Milosevic-Prozess: Fortsetzung mit Völkermord-Beweisen

Anklage muss beweisen, dass Milosevic den Völkermord wollte SFOR sucht in bosnischer Stadt Pale nach Serbenführer Karadzic

Mit dieser Aussage hofft die Anklage ihren Standpunkt zu untermauern, dass Milosevic als damaliger Präsident Serbiens auch die Ermordung und Vertreibung bosnischer Moslems steuerte.

Alle von ihm zusammengetragenen Informationen besagten, dass Milosevic der Chef der Delegation gewesen sei und bei ihm alle Fäden zusammenliefen, sagte Zafirovic. Zwar seien die bosnisch-serbischen Verhandlungsführer offiziell von Radovan Karadzic geführt worden, doch hätten sich Mitglieder privat auf Milosevic als "Big Boss" oder "Big Daddy" bezogen. 1993 war Milosevic serbischer Präsident. Er hat wiederholt bestritten, während des Bosnienkrieges zwischen 1992 und 1995 Einfluss auf die bosnischen Serben gehabt zu haben.

Die Zeugen sind am Wort
In den bisher 281 Prozesstagen hat sich das UNO-Tribunal hauptsächlich mit Milosevic' Verstrickung in den Kroatienkrieg und in den Kosovo-Konflikt befasst. Hier wirft ihm die Anklage Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor. In den 16 Tagen, die der Staatsanwaltschaft verbleiben, sollen vor allem Zeugen zu Wort kommen, die Milosevic als treibende Kraft im Bosnienkrieg von 1992 bis 1995 mit mehr als 200.000 Toten darstellen sollen. Die Anklage muss nicht nur nachweisen, dass es einen Völkermord gab, sondern auch, dass Milosevic diesen wollte.

Suche nach Karadzic
Einen Tag nach dem offiziellen Ende einer dreitägigen Suchaktion nach dem mutmaßlichen Kriegsverbrecher Radovan Karadzic in Bosnien-Herzegowina haben Soldaten der NATO-Friedenstruppe ihre Razzia fortgesetzt. Bei der Durchsuchung eines Hauses in Pale, das Karadzic während des Bosnienkriegs bewohnte, wurden am Dienstag Unterlagen sichergestellt. Die Aktion sei aufgrund von Informationen, die über das Wochenende eingegangen seien, nötig geworden, sagte Oberst David Sullivan, ein Sprecher der Friedenstruppe.

Einige der sichergestellten Dokumente enthielten möglicherweise potenziell wichtige Informationen, sagte Sullivan. Karadzics Frau Ljiljana erschien zu Mittag vor dem durchsuchten Haus und beklagte, dass Soldaten bei ihrer Aktion in anderen Anwesen der Familie "Löcher in die Mauern" geschlagen und auch persönliche Dinge mitgenommen hätten. NATO-Sprecher Matthew Brock sagte, Frau Karadzic habe Entschädigung beantragt. Die Allianz werde sich deswegen mit ihr in Verbindung setzen.

Hinweise auf den Serbenführer
Während der Aktion in Pale, einer früheren Hochburg Karadzics, wurden Unterlagen beschlagnahmt, von denen sich die NATO Hinweise auf den Aufenthaltsort des Gesuchten erhofft. Darüber hinaus wurde eine nicht näher bezeichnete Menge Waffen und Munition sichergestellt. Die Razzia ging nach NATO-Angaben auf einen Hinweis zurück, dass sich Karadzic in der Gegend aufhalte.

Pale war während des Bosnien-Krieges von 1992 bis 1995 Sitz der bosnisch-serbischen Teilregierung. Gegen Karadzic und seinen einstigen Militärchef Ratko Mladic wurde 1995 vor dem UNO-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag Anklage wegen Völkermordes und Verbrechen gegen die Menschlichkeit erhoben. Beide sind seit Jahren untergetaucht. Es wird vermutet, dass sie sich im Osten von Bosnien oder in Serbien-Montenegro aufhalten.

(APA/red)