Reform für Präsidialsystem in Türkei nahm Hürde im Parlament

Beratungen über 18 Artikel umfassende Verfassungsänderung sollen etwa zwei Wochen dauern

von

Damit wurde die erforderliche Dreifünftelmehrheit um acht Stimmen übertroffen. 134 Parlamentarier votierten dagegen. Das Vorhaben der islamisch-konservativen Regierungspartei AKP, die über 316 Sitze im Parlament verfügt, erhielt damit Unterstützung aus den Reihen der Opposition.
Der Chef der ultranationalistischen MHP, Devlet Bahceli, hat seine Unterstützung für die Reform zugesagt, die aber auch in seiner Partei umstritten ist. Mehrere Abgeordnete der MHP - die mit 40 Sitzen die kleinste der vier Oppositionsparteien ist - haben angekündigt, dagegen zu stimmen. Bahceli hatte auch Unterstützung für Erdogans Pläne signalisiert, die Todesstrafe wiedereinzuführen.
Die Reform soll dem Präsidenten deutlich mehr Macht verleihen. Sie würde zugleich eine deutliche Schwächung des Parlaments mit sich bringen. Erdogan wäre dann nicht mehr nur Staats-, sondern auch Regierungschef. Er könnte weitgehend per Dekret regieren.
Die Mitte-Links-Partei CHP - die größte Oppositionspartei - und die pro-kurdische HDP - laufen Sturm gegen die Reform. Sie befürchten eine "Diktatur" in der Türkei. Ministerpräsident Binali Yildirim warb in der Nacht auf Dienstag vor den Abgeordneten für die Reform, die der Türkei nach seinen Worten politische Stabilität bringen würde.
Das Parlament wollte am Dienstagnachmittag (15.00 Uhr Ortszeit/13.00 MEZ) wieder zusammenkommen. Im nächsten Schritt wird über jeden der 18 Artikel zur Verfassungsänderung beraten und abgestimmt. Die Beratungen sollen etwa zwei Wochen in Anspruch nehmen. Zum Schluss wird über das Gesamtpaket abgestimmt.
Den einzelnen Artikeln und dem Gesamtvorhaben müssen jeweils mindestens 330 der 550 Abgeordneten zustimmen. Danach hat auch noch eine Volksabstimmung stattzufinden. Beobachter zweifeln nicht an einer deutlichen Mehrheit beim Verfassungsreferendum. Umgangen werden kann ein solches Referendum, wenn die Verfassungsänderung im Parlament mit Zwei-Drittel-Mehrheit (367 Stimmen) zustimmt.
Erdogan war von Anfang 2003 bis August 2014 Ministerpräsident der Türkei. 2014 wurde er zum ersten direkt vom Volk gewählten Staatspräsidenten des Landes. Seitdem strebt er die Einführung eines Präsidialsystems an.

Kommentare