Claus Peymann: "Es
ging um Leben und Tod"

Dass er auferstanden ist, darf wörtlich genommen werden: Nach Monaten in der Intensivstation (es war nicht Corona) inszeniert Claus Peymann, der sich als Burgtheaterdirektor in die Geschichte eingeschrieben hat, an der Josefstadt Thomas Bernhards giftige Dramolette. Im Interview spricht er über Todesnähe, die Angst, zu enttäuschen, und das Versagen der Kulturpolitik in Corona-Zeiten.

von Kultur - Claus Peymann: "Es
ging um Leben und Tod" © Bild: Matt Observe

Viel hat nicht gefehlt, und der epochale Theatermann Claus Peymann wäre seinen großen Schauspielern, von denen kaum noch einer geblieben ist, in die finale Unsterblichkeit gefolgt: Anfang 2019, kurz vor seiner letzten Premiere im Akademietheater, brach er zusammen, lag dann Monate in der Intensivstation und musste wieder gehen lernen. Jetzt inszeniert er an der Josefstadt die hellsichtigen Dramolette Thomas Bernhards, mit dem er Geschichte geschrieben hat. Keiner hat das österreichische Theater mit solcher Radikalität erneuert und gleichzeitig auf seine Bestimmung zurückgeführt wie er als Direktor des Burgtheaters: Hier wurde österreichische Weltliteratur von Bernhard, Handke, Jelinek und Turrini auf den Weg gebracht.

Herr Peymann, ich bin glücklich, Ihnen gegenüberzusitzen, nachdem man schon das Schlimmste befürchten musste. Was ist Ihnen denn widerfahren?
Ich bin im Februar vor einem Jahr zusammengebrochen, drei Wochen vor der Premiere der "Stühle" im Akademietheater: Ein Herpes-Virus, das wir alle in uns tragen, hat sich zum Schrecken der Ärzte in den Kopf verkrochen und eine Gehirnhautentzündung verursacht, die mich zu einem monatelangen Aufenthalt in der Intensivstation des AKH gezwungen hat Die Ärzte waren erstklassig, ich würde Professor Staudinger und Professor Schellongowski gern danken. Man sagte mir, dass das Stadium, das ich erreicht hatte, vier von fünf Patienten nicht überleben. Dass ich der eine war, versteht sich von selbst: Wenn Sie Wien nicht erledigt hat, kann Ihnen kein Virus etwas anhaben. Ich war ohne Besinnung und erinnere mich an nichts. Jutta Ferbers und Leander Haußmann haben die Inszenierung dann ins Ziel gebracht, und ich höre, dass es die erfolgreichste Aufführung auch der Ära Kušej ist -es wurde in die neue Direktion übernommen und ist immer ausverkauft. Ich selbst habe es nicht gesehen, ich traue mich einfach nicht.

Haben Sie während der Zeit in der Intensivstation und während der langen Rehabilitation in Berlin um Ihr Leben gebangt?
Es ging um Leben und Tod, aber ich hatte kein Bewusstsein dafür. Bis heute bekreuzigen sich Leute in den Wiener Straßen, wenn sie mich sehen, weil sie glauben, ich bin ein Gespenst - weil der Peymann doch längst tot ist. Ich war sieben Monate außer Gefecht, und dann begann erst der Wiederaufbau. Meine Muskeln waren derart dezimiert, dass ich wieder gehen lernen musste.

Und jetzt Corona: Sie sind ja Zielgruppe römisch eins. Wie gehen Sie denn damit um?
Auch diesbezüglich übernehme ich die Rolle des Avantgardisten, aber jetzt blicke ich einmal neugierig wie ein Kind den Proben in der Josefstadt entgegen. Wir haben tolle Schauspieler, der Bühnenbildner und Maler Achim Freyer hat aus dem Josefstädter Theater einen wunderbaren Bühnenraum gezaubert, und Herbert Föttinger versteht sein Handwerk, er ist für Wiener Verhältnisse mutig. Mir hat sehr gefallen, wie er als Einziger auf den Unsinn und die Ignoranz der Gesundheitsbehörden und der Politik reagiert hat: wie ein Künstler, nicht wie ein Angestellter. Mich bestätigt das darin, dort gern zu arbeiten, auch wenn der Probenzeitraum bis zur Premiere am 17. September etwas knapp ist.

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