Es kann nur einen Sheriff geben

Leitartikel: Bevor wir alle aufrüsten - was wir von Donald Trump lernen können

von Christoph Lehermayr © Bild: Ian Ehm

Kürzlich erklärte ein Bekannter in geselliger Runde, dass er mit dem Gedanken spiele, sich eine Waffe zuzulegen. Er, der einstige Zivildiener, bald ein Revolverheld? Befremden und betretenes Schweigen am Tisch. Doch er rechtfertigt sich, erzählt von all der Gewalt, die täglich die Zeitungsspalten füllt. Da ein Überfall, dort ein Einbruch und unter all den Tausenden Flüchtlingen, die kommen, werden wohl auch nicht nur Gute sein. Der Bekannte ist mit seinem Empfinden nicht allein. Österreich rüstet auf, die Händler jubeln, schon sind 40.000 Waffen mehr im Umlauf als noch vor einem Jahr. Geschuldet ist dies einer Art von diffusem Unsicherheitsempfinden, das sich breitmacht. Die Welt da draußen wird als zu komplex und bedrohlich wahrgenommen, die Flut an negativen Nachrichten überfordert und verunsichert viele. Und so suggeriert die Waffe ein wenig Schutz in den wohligen vier Wänden. Wenngleich dieser zweifelhaft ist, da mehr im Umlauf befindliche Waffen auch für ein Mehr an Gewalt stehen – und sei es nur, weil etliche Pseudoschützen sich selbst und andere durch Hantieren am Schießeisen verletzen. Gefährlicher ist, dass eine sich ausbreitende Bewaffnung von Zivilisten das gesellschaftliche Gefüge zerstört.

Wie solch ein Aufrüstungsexperiment im Extremfall endet, lässt sich bei unseren Freunden in Übersee gut beobachten. US-Präsident Obama kamen kürzlich bei einer Rede über die von ihm forcierte und letztlich gescheitere Verschärfung der Waffengesetze die Tränen, als er an all die Opfer von Amokläufen an Schulen dachte. Dabei hielte Donald Trump, einer seiner derzeit aussichtsreichsten Nachfolgekandidaten, auch für sie ein Patentrezept bereit: Bewaffnet doch einfach die Schüler! Dann könnten sie endlich zurückschießen. Gleiches empfiehlt er bei Terroranschlägen. „Keiner in Paris trug eine Waffe“, geifert Trump. „Wenn wir schon sterben sollen, dann zumindest mit einer Knarre in der Hand.“ High Noon – ist das unser Ziel? Dass jeden Tag in den USA im Schnitt 92 Menschen durch Waffen umkommen, übers Jahr gerechnet sind es mehr als 33.000 Menschen, mag einen da als Detail nicht weiter verwundern, liegt die Flinte doch in fast jedem zweiten US-Haushalt stets griffbereit.

Ist es also im Österreich des Jahres 2016 noch immer nötig, darauf hinzuweisen, dass mehr Waffen zu mehr Toten führen? Braucht es immer noch Statistiken, wonach fast waffenfreie Länder wie Japan auch weit weniger Gewalttaten aufweisen? Bevor jetzt alle einen auf Billy the Kid und John Wayne machen, gehört eines klar gesagt: Es ist Aufgabe des Staates, seine Bürger durch die Polizei zu schützen. Versagt er darin so eklatant, wie es sich zuletzt in Köln zeigte, befeuert dies Bewaffnungsgelüste. Wenn nun von allmählich entstehenden rechtsfreien Räumen in deutschen Großstädten zu hören ist und Polizisten hinter vorgehaltener Hand von gefährlichen Zonen berichten, grenzt dies an staatliche Selbstaufgabe, die selbst der Sheriff im Wilden Westen nicht geduldet hätte. So etwas darf es nicht geben. Der Staat hat sein Gewaltmonopol zu behaupten, ausländische Intensivtäter abzuschieben und die Präsenz in Problemvierteln zu erhöhen. Gelingt dies nicht, bleibt mein Bekannter mit seiner neuen Pistole nicht lange allein.

Was meinen Sie? Schreiben Sie mir bitte: lehermayr.christoph@news.at

Kommentare

gustigusti melden

Ich denke, es geht nicht grundsätzlich um die Frage der Bewaffnung oder Sicherheit. Auch ich brauche keine Waffe, hab ja Hunde, die fast immer bei mir sind. Nein, hier geht es um Tieferes: der Anfang ist getan: wir vertrauen unserem Staat nicht mehr. Letztes Jahr hat er uns gezeigt, dass er nicht für uns da ist. Unser Vertrauen in die Politik ist um ca. 90% gesunken, da red ich wohl nicht nur von

gustigusti melden

mir selbst. Erweitert bedeutet das folglich, dass auch die Polizei an Vertrauen verliert, wenn auch nicht ganz so extrem, da sie der exekutive Arm der Politik ist. Und in der derzeitigen "Hitzköpfigkeit" ist es wohl mehr als verständlich, wenn der eine oder andere seine eigene Sicherheit in die eigene Hand nimmt. Hätte alles nicht sein müssen. Mal sehn wie's weitergeht.

Oberon
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Zugegeben, mein Sicherheitsgefühl ist schon lange nicht mehr das, was es einmal, trotzdem werde ich mir keine Waffe zulegen. Sollte sich doch einmal einer an mich heranwagen, mich belästigen, bedrohen oder noch Schlimmeres, wird mein erster Weg der zur Polizei sein, auch wenn ich dort hin kriechen müsste. Ich gehöre nämlich nicht zu der Sorte Frau, die irrtümlich(!) meint, an der Tat ....

Oberon
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.... mitschuldig zu sein. Die Schuld trägt nur der Täter! Es wird Zeit, dass sich das in den Gehirnen festsetzt.
Egal, woher der Verbrecher stammt, er kommt mir nicht davon. Ich kenne auch keinen Migrantenbonus, denn die Gesetze gelten für alle!

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