Hitlers Vorzeige-Baby war jüdisch

Die Jüdin Hessy Taft gewann 1935 einen Foto-Bewerb für das typisch deutsche Kind

von Hitlers Vorzeige-Baby Hessy Taft © Bild: You Tube

Süße sechs Monate alt war die kleine Hessy, als ihre Mutter Polin Levinson sie 1935 zum Familienfotografen brachte - den Fotografen Hans Ballin. Dieser kannte die Familiengeschichte der Levinsons. Als sie von Lettland nach Deutschland zogen waren sie gefeierte Opernsänger, doch aufgrund ihrer jüdischen Herkunft bekamen sie Berufsverbot und mussten sich vollkommen aus dem kulturellen Leben zurückziehen.

Fotograf wusste Bescheid

Wenige Monate nach der Aufnahme schaute die kleine Hessy mit ihren riesigen Kulleraugen von dem Familienmagazin "Sonne ins Haus" herunter. Einer Nazi-Zeitschrift, herausgegeben von Kurt Herrman, einem überzeugten Nazi und einem Freund Görings. "Meine Mutter fragte den Fotografen, was er sich dabei gedacht hätte, das Foto einzureichen", erzählt Taft, "er wisse doch, dass wir Juden sind." Die Antwort des Fotografen: "Ich weiß, aber ich wollte die Nazis lächerlich machen."

Hitlers Vorzeige-Baby Hessy Taft
© You Tube

Taft: "Empfinde Genugtuung"

Hessys Bild wurde sogar auf Postkarten gedruckt und fleißig im Dritten reich hin- und herverschickt. Doch die jüdische Herkunft des Kindes kam zum Glück nie ans Tageslicht. 1938 wurde Tafts Vater kurzzeitig von der SS verhaftet, im selben Jahr flüchtete die Familie nach Paris, danach nach Kuba und später in die USA. Hessy ist heute Chemie-Professorin in New York. Vor wenigen Tagen übergab die betagte Dame der Jerusalemer Gedenkstätte Yad Vashem die Zeitschrift mit besagtem Babyfoto. Für den Fotografen empfindet Taft heute "Hochachtung". Sie fügt hinzu: "Und ich empfinde ein bisschen Rache, so etwas wie Genugtuung".

Kommentare