Experten warnen vor
sozialen Bubbles in Europa

Sozialrechtler Mazal fordert besonders Eliten zum Dialog auf

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Die sogenannten "Bubbles" beschreiben das Phänomen, dass sich Menschen vor allem mit Medien und Personen auseinandersetzen, die die eigene Meinung vertreten, oder auf die eigene soziale Stellung abzielen. So entstehen verschiedene soziale Wahrnehmungen, die bestimmte Aspekte des gesellschaftlichen Lebens vernachlässigen, da kein Diskurs mehr zwischen beispielsweise verschiedenen sozialen Schichten oder politischen Lagern stattfindet.

Thomas Seifert, stellvertretenden Chefredakteur der "Wiener Zeitung", erklärte, dass es keine "gemeinsamen Erkenntnisräume" mehr gebe, da sich die Menschen aus unterschiedlichsten Quellen informierten. Die daraus resultierende zersplitterte Öffentlichkeit mache den Diskurs schwierig. "Wir dürfen nicht nur an einem Medium hängen und uns immer bestätigen lassen", fügte Mazal hinzu.

Die Diskussionsteilnehmer waren sich darüber einig, dass die regionale, nicht-urbane soziale "Bubble" eher EU-kritisch sei, die gut ausgebildeten Eliten, die vorwiegend in Städten lebten, profitierten hingegen von der EU und ihren Freiheiten. Mazal forderte darum, man müsse "alle mitnehmen" und "ernst nehmen" und rief vor allem die Eliten dazu auf, die "Bubbles" zu durchbrechen. Die Eliten hätten die Verantwortung der "Artikulationsfähigkeit".

Der SPÖ-Politiker Jürgen Bozsoki betonte, dass man die europäischen Ideen jedoch nicht zu abstrakt formulieren dürfe, wenn man "alle mitnehmen" wolle. Er plädierte dafür, den Menschen "mehr Fragen stellen", um sie zum Nachdenken über Europa anzuregen. Lothar Lockl, Wahlkampfleiter des Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen, erklärte, dass man besonders im Gasthaus die Möglichkeit habe, mit verschiedensten Menschen in Kontakt zu treten. Dies habe ihm Respekt vor den Lebensgeschichten von Handwerkern und anderen Menschen gegeben, ohne die "nichts funktioniere". "Wir müssen dafür kämpfen, dass beide Blasen das Gefühl für beide Welten nicht verlieren", fügte er hinzu.

Besonders das Gemeinschaftsgefühl und die "europäische Seele" gelte es zu stärken. Für Bozsoki spielt Symbolik dabei eine große Rolle. Lockl erklärte, dass es keine gemeinsame europäische Öffentlichkeit gebe, denn besonders die verschiedenen Landessprachen stünden dem im Wege. Dies machten sich Rechts-und Linkspopulisten zunutze, indem sie ein künstliches "Wir" erzeugten, das im Gegensatz zu den "Eliten in Brüssel" stehe.

Seifert erklärte, dass europaweit die soziale Frage von einigen politischen Kräften zur Identitätsfrage umgedeutet werde, sodass die Migration im Vordergrund stehe. "Die vorrangige Herausforderung ist nicht die europäische Migration, diese ist bewältigbar", sagte er. Dies treffe auch auf Österreich zu, denn "die Nationalratswahl wurde durch Abgrenzung gewonnen", betonte er.

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