeindlichen Lega, Claudio Borghi, fordert Finanzminister Pier Carlo Padoan in Siena heraus. Thema des Wahlduells ist die Flat Tax, die Einheitssteuer, die die Lega zur Ankurbelung der Wirtschaft einführen will und die für Padoan eine Zeitbombe für die Stabilität des italienischen Budgets ist.

Der Fünf-Sterne-Premierkandidat Luigi Di Maio geht im Wahlkreis Pomigliano-Acerra bei Neapel gegen den exzentrischen Kunstexperten Vittorio Sgarbi, Spitzenkandidat der Forza Italia von Ex-Premier Silvio Berlusconi, ins Rennen. Berlusconi setzt in der Lombardei auf seine langjährige rechte Hand, Adriano Galliani, 30 Jahre lang Geschäftsführer des Fußball-Spitzenklubs AC Milan. Nach dem Verkauf Milans an ein chinesisches Konsortium im vergangenen Jahr buhlt Galliani jetzt um einen Senatssitz. Dabei bekommt er prominente Konkurrenz aus den Reihen seiner eigenen Mitte-rechts-Koalition. Im selben Wahlkreis Gallianis kandidiert auch der 76-jährige Umberto Bossi, Gründer der Lega.

Berlusconi schickt neben Galliani auch den Ex-Geschäftsführer seiner TV-Gruppe Fininvest, Pasquale Cannatelli, in den Wahlkampf für Forza Italia. Der sportbesessene Berlusconi schaffte in den Wahllisten auch Raum für Sportler wie die paraolympische Athletin Giusy Versace und den Fußball-Coach Giuseppe Incocciati.

40 Prozent der Plätze in den Wahllisten sind Frauen vorenthalten. So kommt es zu einem Damenduell im Südtiroler Wahlkreis Bozen Unterland. Die Staatssekretärin Maria Elena Boschi, Spitzenpolitikerin der Demokratischen Partei (PD), misst sich mit der Berlusconi-Vertrauten Michaela Biancofiore. Die scheidende Präsidentin der Abgeordnetenkammer Laura Boldrini, Kandidatin des Linksbündnisses "Liberi e uguali" (Gleich und frei – LeU), tritt gegen die Mitte-rechts-Bewerberin Cristina Rossello, Rechtsanwältin Silvio Berlusconis in dem langjährigen Scheidungsverfahren von seiner Ex-Frau Veronica Lario, an.

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