Neuer Ethikkodex im ORF als "Pakt mit der Öffentlichkeit"

von Neuer Ethikkodex im ORF als "Pakt mit der Öffentlichkeit" © Bild: APA/APA/ROLAND SCHLAGER/ROLAND SCHLAGER

Stiftungsrat stellte die Eckpunkte vor

Den 35 ORF-Stiftungsrätinnen und -räten sind am Donnerstag die Eckpunkte eines neuen ORF-Ethikkodex vorgestellt worden. Damit wird der Nebenerwerb wie auch Social-Media-Auftritt von ORF-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeitern wohl ab Ende März in Form einer Dienstanweisung klar geregelt. Noch werden Details mit dem Betriebsrat ausformuliert.

"Der Ethikkodex ist für mich ein Pakt, den der ORF mit der Öffentlichkeit schließt", sagte ORF-Generaldirektor Roland Weißmann im Anschluss an eine Stiftungsratssitzung. Eine von ihm eingesetzte Ethikkommission habe mittlerweile ihre Arbeit abgeschlossen und fünf Empfehlungen abgegeben. Die Themenbereiche umfassen Social Media, Nebenbeschäftigungen, politische Aktivitäten, Anti-Korruption und Interessenskonflikte. In Zeiten eines "ORF für alle", für den jeder bezahlt, habe man die Aufgabe, vertrauensvoll zu sein und den Anschein etwaiger Unvereinbarkeiten vorzubeugen, so Weißmann.

Die Umsetzung ist bis Ende März geplant. Bis dahin werden die ORF-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter noch informiert. Auch soll es Schulungen geben. Weißmann zeigte sich überzeugt, dass der Ethikkodex auf die Zustimmung der Belegschaft treffen werde. Auch Lothar Lockl, Vorsitzender des ORF-Stiftungsrats, hatte wohlwollende Worte für den Ethikkodex parat. Er sei ein Schritt zu "mehr Klarheit und Vertrauen des Publikums" und zudem im Interesse der Mitarbeiter.

Thomas Zach, Leiter des ÖVP-"Freundeskreises" im ORF-Stiftungsrat, meinte, dass der Ethikkodex "einen Wendepunkt für die Akzeptanz unseres Publikums" markiere. Man habe damit die Chance, noch besser den Erwartungen gerecht zu werden, die an einen "ORF für alle" gestellt würden. Bei der Erstellung habe die eingesetzte Ethikkommission sich an den Publikumsbedürfnissen orientiert. Sigrid Pilz, die für den Grünen nahestehende Stiftungsräte spricht, betonte, dass es darum gehe, auch nur den Anschein einer Unvereinbarkeit zu vermeiden. Es habe im Unternehmen offensichtlich immer wieder Fragen und Unklarheiten gegeben. "Es braucht eine bessere Kommunikation und ein Büro für Compliance, wo Mitarbeiter Fragen stellen können", sagte sie.

"Das Glas ist halbleer", meinte Heinz Lederer, der für den SPÖ-"Freundeskreis" spricht. Er erkenne den Willen der Geschäftsführung zwar an, aber es seien noch viele Schritte nötig. Bei einem Durchschnittseinkommen von über 90.000 Euro pro Jahr, sei es "nur fair, wenn man sich die Nebeneinkünfte genau anschaut". Er betonte, dass es keine Nebenabsprachen geben dürfe, die der ORF als Arbeitgeber nicht einsehen könne. "Die Nebenbeschäftigungskurve muss dramatisch nach unten gehen", forderte Lederer und pochte erneut auf einen regelmäßigen Transparenzbericht im Stiftungsrat.

Auch Peter Westenthaler, der mit einem FPÖ-Ticket nach über 20-jähriger Pause wieder an einer Sitzung des obersten ORF-Gremiums teilnahm, bezeichnete den Ethikkodex als sinnvoll. Der Neo-Stiftungsrat richtete sein Hauptaugenmerk aber auf die Haushaltsabgabe, zu der er eine "sehr intensive" Debatte angestoßen habe. Der ORF-Beitrag sei für die Haushalte und den ORF "schädlich". Menschen seien zornig, wenn sie für etwas zahlen müssten, dass sie nicht konsumieren, meinte er und kritisierte auch die Abwicklung, die vielfach nicht funktioniere. Dazu verwies er auf zahlreiche Schreiben, die ihn erreichen würden. "Ich bin sehr froh, dass die FPÖ versprochen hat, die Haushaltsabgabe wieder abzuschaffen", so Westenthaler, der sich wie die Partei für eine Finanzierung des ORF aus dem Bundesbudget ausspricht.

Er wolle im Stiftungsrat eine "Sensibilisierung" bewirken, wobei er sich "absolut" für eine Entpolitisierung des obersten ORF-Gremiums aussprach. "Ich bin der Erste, der sagt, lösen wir den Stiftungsrat in der gegenwärtigen Form auf", sagte Westenthaler und verwies auf ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshof (VfGH), wonach die Bestellung der ORF-Gremien mit zu viel Einfluss der Regierung erfolge.

Durch seine regelmäßigen Debatten auf oe24.tv sieht er keinen Interessenskonflikt gegeben. Auch heute, Donnerstag, gab er dem Sender vor der Sitzung am Küniglberg ein Interview. "Es funktioniert technisch hervorragend", sagte er. Er wolle auch weiterhin beim Privatsender vom ORF berichten.

Wie der Ethikkodex wird auch die Veröffentlichung der ORF-Gehälter - ab 170.000 Euro pro Jahr auch mit Namen - für Ende März erwartet. "Ich gehe Stand jetzt davon aus, dass wir den Transparenzbericht veröffentlichen müssen", sagte Weißmann und warnte vor einer Neiddebatte. Laut dem ORF-Chef sind wohl 50 bis 60 ORF-Mitarbeiter von der namentlichen Veröffentlichung betroffen.

Wirtschaftlich hatte der ORF 2023 positive Zahlen im Gepäck. Der vorläufige Jahresabschluss weist laut einer Aussendung ein EBT von 4,0 Millionen Euro aus.