Flüchtlinge: Regierung will Spenden
für NGOs von Förderung abziehen

Brief des Innenministeriums erging an 12 Hilfsorganisationen

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für NGOs von Förderung abziehen

Zwölf in der Flüchtlingshilfe aktive NGOs sind in dem Schreiben vom 10. Februar aufgefordert worden, jene Spenden bekanntzugeben, die sie für ihre Arbeit mit Flüchtlingen erhalten hatten. Konkret will das Ministerium von den Organisationen wissen, "in welcher Höhe Spenden bei Ihnen seit dem 4. September 2015 mit der Widmung Flüchtlingshilfe eingegangen sind und wie viel von diesem Spendenaufkommen bislang für diese Maßnahmen bereits verbraucht wurde". Auf diese Angaben werde man auch "bei der Gewährung weiterer Förderungen bzw. bei der Förderabrechnung Bedacht zu nehmen" haben, heißt es. Organisationen, die für ihre Flüchtlingsarbeit Spenden gesammelt haben, sollen damit nun vom Bund um diesen Betrag weniger Fördergelder bezahlt bekommen.

Ministerium beruft sich auf Sonderrichtlinie

Das Ministerium beruft sich dabei auf die Sonderrichtlinie, die seit Oktober 2015 in Kraft ist und Ende März auslaufen wird. Darin ist nicht nur das Prozedere für die Förderungen festgehalten, es ist darin auch fixiert, dass "grundsätzlich nur jene Kosten förderbar sind, die (...) nicht durch Zuwendung Dritter (insbesondere Spenden) abgedeckt sind". Ein neuer Vertrag zwischen Innenministerium und NGOs wird gerade ausgehandelt.

Das Innenministerium beruft sich darauf, dass man vom Finanzministerium aufgefordert worden sei, den Brief zu verschicken. Dort wiederum heißt es, das Schreiben diene dazu, die NGOs auf die Rechtslage hinzuweisen. Diese sei im Sinne des Steuerzahlers einzuhalten. Nicht von der Regelung betroffen sind kirchliche Organisationen wie die Caritas und die Diakonie. Mit ihnen hat der Bund separate Regelungen getroffen.

"Missbrauch des Spendengedankens"

Bei den anderen Hilfsorganisationen stößt das Schreiben auf heftige Kritik. Günther Lutschinger, Geschäftsführer des Fundraising Verbands Austria (FVA), der Dachorganiation der spendenwerbenden Organisationen Österreichs, sieht darin "eine absolute Frechheit" und einen "Angriff auf alle Spenderinnen und Spender". Er hält den Brief für einen "Missbrauch des Spendengedankens". "Genau so gut könnten die Spender ihren Beitrag gleich ans Innenministerium überweisen", meint Lutschinger in "Standard". Volkshilfe-Geschäftsführer Erich Fenninger sieht darin "eine Form der Privatisierung der Republik". "Dafür stehen wir nicht zur Verfügung, weil unsere Spendenmittel von den Bürgerinnen wirklich für die Betroffenen direkt verwendet werden müssen", betont Fenninger in Ö1.

Am Freitag hatten die Hilfsorganisationen bereits beklagt, dass der Bund die beantragten Gelder für Jänner und Februar noch nicht ausgezahlt habe.

Breite Kritik an Kürzung der Förderung

Auch die Caritas hat den Brief bekommen, in dem den Hilfsorganisationen angekündigt wurde, dass ihre Spenden für die Flüchtlingsunterstützung von deren Förderung abgezogen werden soll. Klaus Schwertner, Geschäftsführer Wiener Caritas, zeigte sich darüber in einer Stellungnahme gegenüber der APA "alles andere als erfeut".

Für Schwertner ist klar, "dass die Flüchtlingshilfe kein Akt der Mildtätigkeit, sondern zu allererst Aufgabe und Verpflichtung des Staates ist. Ein Griff der Bundesregierung in die Taschen der Spenderinnen und Spender ist aus unserer Sicht daher nicht zulässig. Hier gibt es eine klare staatliche Verantwortung. Und diese Verantwortung muss auch wahrgenommen werden", fordert der Caritas-Geschäftsführer. Er betont aber gleichzeitig, dass die Caritas mit dem Innenministerium in der Sache im Gespräch und zuversichtlich sei, dass es eine Lösung geben wird.

Die Diakonie hat den Brief des Innenministeriums nicht bekommen. Eine Sprecherin es evangelischen Hilfswerks begründete dies gegenüber der APA damit, dass die Diakonie im Gegensatz zu anderen NGOs keine Notquartiere für Flüchtlinge betreue, sondern nur in der Grundversorgung tätig sei.

»Das ist ein Anschlag auf die Hilfsbereitschaft der noch vor wenigen Monaten so viel gelobten Zivilgesellschaft.«

Für die Grüne Bundessprecherin Eva Glawischnig ist die Aktion des Innenministeriums "an Bösartigkeit nicht zu überbieten. Das ist ein Anschlag auf die Hilfsbereitschaft der noch vor wenigen Monaten so viel gelobten Zivilgesellschaft", meinte Glawischnig in einer Aussendung. Sie forderte Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) auf, Innenministerin Jonanna Mikl-Leitner (ÖVP) "dringend zur Besinnung" zu bringen. "Ihr Agieren führt den Spendengedanken ad absurdum und ist ein Schlag ins Gesicht auch gerade für jene, die trotz geringem Einkommen ihr Herz und Geldtasche geöffnet haben", sagte Glawischnig.

Die NEOS sprachen von "Zechprellerei" und forderten Innen- und Finanzministerium auf, ihre Ankündigung zurückzunehmen. "Wenn diese Vorgehensweise salonfähig wird, bedeutet das das Ende jeglichen zivilen Engagements", meinte Menschenrechtssprecher Niki Scherak in einer Aussendung. Dass diese "unverschämte Forderung" gleichzeitig mit der Neuverhandlung der Verträge zum Kostenersatz im Rahmen der Flüchtlingshilfe publik werde, setze die NGOs weiter unter Druck.

Als "bodenlose Frechheit" qualifizierte die Vorsitzende der Sozialistischen Jugend, Julia Herr, die Vorgangsweise des Innen- und Finanzministeriums. Während für Zäune Geld da sei, werde "bei Betten und Essen für Flüchtlinge jeder Cent gespart".

FPÖ begrüßt Anrechnung der Spenden auf Förderung

Die FPÖ begrüßt die vom Innenministerium geplante Anrechnung der Flüchtlingsspenden auf die Förderungen. "Spenden, die Hilfsorganisationen für die Flüchtlingsunterstützung bekommen haben, von deren Förderung abziehen, ist im Sinne des Steuerzahlers. Das ist von der Idee her richtig, aber leider nur Symptombekämpfung", meinte FPÖ-Sicherheitssprecher Gernot Darmann in einer Aussendung.

"Die Asylindustrie verdient sich mit den Asylwerbern und auf Kosten der Steuerzahler eine goldene Nase – diesem Geschäftsmodell ist daher generell ein Riegel vorzuschieben: Asyl muss wieder staatliche Aufgabe sein statt Wirtschaftszweig für NGOs und Private", forderte Darmann eine völlige Systemumstellung. Die Abwicklung des Asylwesens müsse wieder vollständig vom Innenministerium selbst als hoheitliche Aufgabe wahrgenommen werden. "Die Mittel aus dem Budget für Asyl und Migration dürfen nicht für die Mitwirkung von Privaten, Vereinen und NGOs am Asylverfahren und in der Grundversorgung aufgewendet werden", forderte Darmann.

Ebenso wie die FPÖ hat auch das Team Stronach das Innenministerium in dem Bestreben unterstützt, die Spenden für die Flüchtlingshilfe von den Förderungen für die Hilfsorganisationen abzuziehen. Team Stronach-Generalsekretär Christoph Hagen äußere "vollstes Verständnis" für die Vorgangsweise der Regierung. "Es ist auf jeden Fall notwendig, darauf zu schauen, wofür die NGOs die öffentlichen Gelder einsetzen." Hagen kritisiert einen "Wildwuchs an Hilfsorganisationen" vor allem im Asylbereich und fordert, "die Hilfsleistungen sollen ausreichend, aber auf das Notwendige reduziert sein".

AK-Präsident: Ansinnen "nicht tragbar"

AK-Präsident Rudolf Kaske hält das Ansinnen des Innenministeriums hingegen für "nicht tragbar". Er fordert auch, dass "endlich jene öffentlichen Mittel fließen, die den Hilfsorganisationen auch zugesagt wurden."

Auch der Arbeiter-Samariter-Bund hält den Brief für "indiskutabel". Bundesgeschäftsführer Reinhard Hundsmüller hofft aber noch auf eine gute Lösung im Sinne der Vernunft.

Auch die Gewerkschaft vida unterstützt die Hilfsorganisationen in ihrem Protest und fordert das Innenministerium auf, von seinen Plänen Abstand zu nehmen. Vorsitzender Gottfried Winkler bezeichnete die Vorgangsweise als "unerträglich".

Kommentare

Rene Wien melden

@NGO's: WTF? Sonderrichtlinie lesen.. fertich...
Darin ist nicht nur das Prozedere für die Förderungen festgehalten, es ist darin auch fixiert, dass "grundsätzlich nur jene Kosten förderbar sind, die (...) nicht durch Zuwendung Dritter (insbesondere Spenden) abgedeckt sind"
..Spenden nicht offenzulegen zu wollen da NGO's über die Art der Verwendung von Spendengeldern entscheiden ist legetim?

Rene Wien melden

Das würde bedeuten: "Bitte um Spenden für Flüchtlingshilfe" ... >> Was wir mit dem Geld machen ist aber eine andere Geschichte... :(

RobOtter

In Österreich werden jährlich über 10 Milliarden Euro Fördergelder vergeben. Ob das nun der erste und wichtigste Punkt war um die Vergabepraktik zu ändern wage ich zu bezweifeln!

Diuese unwissenden Fürbitter sollen selbst für die Flüchtlinge zahlen, nur Wichtigtuer!!! Befragt einmal das Volk, ihr Feiglinge!!!!

higgs70

Der Bund will einrechnen was Spender freiwillig dafür geben dass Dinge getan werden die eigentlich seine verdammte Pflicht und Schuldigkeit wären.
Und weil in Österreich der Gleichheitsgrundsatz gilt, heißt das, dass ab sofort jede Parteispende von der Parteienförderung abzuziehen ist. Gemma.

Oberon

Jetzt wollte ich gerade beim Rassismus-Report einen blattkonformen Beitrag schreiben. Wieder nix, die Kommentarfunktion ist schon wieder abgestellt. Da hat sich auch nichts geändert....

christian95 melden

Eine kleinformatige Tageszeitung schreibt: "Experten warnen vor Terroranschlägen; - die Terrorgefahr war noch nie so hoch".
A.) So kann man sich auch für die großzügigen Sozialleistungen bei uns bedanken.
B.) Ungeprüft hat die Innenministerin monatelang JEDEN ins Land gelassen. An der Spitze "Invasoren" marschierte der heutige Minister.

RobOtter
RobOtter melden

Recht so Christian95: Die Partei des kleinen Mannes kürzt Sozialleistungen!

Der Skandal ist eher, dass dies nicht schon früher so gehandhabt wurde.

Oberon
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Wer ein Problem mit dem offen legen der Spendengelder hat, macht sich in meinen Augen verdächtig. Also, legt die Karten auf den Tisch und deckt eure Konten auf.

Dass Asyl wieder eine staatliche Aufgaben werden soll, finde ich gut. Anscheinend gibt es doch noch - wenn auch nur vereinzelt - Politiker mit Vernunft und Weitblick.
Eng wird's halt dann für die NGO-Mitarbeiter. WER will die.......

Oberon
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.... schon einstellen? Obwohl, Regal schlichten im Supermarkt werden sie doch noch können. :-))

Testor melden

Eine unverschämte Frechheit diese Bemerkungen von Oberon! Weil der Staat bei der Flüchtlingswelle total versagt hat, haben hunderte freiwillige Helfer aus allen Berufen ihre Freizeit geopfert, um dafür zu sorgen, dass das Chaos nicht noch größer wird. Die Flüchtlinge waren plötzlich da und die sogenannte Regierung war hilflos, weil sie die Entwicklung total übersehen hatte.

Oberon
Oberon melden

Kleiner Irrtum. Ich meine selbstverständlich nicht die freiwilligen Helfer, sondern die echten(!) NGO-Mitarbeiter. Na ja, sie könnten sich auch um arme, einheimische Familien kümmern oder um Obdachlose. Allerdings befürchte ich, dass das dem Ego nicht so schmeichelt!!

Testor melden

"Wir sind Europameister im Abschieben" (C: Mikl-leitenr). Nein wie großartig; wenigstens irgendwo einmal an der Spitze.
Deutschland hat 14 Milliarden Euro Budgetüberschuss, die Schweiz 1,) miiliarden und wird haben ein Riesendefizit von 4 Milliarden. Außerdem ist Österreich mit 82 % des BSP schwer verschuldet. Da spiegelt sich die Unfähigkeit unserer Regierung.

Testor melden

Auf Kosten der Flüchtling kann man sich einen Stockerlplatz sichern.
Sorry: in der Klammer natürlich "Mikl-Leitner".

Testor melden

Sorry Tippfehler: Die Schweiz hat etwa 1,8 Milliarden Euro Budgetüberschuss.
Dem Staat Österreich kann der Steuerzahler Geld um Geld geben, er kommt niemals damit aus. Wir sind mit etwa 300 Milliarden Euro verschuldet und können mangels Budgetüberschuss diese Schulden nie zurückzahlen.

Testor melden

Den Geldverschwendern in Wien sollte ein Sachwalter vorgesetzt werden, wie es in den zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts war. Der Völkerbund setzte den ehemaligen
von Rotterdam, Dr. Alfred Zimmermann als Finanzkommissär ein, der das Reform-und Sanierungsprogramm zu überwachen hatte.
Damals wurden von den überzähligen Beamten 84.000 entlassen bzw. pensioniert.

Das freut mich für Typen wie Patzelt (Amnesty) und Genner (Asyl in Not) ganz besonders..........

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