Lebensgefährten mit Messer getötet: Prozess gegen 40-Jährige in Linz

Angeklagte: Opfer habe sie an Selbstverletzung hindern wollen

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Fakten - Lebensgefährten mit Messer getötet: Prozess gegen 40-Jährige in Linz

Das bisherige Leben der Angeklagten war geprägt von Gewalt und Sucht: Schwere häusliche Gewalt durch den Vater sowie ihre bisherigen Partner, Alkoholkonsum seit sie 13 Jahre alt ist, Tablettensucht, phasenweise auch andere Drogen, unerfüllter Kinderwunsch und eine schwere Krankheit, immer wieder Selbstverletzungen. 2012 lernte sie in einem Entzugsprogramm das spätere Opfer kennen und lieben - der erste Mann, der sie nicht geschlagen hat und sich um sie kümmerte. Auch er hatte allerdings Alkoholprobleme.

Am 1. Juli des Vorjahres erhielt der 53-Jährige die Kündigung seines Dienstgebers. Er sei niedergeschlagen gewesen, sie habe aber versucht, ihn aufzubauen, berichtete die Frau. Dann wurde den Tag und den Abend über jede Menge getrunken. Kurz vor 3.00 Uhr soll sie ihm ein Küchenmesser mit 15 Zentimeter langer Klinge, mit dem sie zuvor Käse geschnitten hatten, in die Brust gestoßen haben. Anschließend rief sie Polizei und Rettung. Der Mann verblutete, die Frau ließ sich widerstandlos festnehmen. Es gab nur einen einzigen Stich. Keiner der beiden wies Abwehrverletzungen auf. Die Angeklagte hatte 1,96 Promille und große Mengen an Medikamenten bis hin zu Opiaten intus, das Opfer 2,82 Promille.

Die Angeklagte, die laut psychiatrischer Sachverständiger zurechnungsfähig ist, habe nicht planmäßig gehandelt, sondern eine Impuls-Tat gesetzt, so die Staatsanwältin. Sie könne zur Zeit vor und nach der Tat detaillierte Angaben machen, aber an den Messerstich selbst wolle sie sich nicht erinnern können.

Die Angeklagte tischte dann vor Gericht eine neue Version auf. Sie habe zuletzt "Flashbacks" gehabt und könne sich an Teile erinnern, an andere nicht. Sie erklärte die Tat folgendermaßen: Aufgrund ihrer Gewalterfahrungen ritzt sie sich seit Jahren. Der 53-Jährige habe immer wieder versucht, sie davon abzuhalten. So dürfte es auch in der Tatnacht gewesen sein, vermutet sie. Sie habe das Messer an ihrem Knöchel angesetzt, daran könne sie sich erinnern. Sie gehe davon aus, dass er es ihr entwenden wollte und bei dem Gerangel den Messerstich abbekommen habe.

Widersprüchliche Aussagen

Die Angaben der geladenen Zeugen vor Gericht widersprachen jenen der Angeklagten teilweise. Auf besonderes Interesse des Gerichts stieß die Aussage eines Polizisten, der in der Tatnacht im Einsatz war und eine merkwürdige Beobachtung gemacht hatte.

In einem unbeobachteten Moment während einer Rauchpause habe die 40-Jährige laut dem Beamten plötzlich - offenbar zu sich selbst - sinngemäß gesagt: "Mich bedroht keiner mehr. Das habe ich schon alles gehabt. Mit mir nicht." Dabei habe sie gegrinst. Als sie bemerkt habe, dass er ihr zusehe, sei sie wieder in ihr zuvor gezeigtes Verhalten, das er als "entrückt" beschrieb, zurückgefallen. Auch widersprach der Beamte ihrer Aussage, sie habe sich erst nach dem Eintreffen der Polizei umgezogen und gewaschen: "Das hätten wir ihr nicht gestattet." Die Angeklagte wies die Angaben des Polizisten als unwahr zurück.

Ebenfalls nicht ganz im Einklang mit den Aussagen der Angeklagten stand jene eines Bekannten des Paares: Er schilderte, dass die 40-Jährige regelmäßig Alkohol und Tabletten gemeinsam genommen habe. Sie hatte hingegen das Gegenteil behauptet und ihren wirren Zustand bzw. ihre Gedächtnislücken in der Tatnacht damit in Verbindung gebracht, dass sie trotz der vielen Medikamente getrunken habe.

Am Nachmittag standen noch die Gutachten des Gerichtsmediziners Fabio Monticelli und der Psychiaterin Adelheid Kastner am Programm. Ein Urteil dürfte erst im Juni gesprochen werden.

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