Experte: Weltweiter Stickstoff-Ausstoß hat kritisches Ausmaß erreicht

Weitreichende Folgen für Umwelt und Gesundheit

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Jedes Jahr entstehen weltweit 413 Milliarden Kilogramm Stickstoff, rund 200 Milliarden stammen aus natürlichen Quellen, 210 von menschlichen Aktivitäten, so Davidson, der an der University of Maryland (USA) forscht. "Die Menschen verdoppeln also den Stickstoff-Eintrag auf der Erde", sagte er. Der Großteil des von Menschen freigesetzten Stickstoffs, nämlich 180 Milliarden Kilogramm, kämen aus der Landwirtschaft, vorwiegend durch den Einsatz von Kunstdünger.

Vom verwendeten Kunstdünger und Stallmist endet nur ein geringer Teil an Stickstoff in den Lebensmitteln, nämlich 14 Prozent über pflanzliche Nahrungsmittel und vier Prozent durch Fleisch und andere tierische Produkte, erklärte Davidson. Der Rest leckt in die Umwelt.

Stickstoff ist als Nitrat im Trinkwasser gesundheitsgefährdend, trägt durch Stickoxide und als Vorstufe von Ozon zur Luftverschmutzung bei und heizt im Treibhausgas N2O das Klima auf. Die erhöhten Stickstoffmengen in natürlichen Ökosystemen bringen auch viele Arten zum Aussterben und verringern dadurch die Biodiversität massiv, sagte er auf der "5. Internationalen Konferenz über Nitrifizierung und verwandte Prozesse" (ICoN5), die noch bis Donnerstag an der Universität Wien läuft.

Ziel müsse es sein, für eine wachsende Bevölkerung und die eine Milliarde unterernährten Menschen noch mehr Lebensmittel herzustellen, dabei aber weniger Stickstoff-Belastung zu erzeugen, meint der Experte. In den reichen Industrieländern der EU und den USA habe man schon einen Umkehrpunkt erreicht. Hier steige der Ertrag weiterhin, während der Stickstoff-Überschuss zurückgeht. In China und Indien hingegen wird immer mehr davon eingesetzt. "Hohe Subventionen haben die Kunstdüngerpreise dort sehr niedrig gehalten, was leider nicht zu einer effizienten Nutzung motiviert", so Davidson.

Er rät zu zwei speziellen Maßnahmen: Hightech-Methoden in der Landwirtschaft, um Stickstoff nur ganz gezielt einzusetzen und eine Umstellung der Ernährung. Mit Sensoren und Computerchips an den Düngemaschinen, die bestimmen, wie viel Dünger zu welchem Zeitpunkt an welchem Fleckchen Feld ausgebracht werden sollte, könne man im Vergleich zum Gießkannenprinzip mit der empfohlenen Durchschnittsdosis ein Viertel an Stickstoff bei gleichem Ertrag einsparen. Außerdem wäre ein weit geringerer Fleischkonsum der Menschen für die Stickstoff-Bilanz der Landwirtschaft äußerst vorteilhaft.

Bei der Wiener Konferenz referieren und diskutieren Wissenschafter aus aller Welt über globale Stickstoffkreisläufe, ökologische Folgen der Überdüngung mit Stickstoff in der Landwirtschaft und die gesundheitsschädliche Nitratbelastung des Trinkwassers. Die Konferenzteilnehmer werden dort übrigens rein vegetarisch und mit möglichst geringem "Stickstoff-Fußabdruck" verköstigt.

(S E R V I C E - https://icon5.univie.ac.at)

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