Jihadisten-Prozess: Zwei Paare in Graz vor Gericht

Bosnisches Ehepaar nicht zur Verhandlung erschienen

von

Eigentlich hätten sechs mutmaßliche Jihadisten am Donnerstag im Grazer Straflandesgericht auf der Anklagebank sitzen sollen, doch ein Ehepaar aus Bosnien ist nicht gekommen. Den beiden anderen Paaren wird Beteiligung an einer terroristischen Organisation, kriminelle Vereinigung und Quälen und Vernachlässigen von Unmündigen vorgeworfen, weil sie mit den Kindern nach Syrien gezogen sind.

Die sechs Angeklagten - alle bosnischer Abstammung, vier sind aber österreichische Staatsbürger - waren in einem Glaubensverein aktiv. Dort wurde laut Staatsanwalt eine "systematische grundlegende Abwertung der Republik Österreich in ihren Werten" betrieben und eine "staatsfeindliche Verbindung aufgebaut". Doch die Ablehnung des Staats sei nicht konsequent betrieben worden, denn "Kindergeld, Arbeitslosengeld und Pension werden genommen", so der Staatsanwalt.

Im Dezember 2014 kamen die drei Paare mit insgesamt zwölf Kindern im Alter bis - damals - 14 Jahren über die Türkei nach Syrien und bezogen dort Wohnungen, die ihnen von der Terrororganisation "Islamischer Staat" (IS) zugewiesen wurden. "Der IS hat auch Familien gebraucht, um soziale Strukturen aufzubauen", erläuterte der Staatsanwalt. "Keine der Frauen hat zu ihrem Mann gesagt, du nimmst meine Kinder nicht mit in den Bürgerkrieg", prangerte der Ankläger ganz besonders an.

Die Männer besuchten einen Scharia-Kurs und erhielten eine Kampfausbildung, die Kinder sollen gezwungen worden sein, sich Videos von Hinrichtungen anzuschauen. Einem der Angeklagten (38), einem passionierten Jäger und mutmaßlichen Scharfschützen, wird außerdem vorgeworfen, Männer als Kämpfer ausgebildet und einen Mann durch einen Brustschuss schwer verletzt zu haben.

Als sich in Syrien herausstellte, dass doch nicht alles so rosig war wie erhofft, flüchteten die drei Paare im April 2016 in die Türkei, von wo sie nach Österreich und Bosnien abgeschoben wurden. Die Österreicher wurden sofort verhaftet, die Bosnier tauchten offenbar unter.

Der 38-Jährige fühlte sich schuldig, dem IS angehört und seine Kinder gequält zu haben, leugnete aber, eine Kampftruppe geführt oder jemanden angeschossen zu haben. Der zweite Mann (49), der in Syrien verletzte IS-Kämpfer massiert und betreut haben soll, gab zwar das Quälen der Kinder zu, leugnete aber seine Zugehörigkeit zur Terrororganisation. Die Frau des vermeintlichen Scharschützens fühlte sich in keiner Weise schuldig, die zweite Ehefrau dagegen in allen Punkten.

Kommentare