Keine Gnade beim Kindergeld: Schon über
500 Rückforderungsbescheide und 20 Klagen

Höchste Rückforderung 10.000, niedrigste 180 Euro Krankenkasse für rückwirkende Einschleifregelung<br>Experten: 'Im Zweifelsfall nicht zahlen, Anwalt fragen'

Der Obmann der Wiener Gebietskrankenkasse (WGKK) Franz Bittner plädiert indes dafür, die für die Kindergeldgesetzesnovelle geplante Einschleifregelung auch rückwirkend anzuwenden. Das bedeutet, dass Kindergeldbezieher, die über dem vorgeschriebenen Einkommenslimit gelegen sind, nicht mehr das gesamte Kindergeld, sondern nur mehr den überschrittenen Betrag zurückzahlen müssten.

79 Bescheide in Wien
In Wien wurden für das überprüfte Jahr 2002 bisher 79 Rückzahlungsbescheide versandt, weitere sind in Vorbereitung, so Bittner. Die Rückforderungssumme betrug für die Bundeshauptstadt insgesamt 86.285 Euro. Klagen seien bisher keine eingelangt, erklärte er im APA-Gespräch.

Die NÖ Gebietskrankenkasse hat bisher das Veranlagungsjahr 2002 geprüft - 180 Bescheide seien hinausgegangen, hieß es. Der Großteil davon - 80 bis 85 Prozent - waren Rückforderungsbescheide bezüglich des Zuschusses, der Rest betraf das Kinderbetreuungsgeld. Diese Größenordnung werde auch für die folgenden Jahre geschätzt. Um wie viel die Betroffenen über dem Limit lagen, lasse sich schwer sagen: Manche waren im Härtefallbereich (von 15 Prozent), andere knapp darüber, es gebe aber auch Fälle mit der doppelten Überschreitung.

Mindestwert 180 Euro
Im Burgenland hat die Gebietskrankenkasse (BGKK) die Überprüfung für das Jahr 2002 abgeschlossen. 48 Fälle wurden überprüft, in 26 davon wurden Bescheide ausgestellt und inzwischen auch schon zugestellt, erklärte Direktor-Stellvertreter Franz Winkovitsch gegenüber der APA. In Summe beliefen sich die Rückforderungen auf rund 30.000 Euro, wobei der Maximalwert knapp 3.000 Euro betrug, der Mindestwert belief sich auf 180 Euro. In 23 der 26 Fälle sei ausschließlich der Zuschuss betroffen gewesen, in drei Fällen muss das Kindergeld zurückgezahlt werden. Laut Winkovitsch seien zwei Klagen gegen die Rückforderung eingebracht worden. Für das Jahr 2003 liegen noch keine Zahlen vor, die Daten werden erst erhoben.

Die Oberösterreichische Gebietskrankenkasse prüft in 200 bis 250 Fällen. Das sei noch nicht abgeschlossen, wie sie auf APA-Anfrage mitteilte. Man wolle sich jeden einzelnen ganz genau anschauen. Da es sich um laufende Verfahren handle, könne auch noch nichts über Details gesagt werden. Nach dem Abschluss der Prüfungen sollen Bescheide verschickt werden. Es bleibe dabei bei dem Zeithorizont Ende August/Anfang September.

Maximalwert 10.000 Euro
Die Vorarlberger Gebietskrankenkasse (VGKK) hat die Überprüfung jener Eltern, die im Jahr 2003 die Zuverdienstgrenze beim Kindergeld überschritten haben, weitgehend abgeschlossen. Insgesamt stellte die VGKK 100 Bescheide auf Rückzahlung aus, in zehn Fällen ging es dabei um Kinderbetreuungsgeld. Bei den Übrigen handle es sich um Zuschüsse, informierte die Krankenkasse in einer Aussendung.

Durchschnittlich lägen in Vorarlberg die Rückzahlungsforderungen zwischen 1.500 und 2.000 Euro. Der Maximalfall einer Rückzahlungsvorschreibung von 10.000 Euro betreffe einen Kindergeld-Empfänger, der einen "Eliteberuf" ausübe und die Zuverdienstgrenze um ein Mehrfaches überschritten habe, hieß es seitens der VGKK. Laut Weisung des Wirtschaftsministeriums würden auch Bezieher des Karenzgeldes - Vorläufer des Kinderbetreuungsgeldes - überprüft. Hier rechnete die VGKK besonders für die Zeit von 2002 bis 2003 mit weiteren Rückzahlungsforderungen.

Kritik von SPÖ, Grünen und BZÖ
Die jüngsten Zahlen zu den Kindergeld-Rückforderungen haben heftige Kritik seitens der SPÖ, der Grünen und des BZÖ hervorgerufen. Die SPÖ sprach sich angesichts des "Chaos" erneut für die Einführung einer Arbeitszeitreduktion statt der betragsmäßigen Zuverdienstgrenze aus. Die Grünen kritisierten Familienministerin Andrea Kdolsky, die der "chaotischen Situation wortreich, aber tatenlos" zusehe. Das BZÖ erklärte, Klagen in Sachen Rückforderungen laufend zu unterstützen.

Das Reduzieren der Arbeitszeit und die diesbezügliche Bestätigung des Arbeitgebers sei eine klar nachvollziehbare Regelung, meinte SPÖ-Familiensprecherin Andrea Kuntzl in einer Aussendung. Die von der SPÖ propagierte Arbeitszeitreduktion wurde vom Familienministerium bis dato abgelehnt mit der Begründung, diese sei nicht administrierbar.

Für eine Vereinfachung der Berechnung der Zuverdienstgrenze plädierte die Grüne Familiensprecherin Sabine Mandak in einer Aussendung. Grundsätzlich treten die Grünen für die komplette Abschaffung des Einkommenlimits ein und wollen ein einkommensabhängiges Karenzmodell.

Das BZÖ erklärte, weiter die von Kindergeldrückzahlungen betroffenen Familien zu unterstützen. "Wir haben bis jetzt über 100 Anfragen aus ganz Österreich. Ein Großteil davon bezieht sich auf den Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld. Alle Fälle werden von unseren Rechtsanwälten geprüft", so BZÖ-Familiensprecherin Ursula Haubner in einer Aussendung. "Die relevanten Bescheide werden mit Einverständnis der Betroffenen laufend beim Arbeits- und Sozialgericht eingeklagt beziehungsweise sind bereits eingeklagt worden", erklärte die ehemalige Sozialministerin. (apa/red)