"Peter Pan" im Internetzeitalter: Opernpremiere in Innsbruck

von "Peter Pan" im Internetzeitalter: Opernpremiere in Innsbruck © Bild: APA/APA/TIROLER LANDESTHEATER/BIRGIT GUFLER

Das "Peter Pan"-Ensemble mit Martin Lechleitner (l.) in der Titelrolle

Die Oper "Peter Pan - The Dark Side" von Wolfgang Mitterer hat am Samstagabend am Tiroler Landestheater in Innsbruck unter der Regie von Daisy Evans seine österreichische Erstaufführung gefeiert. Der altbekannte Stoff der Kindergeschichte von J. M. Barrie wurde dabei ins Internetzeitalter verlegt, den Frauenfiguren zudem ein dezent erotischer Anstrich verpasst. Die Musik von Mitterer tönte dazu zur Untermalung des neugedeuteten Geschehens modern und treibend.

Das "Nimmerland" von Mitterer und dem Librettisten David Pountney mutete in Innsbruck jedenfalls gänzlich anders als im Literaturkanon niedergeschrieben an. Lediglich die Figuren und deren Namen fungierten als Anker in einer Geschichte, die einen in die Abgründe der Gegenwart katapultierte. Da wären etwa: Wendy - grandios gesungen und gespielt von Rosie Lomas - und ihre Geschwister, sowie natürlich Peter Pan, Hook und nicht zuletzt Tinkerbell.

Letztere war - bekleidet mit einem grünen Latex-Kleid - die Gegenspielerin von Wendy, die ebenfalls ein Auge auf Peter Pan geworfen hatte. Die ansonsten eher sanfte Fee fand für die Avancen von Wendy direkte Worte - auch das Wort "Schlampe" fand Einzug in deren Sprachgebrauch. Überhaupt war es die gesungene Sprache, die gekonnt irritierte: Die Kinder wurden zu Beginn des Stücks von einem "Bot" betreut, das Internet erwies sich zudem als Spielwiese mit ganz eigenen Begrifflichkeiten.

Letzteres brachte in der Innsbruck-Fassung des Pan-Stoffes auch das Verderben. Wendy und ihre Geschwister stürzten sich - angetrieben von der Wahnvorstellung fliegen zu können - gemeinsam mit dem Protagonisten vom 34. Stock eines Hochhauses in den Abgrund und damit ins Nimmerland, das sich hier mit den Irrungen und Wirrungen sowie Versuchungen des World Wide Webs übersetzen ließe. Doch so eindeutig war die Sache dann doch nicht: Man verlor oftmals die Orientierung im bunten, doppelbödigen Treiben und schlug zum Schluss hart in der Realität auf, die mit dem Tod der Geschwister dämmerte und die Adoptiveltern in tiefe Bestürzung trieb.

Die Musik von Mitterer und das minimalistisch-moderne Bühnenbild von Loren Elstein lenkten das Bühnengeschehen unweigerlich hin zu diesem Abgrund. Vor allem die brodelnde Musik, durchsetzt mit elektronischen Einsprengseln, nahm vorweg, dass es weder Happy End noch versöhnliche Auflösung geben würde. Dazu schwangen sich beispielsweise Annina Wachter als Tinkerbell und Martin Lechleitner als Peter Pan in gesangliche Höhen und hin zu den Nuancen der zeitgenössischen Musik.

Zuletzt gab es nach den rund 80 Minuten des Stückes zwar keine Stehovationen, aber durchaus euphorischen Applaus mit vereinzelten Bravo-Rufen für die Hauptdarsteller. Auch Timothy Redmond als musikalischer Leiter des Abends, der das Tiroler Symphonieorchester Innsbruck souverän durch das komplexe Musikdickicht manövrierte, wurde eifrig beklatscht.

(Von Markus Stegmayr/APA)

(S E R V I C E - "Peter Pan - The Dark Side" von Wolfgang Mitterer, Libretto David Pountney. Regie: Daisy Evans, Musikalische Leitung: Timothy Redmond, Bühne und Kostüme: Loren Elstein. Mit u.a. Wendy (Rosie Lomas), Nikita Voronchenko (John), William Blake (Michael), Martin Lechleitner (Peter Pan), Annina Wachter (Tinkerbell), Bernarda Klinar (Tyger), Oliver Sailer (Hook), Bernhard Landauer (Nanbot/Crocodile), Tiroler Symphonieorchester Innsbruck und Chor des Tiroler Landestheaters. Weitere Vorstellungen am 2., 7., 9. 13. und 14. Juni. )