Neues von Lüssel, Laider,
Lasser, Wartenstein

(vom 27.2.2014)

Eurofighter. Die NEWS-Story über millionenschwere Dunkelmänner, Teil 2: Ein Berater cashte 6,5 Millionen Euro nur für Haider-Lobbying.

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Der NEWS-Bericht über den geheimen Prüfbericht der internationalen Anwaltskanzlei Clifford Chance über das österreichische Eurofighter-Geschäft schlug vorige Woche ein wie eine Boden-Luft-Rakete. Denn die peniblen Prüfer hatten Unterlagen gefunden, aus denen hervorgeht, dass der Jet-Hersteller EADS an die bislang völlig unbekannte Firma "City Chambers Limited“ rund acht Millionen Euro bezahlt haben soll. Die spärlichen Unterlagen, welche die Leistungen von "City Chambers“ dokumentieren sollten, ließen die Wogen erst recht hochgehen. Denn in den "activity reports“ von "City Chambers“, die bei EADS noch sichergestellt werden konnten, wurden Leistungen für Lobbying mit einem "Dr. W. Lüssel“, einem "Dr. J. Laider“, einem "K.H. Lasser“ und einem "Mr. Wartenstein“ niedergeschrieben.

Mit wenig Fantasie lassen sich diese Namen den damals für den milliardenschweren Jet-Kauf zuständigen Politikern Wolfgang Schüssel, Jörg Haider, Karl-Heinz Grasser und Martin Bartenstein zuordnen.

Der geheime Lobbyist.

Die Fäden hinter der ominösen Londoner Firma "City Chambers Limited“, die zwischenzeitig längst gelöscht wurde, laufen beim österreichischen Unternehmensberater Dr. Herbert W. zusammen.

W. hat sich nach der NEWS-Enthüllung den bekannten Medienberater Werner Beninger von der Agentur "milestones“ als Sprachrohr genommen. Gegenüber NEWS spricht Beninger nun erstmals über die Tätigkeit seines Klienten für den EADS-Konzern.

Gleich vorweg: Beninger bestätigt, dass Dr. W. für EADS in Sachen Eurofighter tätig war. Der Auftrag von W. habe sich darauf beschränkt, zu verhindern, dass der damalige Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider, von dessen Wohlwollen die schwarz-blaue Koalition abhängig war, den Eurofighter-Deal platzen lässt.

W. sei es gelungen, den Jet-Deal erfolgreich bis zur Auslieferung der Flugzeuge zu begleiten. Und Haider habe das Geschäft - obwohl er einst sogar plakatieren ließ "Jörg Haider stoppt die Eurofighter“ - auch nicht verhindert.

Geld an Haider sei dabei keines geflossen.

Und überhaupt habe Dr. W. keine acht Millionen Euro (wie ursprünglich vertraglich vereinbart), sondern "nur“ rund 6,5 Millionen Euro erhalten, da die Erfolgsprämie für "City Chambers“ nach der Reduktion der Stückzahl von 18 auf 15 Jets aliquot gekürzt worden sei. Überhaupt stelle sich vieles anders dar, als es der Clifford-Chance-Prüfbericht vermuten lasse.

Gefälschte EADS-Belege?

So würden die bei EADS sichergestellten "activity reports“ und Terminkalender (die den Namen von Dr. W. tragen) jedenfalls nicht von seinem Klienten stammen, so Beninger: "Einen derartigen Kalender wie er im Prüfbericht enthalten ist, hat es in der Firma meines Klienten nie gegeben.“ Was nur einen Schluss zulässt: Entweder Beningers Klient sagt die Unwahrheit - oder die Prüfer haben bei EADS Unterlagen sichergestellt, die gefälscht sind.

Die "Lüssel-, Lasser-, Laider- und Wartenstein-Berichte“ seien jedenfalls nicht von Dr. W. erstellt worden.

Wohl sei Dr. W. bei den Staatsbesuchen von Heinz Fischer in Indien und von Wolfgang Schüssel in China mit dabei gewesen, selbst bei einem Charity-Dinner Haiders bei der Seebühne sei Dr. W. anwesend gewesen - die von Clifford Chance publizierten Berichte über diese Treffen hätte W. aber nie verfasst und auch nie zu Gesicht bekommen.

Und auch die dem Prüfbericht beigelegten Terminkalender, die Treffen von Dr. W. mit Militärs und Politikern an der Milchbar des Parlaments belegen sollen, würden nicht von seinem Klienten stammen.

Beninger: "Mein Klient war in seinem Leben nur zwei Mal im Parlament. Es wäre ja grundsätzlich auch sinnwidrig derartige Treffen an solch öffentlichen Plätzen abzuhalten. In der Firma meines Klienten wurde ausschließlich mit einem handschriftlich geführten Tischkalender gearbeitet. Die im Prüfbericht behaupteten Treffen gab es nie.“

Die Unterschrift des Inders.

Viele der von Clifford Chance sichergestellten Dokumente von "City Chambers“ tragen die angebliche Unterschrift von dessen damaligem "director“ Rajni Mehta. Das Problem: Mehtas Unterschrift sieht beinahe jedes Mal anders aus. Nur zwei Unterschriften im gesamten Clifford-Chance Prüfbericht gleichen Mehtas notariell beglaubigter Unterschrift, die NEWS vorliegt.

Was noch auffällt: Viele angebliche Dokumente von "City Chambers“ wurden EADS per E-Mail übermittelt. Und zwar ausschließlich von den E-Mail-Adressen "city-chamber@hotmail.com“ und "city_chambers1@hotmail.com“.

Beninger: "Meinem Klienten sind diese E-Mail-Adressen unbekannt.“

Was mit dem Geld geschah.

Dr. W. könne auch nachweisen, dass von ihm kein Geld an Politiker, Militärs oder Entscheidungsträger geflossen sei. Er hätte bei diversen Projekten - nachvollziehbare - Verluste erlitten. Dafür sei das millionenschwere Honorar verwendet worden.

NEWS-Recherchen zufolge verfügt Dr. W. über familiäre Bindungen zur SPÖ. Sein Vater war einst SP-naher Manager in Kärnten. Schon seit den 90er Jahren hatte W. aber auch ein privilegiertes Naheverhältnis zu Jörg Haider - was in der Branche bekannt gewesen sei.

An den EADS-Auftrag dürfte W. über Vermittlung des ÖVP-nahen Waffenhändlers Peter M. gekommen sein. M. kannte das belastbare Naheverhältnis von Dr. W. zu Jörg Haider und brachte ihn mit den zuständigen EADS-Managern zusammen. Folglich wurde in einem Vertrag zusätzlich zu einer monatlichen Vergütung von 15.000 Euro eine Erfolgsprämie von ursprünglich noch 100 Millionen Schilling (7,2 Millionen Euro) vereinbart.

Immer, wenn Haider von Kärnten aus den Eurofighter-Deal attackierte, wurde W. in Bewegung gesetzt, um Haider wieder einzufangen. Ein Unterfangen, das bis zum Schluss auch von Erfolg gekrönt war.

Was auffällt: In just jenen Zeitraum fällt auch die Finanzierung von Haiders Vorzeigeprojekt "Lakeside-Park“, das EADS vier Millionen Euro wert war. Eine "Lakeside-Stiftung“ wurde im Jänner 2006 gegründet, eingebunden in die Finanzierung war auch der italienische Anlagebetrüger Gianfranco L. Die vier Millionen Euro flossen auf ein Konto bei der Hypo Alpe Adria. Derzeit sind die zuständigen Strafverfolgungsbehörden noch mit der Klärung der Sachlage in diesem Fall beschäftigt.

Tatsache ist jedoch: Diese vier Millionen Euro für Haiders Lieblingsprojekt kamen weder aus dem Lobbying-Honorar von Dr. W. noch aus dessen Schatulle.

Summiert man Dr. W.s Honorar und die Kosten für das Lakeside-Projekt, so war dem Jet-Lieferanten das Ruhigstellen des Kärntner Landeshauptmanns zumindest zehn Millionen Euro wert. Bezahlt haben das letztlich die Steuerzahler.

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