Exklusiv: Wolfgang Schüssel im Interview
»Ich wollte mit Jörg Haider gut arbeiten«

Schüssel über Glanz und Elend von 5 Jahren Schwarz-Blau. Was die Österreicher von Schwarz-Blau halten

Exklusiv: Wolfgang Schüssel im Interview
»Ich wollte mit Jörg Haider gut arbeiten«

NEWS: Herr Bundeskanzler, als Sie im Februar 2000 mit der FPÖ eine Regierung gebildet haben, hätten Sie damit gerechnet, fünf Jahre später noch immer im Kanzleramt zu sitzen?
Schüssel: Darüber habe ich nicht nachgedacht, sondern mich darauf konzentriert, mit all meinen Kräften gute Arbeit zu leisten. An den Gedanken, ob das nun einen Monat oder zehn Jahre dauert, habe ich keine Energie verschwendet.
NEWS: Zur Angelobung 2000 und noch viele Monate danach hat es Demonstrationen gegen Schwarz-Blau gegeben, teilweise echte Massenkundgebungen. Hat Sie das auch persönlich getroffen?
Schüssel: Ich will da gar nicht herumreden: Natürlich haben mich solche Proteste geschmerzt, auch wenn sie in anderen Ländern zum politischen Alltag ge-hören. Sie haben aber wenig bewirkt – außer dass sich manche fragen müssen, wogegen sie eigentlich demonstriert haben.
NEWS: Der Grund war doch klar: Viele fürchteten durch die Aufwertung der damaligen Haider-FPÖ eine Gefährdung der Demokratie.
Schüssel: Aber diese Befürchtungen sind doch aus heutiger Sicht als absurd zu bezeichnen. Österreich ist heute eine ebenso stabile Demokratie wie die gesamte Zweite Republik hindurch. Wir haben uns auch europäisch gut behauptet, ich habe mich bemüht, die damaligen Proteste nicht mit gleicher Münze heimzuzahlen. Das war auch der Grund, warum sich das europäische Klima rasch gedreht hat und viele Beobachter heute die damaligen Differenzen als Lehre für die EU ansehen – und nicht für Österreich.
NEWS: Es gab doch wohl noch einen anderen Grund für die Beruhigung der europäischen Aufregung über die Bildung von Schwarz-Blau: Jörg Haider musste sich nach Kärnten zurückziehen, 2000 haben Sie ihn dann endgültig ausgebremst. Hatten Sie das von Anfang an so geplant?
Schüssel: Ganz im Gegenteil. Ich wollte mit ihm wie eigentlich mit jedem Partner gut zusammenarbeiten. Ich halte nichts von Feindbildern, es gibt keinen Grund, irgendeinen Politiker in Österreich zu dämonisieren. Ich finde es nur ein bisschen komisch, wenn gerade diejenigen, die mit diesem angeblichen Dämon Prozesse ausfechten, jetzt glauben, gemeinsam mit ihm Bücher machen zu müssen …
NEWS: Sie spielen auf das Interviewbuch von Alfred Worm mit Jörg Haider an. Darin findet Haider deftige Worte über Sie, sagt, Sie hätten ihn verraten, Sie hätten ihn kaltschnäuzig demontiert, und meint, die Geschichte würde sich an Ihnen rächen …
Schüssel: Meine Antwort: weiterarbeiten. Andere schreiben Bücher oder lassen solche schreiben, ich arbeite für Österreich. Ich kann ja manche Bitterkeit verstehen, aber es muss sich jeder selbst überlegen, warum manche Dinge so gelaufen sind, welchen Beitrag man selbst dazu geleistet hat.

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