Prozessbeginn

Milenko M. zerstückelt und vergraben. Mordprozess startet überraschend emotional.

von Leiche im Wienerwald gefunden. © Bild: apa/Fohringer

Geht man von den DNA-Spuren aus, die vom Angeklagten sowohl im Keller, wo der Mord begangen worden sein soll, als auch am Leichensack und im Auto, in dem dieser transportiert worden sein dürfte, schien die Beweislast erdrückend. Doch davon ließ sich die Verteidigerin von Jozef E. keineswegs beeindrucken. Sie warf der Polizei schwere Ermittlungsfehler vor und gab an, ihr Mandant sei zum Zeitpunkt des Mordes gefesselt, geschlagen und mit einer Waffe bedroht worden. Dies habe ihn derart traumatisiert, dass er bis dato noch nicht ausgesagt hätte, lediglich beteuert habe, er sei unschuldig.

Laut Staatsanwaltschaft schlug E. seinem Bekannten M. am Vormittag des 30. März 2012 im Keller des Angeklagten mit einem Vorschlaghammer dreimal auf den Kopf - das Opfer war sofort tot. Die Leiche soll er anschließend in einen bereitliegenden Plastiksack gepackt, ihr aber vorher noch die Beine abgetrennt haben. Mit dem Auto von Milenko M. sei E. dann in den Wienerwald gefahren, um sich des Torsos zu entledigen. Danach fuhr der Beschuldigte schnurstracks nach Serbien. Der Wagen wurde erst drei Monate später gefunden.

Die Verteidigung brachte jedoch zwei Schwarzafrikaner ins Spiel, die sich zum Tatzeitpunkt ebenfalls im Keller aufgehalten haben sollen. Die beiden hätten ursprünglich vorgehabt das Auto von M. zu kaufen, stattdessen überfielen sie die zwei Serben. Der Plastiksack, in die die Leiche gewickelt wurde, habe E. nur gekauft, um sein Boot abzudecken, dass er in Serbien besaß.

Die beinlose Leiche von Milenko M. wurde im April 2012 in einem Waldstück nahe Gablitz (Bezirk Wien-Umgebung) von einem Spaziergänger entdeckt. Jozef E. muss sich daher nicht nur wegen Mordes, sondern auch wegen Störung der Totenruhe verantworten. Die Verhandlung wurde am Vormittag mit Zeugeneinvernahmen fortgesetzt.

"Und das soll ich gesagt haben?"

Vorhalte aus Einvernahmeprotokollen, Zeugenaussagen und sogar Rufdatenrückverfolgung - der 62-jährige Jozef E. wusste auf alles eine Antwort bzw. schüttelte permanent den Kopf. "Und das soll ich gesagt haben?", bekam Richterin Susanne Lehr am Mittwoch im Wiener Straflandesgericht einige Male zu hören. Selbst die Tatsache, dass E. bereits zwei Wochen vor dem Auffinden der Leiche von deren Identifizierung erzählte, zog der Angeklagte in Zweifel.

Viel Geduld und gute Nerven wurden nicht nur der Vorsitzenden abverlangt. E. schilderte in allen Details, wie er und sein "bester Freund" Milenko M. von zwei Schwarzafrikanern brutal überfallen worden waren. Der 62-Jährige sei in der Wohnung mit einem Draht gefesselt und von einem der Unbekannten immer wieder geschlagen worden. Der Gerichtsmediziner bekam während der Verhandlung sogar die Narben zu sehen, die man dem Beschuldigten angeblich zugefügt hatte.

Jedenfalls sei er an diesem 30. März 2012 dermaßen geschockt und in Angst gewesen, dass er sich nach dem Überfall ins Auto von Milenko M. setzte und nach Serbien fuhr. Erst am Folgetag habe E. mit der Ehefrau seines Freundes telefoniert und ihr dabei versichert, er wisse nicht, wo sich M. aufhalte.

Sogar die Rufdatenrückerfassung seines Mobiltelefons erkannte E. als belastenden Beweis nicht an. Laut dieser habe er nämlich nach dem vermeintlichen Überfall durch die beiden Schwarzafrikaner und daraus resultierenden Todesangst noch mehrere Telefonate geführt, ehe er seine Fahrt nach Serbien antrat. "Nein, ich stand unter Schock. Ich konnte gar nicht reden."

So richtig eng wurde es für den Angeklagten, als Lehr ihm die Aussage seiner damaligen Freundin in Serbien ins Gedächtnis rief. Diese hatte angegeben, dass E. am 12. April 2012 zur Polizei zitiert worden war. Als er zurückkam, berichtete er, er habe die Leiche von Milenko M. identifizieren müssen, weil man dessen Ehefrau die grausamen Eindrücke ersparen wollte. Gefunden wurde die Leiche von M. allerdings erst am 26. April in einem Waldstück bei Wien. Doch auch dieser Vorhalt entlockte E. lediglich ein Kopfschütteln - und ein bereits durchaus bekanntes Statement: "Und das soll ich zu ihr gesagt haben?"

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