Gehaltsvergleich: Moneymaker

Die Stimmung ist ausgelassen, als die Arbeitskollegen auf einen After-Work-Drink ins Stammlokal ums Eck gehen. Man lacht über die neue Krawatte des Chefs, beschwert sich über einen wählerischen Kunden, protzt, wie super man im Job ist. Und dann fragt einer: „Wie viel verdient ihr eigentlich?“ – Plötzlich herrscht eisige Stille.

Über Geld spricht man nicht, man hat es – sagt der Volksmund. Die Frage, was auf dem Gehaltszettel steht, ist heikel; und ganz besonders, je höher die Summe ist. Dass beispielsweise Andreas Treichl, Vorstandsvorsitzender der Erste Bank, 2,9 Millionen Euro brutto pro Jahr verdient, ergibt ein Blick in den Geschäftsbericht. Kommentieren will er sein Gehalt aber nicht. Und auch Anton Wais, Generaldirektor der Österreichischen Post, gibt prinzipiell keine Interviews zu seinem Salär.

Vergleichen Sie sich reich. So ungern man über das eigene Gehalt redet, so groß ist freilich die Neugier zu wissen, was die anderen verdienen – zwecks Vergleich: Bekomme ich genug, oder wäre nicht schon längst eine Gehaltserhöhung fällig? Um zu erfahren, welche Bezahlung angemessen ist, lohnt es sich daher, einen Blick auf Vergütungsstudien zu werfen. Die aktuellen Zahlen von Neumann International zeigen, in welchen Bandbreiten die Jahresbruttogehälter von unterschiedlichen Positionen in mittelständischen Unternehmen derzeit liegen – von der persönlichen Assistentin bis zum Geschäftsführer (siehe Tabelle rechts).

„Durchschnittlich sind die Gehälter im Vergleich zum Vorjahr um 3,5 Prozent gestiegen“, sagt Conrad Pramböck, Gehaltsexperte von Neumann International, „interessanterweise auf den verschiedenen Ebenen ähnlich.“ So profitieren sowohl Mitarbeiter als auch Führungskräfte im oberen Management in ähnlichem Ausmaß vom Wirtschaftswachstum in Österreich. Trotz oder gerade wegen der Inflation von 1,5 Prozent im vergangenen Jahr bleibt im Schnitt – und vor Steuerabzug – für alle mehr auf dem Gehaltskonto. „Wenn die Preise steigen, steigen auch die Gehälter“, erklärt Pramböck.

Berufsanfänger haben derzeit weniger gute Karten. „Die Einstiegsgehälter sind im Lauf der letzten fünf Jahre im Wesentlichen gleich geblieben“, sagt Pramböck. Die Unterschiede – die Spanne reicht von knapp über 20.000 Euro bis fast 40.000 Euro brutto pro Jahr – betreffen eher die Ausbildung (siehe Tabelle unten links). „Absolventen der Sozialwissenschaften verdienen im Prinzip so viel wie HTL-Ingenieure – nämlich sehr wenig. Am meisten gefragt sind Techniker“, sagt Pramböck. Mit fünf bis zehn Prozent höheren Einstiegsgehältern ist diese Richtung momentan besonders attraktiv.

Die weitere Einkommensentwicklung hängt stark vom individuellen Verantwortungsbereich ab. In den ersten drei bis fünf Berufsjahren steigt das Gehalt um rund ein Fünftel des Einstiegsgehalts (siehe Tabelle unten rechts). „Wer es schafft, sein Einkommen im gesamten Verlauf seiner Karriere um durchschnittlich fünf Prozent pro Jahr zu steigern, verdient immer im oberen Bereich“, stellt Pramböck fest.

Leistung lohnt sich. Warum Topmanager und Vorstände von großen Konzernen deutlich mehr verdienen, liegt an den variablen Gehaltsbestandteilen. Pramböck: „Die großen Sprünge spielen sich beim Bonus ab.“ Claus Raidl, Generaldirektor von Böhler-Uddeholm, hat beispielsweise 2006 zum Fixum von 370.000 Euro eine fast doppelt so hohe Prämie (668.400 Euro) dazuverdient. Insgesamt kommt er so auf ein Jahresgehalt von über einer Million Euro.

Da das Ausmaß des variablen Anteils in der Regel nach der Höhe des Grundgehalts berechnet wird, wirkt sich eine Gehaltserhöhung umso stärker aus, erklärt Pramböck: „Durch den Bonus steigt die Gehaltskurve nicht nur linear, sondern exponentiell.“

Doch nicht nur Führungskräfte werden mit erfolgsabhängigen Bonifikationen belohnt. Immer mehr österreichische Unternehmen motivieren ihre Mitarbeiter durch erfolgsabhängige Vergütung zu Spitzenleistungen. „Beim Vertrieb ist der Schlüssel häufig 100 Prozent Grundgehalt plus 25 Prozent Bonus on top. Aber es gibt auch Branchen – zum Beispiel im Softwarevertrieb –, wo man ein ganzes Grundgehalt Bonus on top verdient“, sagt Pramböck. Bedingung ist dabei immer, ein vereinbartes Ziel zu erreichen, zum Beispiel einen Gewinn in einer bestimmten Höhe zu erwirtschaften.

Die Unternehmen können so ihre Personalkosten flexibilisieren. Wenn das Geschäft nicht gut läuft, wird kein Bonus an die Mitarbeiter ausbezahlt – das senkt die Personalkosten, die oft einen großen Anteil der Ausgaben ausmachen.

Richtig verhandeln. Mehr Leistung bringt mehr Geld – diese Formel gilt auch für Gehaltsgespräche mit dem Vorgesetzten. „Es stellt dem Chef die Nackenhaare auf, wenn man nur sagt: ‚Ich will mehr Geld‘“, meint Christoph Stieg, Geschäftsführer von perfact training. „Das impliziert, dass es dem Mitarbeiter nur ums Finanzielle geht. Das Gespräch sollte unter dem Titel ‚Meine Leistung und die Honorierung dieser Leistung‘ stattfinden.“

Zur Vorbereitung gehört daher auch, sich nicht nur zu überlegen, was man wert ist, sondern auch, warum man mehr wert ist. Karrieretrainer Stieg empfiehlt: „Ich sollte mir Fragen überlegen, mit denen der Chef gefordert ist, mich in bestimmten Punkten zu bewerten.“ Schlüsselfähigkeiten, die für eine Gehaltserhöhung sprechen, sollte man direkt hinterfragen. Also zum Beispiel: „Wie zufrieden sind Sie mit meiner Selbstständigkeit? Wie zufrieden sind Sie mit meinem Arbeitseinsatz?“ –„Das bewirkt, dass der Chef genau die Qualitäten beurteilt, die für mich sprechen“, so Stieg.

Wer zu hoch pokert, verliert allerdings rasch. Entscheidend ist, dass es gelingt, die Gehaltsvorstellung konkret zu äußern. Daher ist es gut zu wissen, was üblicherweise für die Position bezahlt wird. Hier heißt es, Gehaltsstudien richtig einzusetzen. „Zu sagen, ich habe im trend gelesen, dass ein Mitarbeiter in meiner Position so und so viel verdient, reicht nicht“, sagt Stieg, „dann kommt nämlich sicher die Antwort: Aber in unserem Unternehmen ist es anders.“ Vergleichsdaten sollten daher nicht als Argument, sondern als gedanklicher Rahmen – wie realistisch ist die Forderung? – verwendet werden.

Regelmäßige Gespräche mit dem Vorgesetzten übers Geld gehören zu einem guten Arbeitsverhältnis. „Ich empfehle, von vornherein zu vereinbaren, wie oft eine Bewertung der Leistung und entsprechende Gehaltsanpassung stattfindet“, sagt Stieg. Wer länger als drei Jahre kein Plus auf seinem Lohnzettel verzeichnen konnte, sollte sich informieren, ob seine Vergütung noch marktgerecht ist. Doch nicht immer ist eine Gehaltserhöhung die effektivste Methode, um an mehr Geld zu kommen. „Irgendwann stoße ich beim Gehalt in meiner Position an eine gläserne Decke, über die ich kaum hinwegkomme“, sagt Vergütungsexperte Pramböck. Man sollte also nicht (nur) überlegen, wie man ein paar Prozent mehr verdienen kann, sondern wie man in eine Position hineinkommt, die besser bezahlt ist. Pramböck vergleicht das mit einem Festnetztelefon: „Ich kann mir überlegen, wie ich das Kabel noch um ein paar Zentimeter verlängern kann, damit ich entspannter telefonieren kann. Aber was ist besser, als ein fünf Meter langes Kabel zu haben? Gar kein Kabel zu haben!“ Wer seinen Lohnzettel also aufbessern will, sollte sich auf der Karriereleiter hocharbeiten – womöglich bis hin zum millionenschweren Vorstandsvorsitzenden.

Von Regula Troxler