Holocaust-Experte warnt Polen vor Verfälschung der Geschichte

Historiker Silberklang kritisiert "anti-demokratisches" Gesetz

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"Das ist ein antidemokratisches Gesetz, dessen Ziel es ist, die Geschichte umzuschreiben", sagte David Silberklang der Deutschen Presse-Agentur dpa.

"Es wird die Polen nur beflecken, nicht weißwaschen." Das Gesetz werde "eine offene Diskussion über das Verhalten des polnischen Volkes während der Nazibesatzung verhindern" und sollte daher nicht abschließend gebilligt werden, sagte der Forscher.

Die umstrittene neue Strafvorschrift sieht vor, dass die historisch falsche Bezeichnung "polnische Todeslager" künftig mit Geldstrafen oder Gefängnis bis zu drei Jahren bestraft werden kann. Das Gleiche gilt zugleich für jede "im Widerspruch zu den Fakten stehende" Schuldzuweisung an Polen für deutsche Vernichtungslager der Nazis im besetzten Polen während des Zweiten Weltkriegs.

"Soweit ich weiß, gab es zwar keine polnischen Wächter in Vernichtungslagern", sagte Silberklang. "Es gab aber viele Übergriffe von Polen auf Juden - teilweise in Zusammenarbeit mit den Deutschen und teilweise auf eigene Faust.". Unter den polnischen Tätern seien Mitglieder aller Gruppierungen - religiös und nichtreligiös.

"Wir wissen, dass es in den polnischen Dörfern sehr viele Fälle von Polen gab, die Jagd auf Juden machten", sagte Silberklang. Viele Juden seien von ihren Nachbarn beraubt, an die Deutschen ausgeliefert oder vergewaltigt und ermordet worden.

Allein im Generalgouvernement seien während der deutschen Besatzung zwischen 200.000 und 300.000 Juden auf der Flucht gewesen. Mehr als 90 Prozent davon seien ermordet worden, entweder von den Deutschen oder von den Polen. "Sehr viele Tausende von Juden sind von Polen gefasst worden."

Das Massaker christlicher Polen an mehr als 300 jüdischen Nachbarn 1941 in der ostpolnischen Kleinstadt Jedwabne sei das extremste Beispiel, es seien aber mehrere ähnliche Fälle bekannt.

Es habe schon vor dem Krieg einen virulenten Antisemitismus in Polen gegeben, betonte Silberklang. Die systematische Judenverfolgung durch die Nationalsozialisten während der Besatzung sei daher auf fruchtbaren Boden gefallen. "Es gab sehr wenig Licht und viel Finsternis", erklärte der Historiker.

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