Ökostrom in Österreich weiter im Vormarsch

Kosten günstiger

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2017 erhöhte sich der Anteil geförderten Ökostroms von 16,8 auf 17,9 Prozent gemessen an der insgesamt abgegebenen Strommenge. Inklusive Großwasserkraft wuchs der Anteil ökologisch erzeugter Elektrizität von 71 auf 74 Prozent. Den deutlichsten Anstieg bei gefördertem Ökostrom gab es wie in den Vorjahren bei Windkraft, deren Anteil von 8,6 auf 10,0 Prozent stieg. Danach folgte feste Biomasse mit weiter 3,5 Prozent Anteil, geht aus dem neuen Ökostrombericht der Behörde hervor. Samt dem nicht geförderten Ökostrom, etwa weil Anlagen bereits aus dem Förderregime ausgeschieden sind, kam der Ökostrom im Vorjahr in Österreich sogar auf einen Anteil von 26,0 Prozent, nach 23,8 Prozent im Jahr 2016, so die E-Control.

Absolut stieg die geförderte Ökostrommenge, die via Abwicklungsstelle für Ökostrom (OeMAG) verrechnet wurde, um 8 Prozent von 9,77 auf 10,53 Terawattstunden (TWh). Das stärkste Plus gab es mit 16,5 Prozent in der Windkraft auf 5,75 TWh, bei Photovoltaik stieg die abgenommene Menge um 14,7 Prozent auf 0,57 TWh. Die Kleinwasserkraft lieferte im trockenen Jahr 2017 - trotz konstanter installierter Leistung - mit 1,63 TWh um 8 Prozent weniger geförderten Ökostrom. Bei fester Biomasse (2,0 TWh) und Biogas, also rohstoffabhängigen Technologien, blieben die Mengen konstant. Auch die Gesamtstromabgabe wuchs im Land - von 58,18 auf 58,87 TWh. Grund: Der Trend zur Elektrifizierung, Stichwort Wärmepumpen und E-Autos.

Das gesamte Ökostrom-Vergütungsvolumen (samt Marktwert des Stroms) wuchs von 1,01 auf 1,11 Mrd. Euro. Weil der Marktpreis für Strom wie 2017 auch heuer anzieht, sinkt das Unterstützungsvolumen (ohne Strom-Marktwert) weiter, erklärte der Vorstand der Regulierungsbehörde E-Control am Montag. Betrug die reine Fördertangente voriges Jahr 860 Mio. Euro (um 22 Mio. Euro weniger als 2016), dürfte diese Summe heuer auf 770 Mio. Euro sinken, hieß es vor Journalisten.

Von den rund 770 Mio. Euro Stützungsvolumen dürften heuer 40 (nach 44) Mio. Euro auf Kleinwasserkraft entfallen, die restlichen rund 730 (816) Mio. Euro auf "Sonstigen Ökostrom"; der Löwenanteil dürfte dabei mit 315 (403) Mio. Euro an die Windkraftbetreiber gehen, 205 (207) Mio. Euro für feste Biomasse, 113 (127) Mio. Euro für PV, 98 (79) Mio. Euro für Biogas.

Für die Privathaushalte rechnet die E-Control mit einem weiteren Rückgang ihrer Kostenbelastung durch Ökostrom. Bezogen auf einen durchschnittlichen Haushaltsabnehmer mit 3.500 kWh Jahresverbrauch war 2016 mit 120 Euro brutto der Peak erreicht. Nach 100 Euro voriges Jahr und erwarteten 90 Euro heuer dürfte es "in dieser Richtung weitergehen", heißt es. Das wird konkret vom neuen Ökostrom-Regime ab voraussichtlich 2020 abhängen - noch heuer will die für Energie zuständige Nachhaltigkeitsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) ein "Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz" (EAG) in Grundzügen fertig haben.

Diese Rechnung einer tendenziell weiter abnehmenden Belastung der Privathaushalte mit der Ökostromförderung steht unter der Annahme, dass der Marktpreis für Strom weiter steigt. 2017 lag dieser bei 31 Euro pro Megawattstunde (MWh), um zwei Euro je MWh höher als 2016, für 2018 erwartet die E-Control erneut ein Anstieg in dieser Größenordnung auf 33 Euro/MWh.

Der Großteil der 25.365 (2017: 23.441) Anlagen mit OeMAG-Vertrag entfiel mit 22.570 (20.565) auf PV, gefolgt von 396 (400) Windanlagen und 288 (287) Anlagen für gasförmige Biomasse. Zudem gab es 1.917 (1.909) unterstützte Kleinwasserkraftanlagen. Die installierte Leistung aller Anlagen wuchs auf 3.798 (3.754) MW, davon entfielen allein 2.291 (2.347) MW auf Windkraft.

Durch die Ökostrom-Produktion auch 2017 viel CO2 eingespart. Wäre die selbe Strommenge mit Braunkohle erzeugt worden, hätte dies 11 Mio. Tonnen mehr Ausstoß bedeutet, per Gaskraftwerk (GuD-Anlage) 4,6 Mio. t mehr. Zum Vergleich: 2015 hatten die Emissionen Österreich 78,9 Mio. t CO2-Äquivalent betragen. Lege man die Mengen an gefördertem Ökostrom von 2017 auf dieses Äquivalent von 2015 um, so ergeben diese eine CO2-Reduktion von ungefähr 6 bis 12 Prozent, so die E-Control.

Das Fördersystem in Österreich müsse "fundamental angepasst" werden, betonte E-Control-Vorstand Wolfgang Urbantschitsch am Montag. Im Mittelpunkt der - von Ministerin Köstinger bereits geplanten - Änderung stehen aus seiner Sicht marktbasierte Instrumente zur Förderung selbst (zum Beispiel ein Premium neben dem Marktpreis), aber auch marktbasierte Instrumente hinsichtlich der Vergabe von Fördermitteln (etwa über Auktionen). Das neue Modell gehe jedenfalls generell von fixen Einspeistarifen pro Kilowattstunde ab in Richtung "Selbstvermarktung", wenngleich im einzelnen noch offen sei, welches Modell für welche Technologie am bestehen geeignet sei. Auch der Zeitpunkt, wann Strom erzeugt werde, zähle künftig mehr. Aber an Prämien für Anlagen, damit diese zu bestimmten Zeiten weniger Elektrizität produzieren, sei nicht gedacht, betonte Eigenbauer. Überschüsse könnten ja etwa auch zu Wasserstoff oder Methan ("greening the gas") oder zur Sektorkopplung genutzt werden.

Unbestritten sei, dass für die Zielerreichung bis 2030 - dann soll der in Österreich verbrauchte Strom bilanziell übers gesamte Jahr gesehen zu 100 Prozent "erneuerbar" werden - "alle verfügbaren Technologien genutzt werden müssen", betonte auch E-Control-Vorstand Andreas Eigenbauer. Eine wichtige Frage sei dabei, ob eine ausreichend hohe Ausbaugeschwindigkeit erreicht werden könne. Denn "der Ausbau müsste massiv ansteigen". Er sprach von rund 30 TWh an zusätzlichem Erzeugungsvolumen, auf das auch der E-Wirtschafts-Verband Oesterreichs Energie kommt. Von dieser Menge würden rund 8 TWh auf Wasserkraft und je 12 TWh auf Windenergie und PV entfallen. Da das Ausbauvolumen im Vorjahr aber nur knapp eine TWh betragen haben, müsse hier dreimal so schnell ausgebaut werden. "Im wesentlichen brauchen wir alle Ökostrommengen, die es gibt", so Eigenbauer. Ein ausreichend flotter Ausbau sei aber "kein Selbstläufer", es seien für einen "Geschwindigkeitszuwachs" auch passende Bedingungen nötig, etwa für gemeinschaftliche PV-Anlagen auf Mehrgeschoßwohnbauten: Dort könne man mit PV-Anlagen am Dach auf 80 bis 90 Prozent Eigenverbrauchsanteil kommen. "Der Druck muss vom Kunden kommen", meinte Urbantschitsch dazu.

Mehr volatile erneuerbare Stromerzeugung und gleichzeitig weniger Exportfähigkeit anderer Länder in Europa, darunter auch von Nachbarstaaten, können die Versorgungssicherheit künftig aber vor neue Herausforderung stellen, argumentierte Eigenbauer. Für 2030 sei in den Wintermonaten neben 1.500 GWh aus Wärmekraftwerken auch ein Importbedarf von 1.000 GWh pro Woche gegeben. Zugleich würden sich aufgrund des 100-Prozent-Zieles wesentliche Exportüberschüsse Österreichs im Sommer ergeben, um etwaige Importe bzw. die Erzeugung aus kalorischen Kraftwerken ausgleichen zu können. Gleichzeitig würden Deutschland, Frankreich und Tschechien aber "nicht mehr so exportfähig sein wie früher", warnte Eigenbauer. Deshalb sei der Einsatz von mit Erdgas betriebenen Kraftwerken auch künftig für die Versorgungssicherheit notwendig.

Durch die seit langem bekannte Kapazitätsverknappung an der deutsch-österreichischen Grenze im bilateralen Stromhandel mit 1. Oktober d.J. werde es lediglich geringe verteuernde Preiseffekte bei uns geben, im niedrigen einstelligen Prozentbereich, meinte Urbantschitsch. In technischer Hinsicht betrage die Leitungskapazität dort weiterhin 9 bis 10 GW, von denen aber nur noch 4,9 GW für Langfristprodukte von Stromhändlern vorgesehen seien, so Eigenbauer. Das könnten 12- bis 24-Monats-Kontrakte sein, aber auch nur ein Monat lang laufende. Die andere Hälfte der Kapazität soll kurzfristigen Tradings, zB day ahead, vorbehalten sein.

Zur Aufrechterhaltung der Stromnetzstabilität ist die Austrian Power Grid (APG) kurz vor Abschluss von Kontrahierungsverträgen mit Kraftwerksbetreibern für die Vorhaltung thermischer Anlagen. Dabei geht es um 3,6 GW von den in Österreich insgesamt verfügbaren rund 5,5 GW an thermischer Leistung. Daneben hat die APG heuer auch höhere Aufwendungen für das sogenannte Engpassmanagement zu tätigen - vor allem der trockene Sommer schlug dabei kräftig ins Kontor, wie APG-Vorstand Gerhard Christiner vorige Woche vor Journalisten sagte. Bis inklusive Juli musste der Übertragungsnetzbetreiber heuer schon über 55 Mio. Euro fürs Engpassmanagement aufwenden, allein im Juni und Juli waren es jeweils mehr als 15 Mio. Euro. Dieses Kosten seien "erheblich", meinte Urbantschitsch dazu; wegen der signifikanten Höhe der Kosten werde man sich das "genau anschauen". Zur Salzburger 380-kV-Leitung meinte er, "alle" würden auf eine rasche Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts warten. Je länger es hier bis zu einem grünen Licht dauere, umso mehr müsse die APG für Netzstabilisierung und Gasanlagen-Kontrahierung ausgeben.

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