Kanada stoppt Waffenlieferungen an Israel

von Kanada stoppt Waffenlieferungen an Israel © Bild: APA/APA/AFP/BRENDAN SMIALOWSKI

Kanadas Außenministerin Joly kündigte Stopp von Waffenlieferungen an

Kanada hat einen Stopp ihrer Waffenlieferungen an Israel angekündigt. Außenministerin Melanie Joly gab die Entscheidung am Dienstag (Ortszeit) gegenüber der Zeitung "Toronto Star" bekannt. Israel reagierte auf die Entscheidung mit scharfer Kritik. Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu sagte indes, dass die umstrittene Invasion in Rafah "noch etwas Zeit brauchen" werde. US-Außenminister Antony Blinken begann am Donnerstag eine neue Nahost-Tournee.

Die Situation an Ort und Stelle erlaube es nicht mehr, Waffen an Israel zu exportieren, hieß es aus Regierungskreisen in Ottawa. Die von Kanada seit Beginn des Krieges zwischen Israel und der islamistischen Hamas vor fünf Monaten erteilten Genehmigungen für den Verkauf von Waffen hätten nur die Ausfuhr nicht tödlicher Waffen betroffen. Seit Jänner habe es keine Exporte mehr gegeben. In der Vergangenheit war Israel einer der Hauptempfänger kanadischer Waffenexporte.

Israel Außenminister Israel Katz übte heftige Kritik an der Entscheidung Kanadas. Er erklärte, der Schritt "untergräbt Israels Recht auf Selbstverteidigung gegen Hamas-Terroristen". Die Geschichte werde über Kanadas gegenwärtiges Vorgehen harsch urteilen, schrieb Katz im Onlinedienst X (ehemals Twitter).

Vor dem Hintergrund von Verstimmungen zwischen Israel und den USA wegen des Gaza-Kriegs reist der israelische Verteidigungsminister Yoav Gallant kommende Woche in die die US-Hauptstadt Washington, bestätigte die israelische Regierung am Mittwoch. Zuvor hatte das Büro von Regierungschef Benjamin Netanyahu erklärt, eine israelische Delegation werde "auf Bitte von US-Präsident Joe Biden" Washington besuchen, um über die geplante israelische Offensive in der Stadt Rafah im südlichen Gazastreifen zu beraten.

Die Pläne Israels zu einer groß angelegten Bodenoffensive in Rafah werden von den USA kritisiert. US-Präsident Biden hatte zuvor den Druck auf Israel in dieser Frage erhöht. In einem Telefonat mit Netanyahu bezeichnete Biden eine Offensive in Rafah als einen "Fehler", hieß es vom Weißen Haus.

Netanyahu berichtete am Mittwoch in einer Videoansprache von seinem Telefonat mit Biden. Er habe dem US-Präsidenten gesagt: "Es ist unmöglich, den Sieg zu vollenden, ohne dass die israelische Armee nach Rafah eindringt, um die Überreste der Bataillone der Hamas auszuschalten. Netanyahu wiederholte, er habe den Einsatzplan der Armee für Rafah bereits genehmigt, "und bald werden wir auch den Plan zur Evakuierung der Zivilbevölkerung aus den Kampfgebieten genehmigen". Zu seinem Verhältnis mit Biden sagte Netanyahu: "Am Anfang waren wir uns einig, dass die Hamas zerstört werden muss. Aber während des Krieges - das ist kein Geheimnis - gab es Meinungsverschiedenheiten zwischen uns über den besten Weg, dieses Ziel zu erreichen."

In der Stadt im Süden des Gazastreifens haben nach Schätzungen mittlerweile rund 1,5 Millionen Menschen vor den Kämpfen in anderen Teilen des Küstengebiets Zuflucht gesucht. Dort befindet sich auch der Grenzübergang zu Ägypten, über den Hilfslieferungen in den Gazastreifen gelangen und unter anderem Verwundete das Gebiet verlassen können.

Die USA wollen Israel einem Medienbericht zufolge Alternativen zu einer Bodenoffensive in Rafah aufzeigen. Die Regierung von US-Präsident Biden wäge mehrere Optionen ab, berichtete das Nachrichtenportal "Axios" am Dienstag unter Berufung auf zwei US-Beamte. Eine Idee sei, eine Militäroperation in Rafah zu verschieben und sich auf die Stabilisierung der humanitären Lage im Norden des umkämpften Küstengebiets zu konzentrieren. Ein solcher Plan würde auch den Bau von Unterkünften für die aus Rafah zu evakuierende Zivilbevölkerung beinhalten, hieß es. Ziel sei, das Risiko zu verringern, dass es bei einer Invasion in Rafah zu massiv vielen Opfern kommt.

Eine andere Idee sei es, sich in einer ersten Phase auf die Sicherung der ägyptischen Seite der Grenze zu konzentrieren, hieß es. Dies wäre Teil eines gemeinsamen Plans der USA, Ägyptens und Israels, Tunnel der islamistischen Hamas unter der Grenze zu zerstören und eine Infrastruktur zu schaffen, die den Waffenschmuggel in den Gazastreifen verhindert, berichtete "Axios" unter Berufung auf US-Beamte weiter.

Netanyahu wird laut dem "Axios"-Bericht seinen Minister für strategische Aufklärung, Ron Dermer, und Sicherheitsberater Tzachi Hanegbi unabhängig von dem USA-Besuch von Verteidigungsminister Gallant Anfang nächster Woche zu den Gesprächen nach Washington schicken. Ein für humanitäre Fragen zuständiger Beamter der israelischen Streitkräfte wird mit ihnen reisen. Der Delegation würden aber entgegen der Forderung der USA keine Offiziere der Armee angehören, die für die militärische Planung des Einsatzes in Rafah zuständig sind, hieß es.

US-Außenminister Blinken traf am Mittwoch Jeddah ein, um dort den saudiarabischen Kronprinz Mohammed bin Salman zu treffen. Für Donnerstag ist ein Besuch in Ägypten geplant, für Freitag einer in Israel. Letzterer wurde erst bei der Ankunft Blinkens in Saudi-Arabien bekannt gegeben. Es handelt sich bereits um die sechste Nahost-Reise des US-Außenministers seit Kriegsbeginn Anfang Oktober.

Israels Armee setzte unterdessen eigenen Angaben zufolge ihren Einsatz im Shifa-Krankenhaus in der Stadt Gaza gegen Hamas-Kämpfer fort. "Bisher haben die Truppen in der Gegend etwa 90 Terroristen getötet", teilte das Militär am Mittwoch mit. Zudem hätten Einsatzkräfte 160 Verdächtige festgenommen und zur weiteren Befragung nach Israel gebracht, hieß es in einer Erklärung der Armee weiter. 300 Menschen seien zudem vor Ort befragt worden.

Israelische Truppen waren in der Nacht zum Montag erneut in das größte Spital des Gazastreifens eingerückt, um dort eigenen Angaben nach gegen die Hamas und ihre Infrastruktur vorzugehen. Bei dem Einsatz wurden Armeeangaben zufolge bisher auch zwei israelische Soldaten getötet. Israelische Soldaten waren bereits Mitte November in das Shifa-Spital eingedrungen. Sie fanden damals dort eigenen Angaben zufolge auch einen Tunnelkomplex der Hamas. Israel wirft der radikalen Palästinenserorganisation vor, Zivilisten und Patienten als menschliche Schutzschilde zu missbrauchen. Die Hamas dementiert, Spitäler für militärische Zwecke zu nutzen.

Der Krieg im Gazastreifen war durch den beispiellosen Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober ausgelöst worden, bei dem nach israelischen Angaben etwa 1.160 Menschen ermordet sowie rund 250 weitere als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt wurden. Israel geht seither massiv militärisch im Gazastreifen vor. Dabei wurden nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gaza-Gesundheitsministeriums, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, bisher mehr als 31.800 Menschen getötet.