Italien-Wahl - Frauen-Power im Parlament wird steigen

Neues Gesetz beschert Rekordanteil an Frauen auf den Wahllisten

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Es ist daher zu erwarten, dass das neue Parlament, das am 4. März gewählt wird, eine Rekordzahl an Mandatarinnen aufweisen wird. Zu den Spitzenkandidaten zählt die scheidende Präsidentin der Abgeordnetenkammer Laura Boldrini, die für das Linksbündnis "Gleich und frei" (Liberi e uguali - LeU) antritt. Die 56-Jährige wird wegen ihrer Appelle zur Aufnahme und Integration von Migranten in rechten Kreisen immer wieder scharf kritisiert und im Internet verunglimpft. Boldrini erhält auch laufend Morddrohungen auf ihrer Facebook-Seite. Erst vorige Woche hatten Anhänger der ausländerfeindlichen Lega im lombardischen Busto Arsizio eine Puppe mit Boldrinis Gesichtszügen in Brand gesteckt.

Zu Boldrinis schärfsten Kritikern zählt die Chefin der postfaschistischen Gruppierung "Brüder Italiens" (Fratelli d ́Italia - FdI), Giorgia Meloni. Die Ex-Jugendministerin der Regierung Berlusconi (2008-2011) will sich als Marine Le Pen Italiens profilieren. Ihre Partei ist das dritte Standbein im Mitte-rechts-Bündnis um Ex-Premier Berlusconi. Die 41-jährige Römerin macht kein Hehl daraus, dass sie gern zur ersten Premierministerin Italiens aufrücken würde. Chancen hat sie kaum.

Klein und zierlich wirkt die Blondine mit den blauen Augen. Die gebürtige Römerin aus dem Arbeiterviertel Garbatella wettert unermüdlich gegen illegale Einwanderung, zu hohe Steuern und die Brüsseler Technokratie. Ihre Partei spielt zwar im Vergleich zu Le Pens Front National noch keine bedeutende Rolle, Meloni ist jedoch eine der bekanntesten Politikerinnen des Landes und könnte eine wichtige Rolle in einer Mitte-rechts-Regierung einnehmen.

Mit Interesse beobachtet die Politik das "Damenduell" im Wahlkreis Bozen/Unterland. Hier misst sich die Südtiroler Parlamentarierin und Berlusconi-Vertraute Michaela Biancofiore mit der Spitzenpolitikerin der Regierungspartei Partito Democratico (PD), Staatssekretärin Maria Elena Boschi. Diese kann dank der Allianz des PD mit der Südtiroler Volkspartei mit einem klaren Sieg im Einmann-Wahlkreis rechnen.

In Italiens Politik ist schon seit der vergangenen Legislaturperiode eine "rosa Revolution" im Gange. Aus den Parlamentswahlen 2013 war dank des unerwartet großen Wahlerfolgs der Protestbewegung "Fünf Sterne" um den Starkomiker Beppe Grillo das jüngste Parlament aller Zeiten mit der höchsten Zahl an Frauen in der republikanischen Geschichte des Landes hervorgegangen. 31 Prozent der Parlamentarier sind Frauen, was zwar im Vergleich zu den skandinavischen Ländern mit Frauenquoten von weit über 40 Prozent nicht gerade umwerfend, für Italien jedoch bedeutsam ist. In der vorletzten Legislaturperiode lag der Prozentsatz der Frauen im römischen Parlament lediglich bei 20 Prozent.

Italienische Frauen spielen auch in der Wirtschaft verstärkt Schlüsselrollen. Seit 2015 müssen börsennotierte Gesellschaften und Unternehmen mit staatlicher Beteiligung Frauen bei der Erneuerung ihrer Aufsichtsräte 30 Prozent der Sitze sichern. Unternehmen, die sich nicht an diese Vorschriften halten, drohen Strafen bis zu einer Million Euro und sogar die Auflösung des Aufsichtsrats. Dies hat vielen Managerinnen den Zugang zu Schlüsselpositionen verschafft.

Vieles bleibt noch zu tun. Auch in Italien tobt inzwischen die #MeToo-Debatte über das Problem sexistischer Belästigungen. 130 italienische Journalistinnen, darunter mehrere bekannte TV-Moderatorinnen, haben ein Manifest zur Bekämpfung sexueller Belästigung und Übergriffe am Arbeitsplatz unterzeichnet. Sie folgen damit dem Beispiel italienischer Schauspielerinnen.

"Ein tiefer Wandel ist in jedem Bereich unserer Gesellschaft notwendig", betonten die Journalistinnen, zu denen bekannte Moderatorinnen der öffentlich-rechtlichen TV-Anstalt und Kommentatorinnen angesehener Tageszeitungen zählen. Sie kritisierten ein "Kultursystem, das Frauen diskriminiert, beleidigt und benachteiligt". Sexuelle Nötigung sei lediglich die "brutale Spitze eines Eisbergs". Gehaltsunterschiede zwischen Männern und Frauen sowie Hürden bei der Karriere seien allgegenwärtig.

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