Helfende Austro-Hände in Nepal

Zwei Vorarlberger schildern ihre Erlebnisse im Erdbebengebiet

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    Wie sieht der Tagesablauf der Helfer aus?
    Hercher: "Unterschiedlich: An Tagen in denen wir in Pokhara sind, helfen wir bei "Yes Helping Hands" und kaufen mit den privaten Spenden zusammen mit Dinesh Thapa (CEO der Organisation) im Großhandel Nahrung und Medikamente ein."

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    Erdbeben in Nepal

    "Diese werden zu Helpinghands geliefert, wo zahlreiche freiwillige Helfer sogenannte 'care-packages' packen - bestehend aus Reis, Linsen, Reisflocken, Salz, Nudeln, Sojabohnen und Medikamenten."

Am Tag vor dem Hauptbeben waren sie in der Touristen-Metropole Pokhara angekommen. "Gegen Mittag wurden wir von starken Erschütterungen aus dem Bett gerissen. Es dauerte ein paar Sekunden bis wir realisiert hatten, dass das ein Erdbeben war. Blitzschnell sind wir aus unserem Zimmer in den Garten unseres Guesthouses gerannt, wo sich bereits einige andere versammelt hatten. Es war faszinierend und erschreckend zugleich: Menschen schrien panisch und rannten ins Freie, die Vögel kreischten wild durcheinander, alles rund um uns herum bebte. Was bis dato stets das Element war, das unerschütterlich wirkte, hat uns buchstäblich den Boden unter den Füssen weggezogen. Die Erde bebte zwei Minuten lang - eine gefühlte Ewigkeit. Als das Spektakel vorbei war, sind wir noch circa eine Stunde draußen sitzen geblieben, falls noch ein weiteres Beben folgen sollte. Obwohl die Erde ruhig war, wurde man immer wieder von Schwindelgefühlen erfasst. Zu diesem Zeitpunkt war uns noch nicht annähernd bewusst, was das Beben bewirkt hatte", schildert Strolz die bangen Minuten.

Hier liegt Pokhara:

Am 25. April, einem Samstag, wurde Nepal von einem Beben der Stärke 7,8 erschüttert. "Zum Glück! Samstag ist Holy Day und somit ein schulfreier Tag. Fast alle Menschen hielten sich im Freien auf. Viele Schulen sind in alten Gebäuden untergebracht und wurden während des Bebens schwer beschädigt. Nicht vorstellbar, wie hoch die Opferzahlen unter den Kindern gewesen wären, wenn das Beben an einem anderen Tag passiert wäre", so Hercher. Schätzungen zufolge wurden 300 Schulen in Nepal zerstört.

© privat Die Schule in Taji in der Region Lamjung ist nicht mehr als solche zu erkennen.

Ein Leben in Angst

Seitdem herrscht eine nervöse Grundstimmung - zu Recht, wie das Nachbeben am Dienstag gezeigt hat. "Viele Einheimische schliefen in der zweiten Nacht nach dem Beben in Zeltlagern überall in der Stadt verteilt. Wir und andere Reisende hatten stets einen 'emergency-bag' mit Medikamenten, wichtigen Dokumenten und anderem bei der Hand. Wir haben angezogen geschlafen, um rasch nach draußen gelangen zu können."

Wie angespannt die Menschen sind, zeigen Erlebnisse der beiden österreichischen Helfer vor Ort: "Zwei Tage nach dem Beben saßen wir in einem Café, als ein Generator im Nebengebäude ansprang. Durch die Vibrationen des Generators bewegte sich auch das Holzdecke des Cafés und alle Gäste sprangen auf, da jeder von einem Beben ausging. Drei Tage nach dem Beben saßen wir mit Freunden im ersten Stock einer Bar, als ein Mann von der Straße 'Erdbeben' schrie - zu Unrecht, wie sich herausstellte. Die meisten Barbesucher gerieten in Panik und versuchten gleichzeitig die enge Treppe hinunter zu gelangen. Zum Glück ging die Situation glimpflich aus."

Hilfe für abgelegene Dörfer

Nach jüngsten Angaben kamen mehr als 8.000 Menschen ums Leben, etwa 16.000 weitere wurden verletzt. Schätzungen der Behörden zufolge wurden beinahe 300.000 Häuser vollständig zerstört und rund 250.000 weitere stark beschädigt. In vielen schwer zugänglichen Tälern wurde das Ausmaß der Schäden allerdings bis zuletzt nicht vollständig erfasst.

© privat Zerstörte Häuser in Ilampokhari.

"Durch die simple Bauweise der alten Häuser und die hohen Kosten moderner Materialien, wie Zement oder Stahl, sowie hoher Transportkosten in die abgelegenen Dörfer sind die Schäden in vielen Regionen, die wir gesehen haben, massiv", sagt Hercher und erklärt weiter: "Teilweise sind gesamte Straßenzüge in Dörfern zerstört, die Gebäude unbewohnbar. Viele Nahrungslager und Werkzeugschuppen wurden komplett zerstört. Das stellt vor allem für die arme Bergdorfbevölkerung ein großes Problem dar, da sie die Nahrung nicht mehr bergen können und auch die Werkzeuge - etwa zum Mahlen von Mehl - fehlen. Auch die kaputten Dächer sind ein massives Problem, da der Monsun in vier bis fünf Wochen einsetzen wird und die Menschen derzeit im freien unter Zeltplanen übernachten."

Genau diese werden derzeit am meisten gebraucht, so Hercher weiter: "Jeder mit dem wir gesprochen haben, bittet in erster Linie um Zeltplanen, Decken, Schutz und Unterkunft. In weiterer Linie um Nahrung und Medikamente." Zeltplanen seien in Nepal nur schwer zu bekommen, da fast ausschließlich in Indien hergestellt würden. "In Pokhara sind keine oder nur wenige Planen zu finden, und wenn dann nur zu überteuerten Preisen. Zeltplanen sind natürlich auf Dauer keine Lösung. Die Menschen warten daher auf die Entscheidung der Regierung, wie der mittel- bzw. langfristige Wiederaufbauplan aussieht. Nach Aussagen der Einheimischen wird dies jedoch noch eine Zeit dauern, bis die Regierung aktiv wird. Bis dahin sind die privaten Initiativen - wie jene von Yes Helping Hands in Kooperation mit Ausländern - für viele Dörfer nach wie vor die einzige Hilfe."

© privat Eine Familie steht vor ihrem zerstörten Haus im Nuwakot-Viertel.

Dennoch gibt es Momente der Freude, wie die Helfer schildern: "Die Menschen hier in Nepal verlieren trotz dieser Schicksalsschläge ihre Freundlichkeit und ihr herzliches Lachen nicht. Wir haben ein schönes Statement gehört: 'Nature gives it, nature takes it. There is nothing we can do about it.'" Auch die Hilfsbereitschaft untereinander und die selbstlose Hingabe der nepalesischen Helfer verlangen den Österreichern größten Respekt ab. "Die Nepali haben einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn und nehmen nur so viel, wie sie auch benötigen. Das ist mit ein Grund, warum die Verteilungen höflich, ruhig und respektvoll von statten gehen. Alles in allem sind wir fasziniert, wie die Menschen mit der Situation umgehen."

© privat

Tatjana Strolz und Peter Hercher arbeiten mit der Organisation "Yes Helping Hands" zusammen, da diese über die notwendigen Kontakte und Infrastruktur verfügt. "Wir - und auch andere Ausländer, welche Spenden sammeln - kaufen die benötigten Güter direkt beim Großhandel ein, und diese werden dann ausgeliefert." Alleine über ihre WhatsApp-Gruppe "Help Nepal", in der sie Freunden, Familie und Bekannten mehrmals täglich über die Situation vor Ort und ihr Wirken auf dem Laufenden halten, konnten bereits über 5.000 Euro gesammelt werden. Das Geld wird zu 100 Prozent in Hilfsgüter investiert.

Falls Sie den Helfern aus Vorarlberg in Nepal Unterstützung zukommen lassen möchten, schicken Sie ein E-Mail an: hammerschmied.beatrix@news.at

Kommentare

danke den beiden-ich bin zu alt, aber die menschheit hat wieder gesiegt

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