Kanzler Gusenbauer tritt ohne Molterer auf:
Verteidigt vor Ministerrat EU-Linie der SPÖ

Wirft Partner ÖVP vor, die Gespräche zu verweigern Minister beider Regierungsparteien gegen Neuwahlen

Kanzler Gusenbauer tritt ohne Molterer auf:
Verteidigt vor Ministerrat EU-Linie der SPÖ

Eine Volksabstimmung müsse es lediglich über neue EU-Verträge geben, deren Tragweite mit jener des Vertrags von Maastricht oder Lissabon zu vergleichen sei, betonte Gusenbauer. Dies gelte keinesfalls für den kroatischen EU-Beitritt (der ebenfalls vom österreichischen Parlament abgesegnet werden muss, Anm.), versicherte der Kanzler unisono mit dem designierten SP-Chef Werner Faymann. Dieser versicherte beim Eintreffen zur wöchentlichen Regierungssitzung, er bleibe, was die Haltbarkeit der Regierung angeht, Optimist. Auch der Bundespräsident sei nicht für Neuwahlen, dies entspreche ganz seiner Meinung. Außerdem hält Faymann bei allen anstehenden Themen inklusive Pflegegeld gemeinsame Lösungen mit der ÖVP für möglich.

ÖVP lehnt angebotenen Gesprächstermin ab
Gusenbauer warf dem Koalitionspartner in diesem Zusammenhang allerdings vor, von der SPÖ angebotene Gesprächstermine abgelehnt zu haben. Stattdessen habe die ÖVP ein seit längerem geplantes Spitzengespräch zu Pflege, Gesundheitsreform und Mindestsicherung "in einen sogenannten Koalitionsausschuss umgewandelt, den es eigentlich gar nicht gibt", um dort das Volksabstimmungsthema zu besprechen, kritisierte der Kanzler. Einen Termin zur Fortsetzung dieses Koalitionsausschusses gibt es laut Gusenbauer nicht.

Kalt lässt Gusenbauer weiterhin die Kritik von Bundespräsident Heinz Fischer am Europa-Schwenk der SPÖ. Fischer habe darauf hingewiesen, dass es Fälle gebe, wo die Verfassung zwingend eine Volksabstimmung vorsehe, dass dies beim Vertrag von Lissabon aber nicht der Fall sei, und dass es dem Parlament frei stehe, in allen anderen Fragen Volksabstimmungen zu beschließen. "Er hat das gesagt, was richtig ist, und ich teile seine Meinung", so Gusenbauer. Dass er das Staatsoberhaupt nicht von der EU-Entscheidung vorab informiert hat, verteidigte der Kanzler. Man werde weiterhin mit allen Staatsorganen den Dialog führen, "aber dass die SPÖ irgendwo um Erlaubnis fragen muss, das ist in der Bundesverfassung nicht vorgesehen".

Keine Neuwahlen in Sicht
An Neuwahlen glaubt Gusenbauer nicht. Der Kanzler auf die Frage, wie lange die Regierung angesichts ihrer derzeitigen Situation noch weitermachen will: "Das geht so lange, bis dass es Gemeinsamkeiten zu verkaufen gibt." Sozialminister Erwin Buchinger plädierte vor dem Ministerrat ebenfalls gegen Neuwahlen und warf der ÖVP vor, den Absprung aus der Regierung vorzubereiten. Bei der SPÖ sei das dagegen nicht der Fall, "zumindest nicht von Personen in verantwortungsvollen Positionen".

Freilich versicherten auch die ÖVP-Minister weiterhin arbeiten zu wollen. So betonte etwa Wirtschaftsminister Martin Bartenstein, für ihn seien Neuwahlen kein Thema. Angesichts der roten Absage an eine Abstimmung über den Kroatien-Beitritt belustigte sich der VP-Minister allerdings über den "nächsten Umfaller der SPÖ". Neo-Innenministerin Maria Fekter wolle die Neuwahlspekulationen nicht beurteilen und betonte, ihr Ressort brauche auch eine gute Führung, wenn die Regierung nur noch für kurze Zeit halten sollte. Außerdem zeigte sie sich einmal mehr überzeugt, auch nach der nächsten Wahl Innenministerin zu bleiben.

(apa/red)