Eurofighter-Vertrag: Teilausstieg oder gar Schadenersatz? Zivilrechtler sind uneins!

Griehser: Geldfluss an Wolf möglicherweise zu niedrig

Skeptisch zeigte er sich über den als Ausstiegsgrund genannten Geldfluss in Höhe von knapp 88.000 Euro von EADS-Lobbyist Erhard Steininger an die Frau des suspendierten "Airchiefs" Generalmajor Erich Wolf: "Die Frage ist, ob man da nicht gewisse Schwellenwerte überschreiten müsste", um zu einem Vertragsausstieg zu kommen.

Griehser: "Meines Erachtens muss da schon ein wirtschaftliches Verhältnis gegeben sein. Bei den 88.000 Euro handelt es sich bei einem Gesamtvolumen von zwei Milliarden Euro doch um ein krasses Missverhältnis, das meines Erachtens nicht ausreichen könnte. Ich glaube, man kommt da nicht raus." Sollte aber eine Ausstiegsklausel ohne einen solchen Schwellenwert im Vertrag enthalten sein, "dann ist das natürlich ein Anfechtungsgrund. Aber ich kenne den Vertrag nicht. Die Frage ist, ob das eine Nichtigkeit des gesamten Vertrags bewirkt oder eine Teilnichtigkeit." Was würde eine Teilnichtigkeit bedeuten? - Griehser: "Beispielsweise werden nicht alle Eurofighter geliefert oder es werden die Wartungskosten übernommen oder Ähnliches."

Ausstieg gratis oder gar Schadenersatz
Anders sieht dies Peter Rummel vom Institut für Zivilrecht in Linz. Im Gespräch mit der APA verwies Rummel zwar ebenfalls darauf, dass er den genauen Vertragstext nicht kenne, "aber ich habe das so verstanden, wenn ein Ausstiegsgrund gegeben ist, dann gibt es den Ausstieg gratis und sogar mit Schadenersatz für den Aussteigenden", also nach dem Motto Alles oder Nichts. "Wenn man raus kommt, dann auch ohne negative Konsequenzen für die Republik und umgekehrt sogar mit einem Aufwandsersatz und Zahlungen" von EADS. "Eine mittlere Position, wir steigen aus, sonst kriegen wir nichts und müssen noch was zahlen, scheint mir nicht gegeben. Entweder der Ausstiegsfall liegt vor, dann sind wir auf der grünen Seite, also die Republik, sogar mit Aufwandsersatz, oder der Fall ist nicht gegeben."

Angesprochen auf die Schadenersatzzahlungen bei Gegengeschäften meinte Rummel, "wenn Gegengeschäfte vertraglich zugesichert wären, würden sie natürlich auch das Schicksal des Vertrags mitteilen. Das heißt, wenn das eine wegfällt, ist sicher das andere davon auch nicht unberührt." Sollten aber Gegengeschäfte nicht vertraglich vereinbart, sondern lediglich in Aussicht gestellt worden sein, dann seien sie von einer allfälligen Vertragsauflösung nicht betroffen, so der Jurist.

Zankl mahnt bezüglich Ausstiegsszenario zur Vorsicht
Der Zivilrechtler an der Universität Wien, Wolfgang Zankl, hat in der Debatte über Ausstiegsvarianten beim Eurofighter-Vertrag zur Vorsicht gemahnt. Angesprochen auf die jüngsten Aussagen seines Juristenkollegen Andreas Kletecka, wonach man dem Ausstieg näher denn je sei und sogar ein Gratisausstieg möglich wäre, meinte Zankl auf Anfrage der APA: "Ich sehe das etwas zurückhaltender und skeptischer." Ein Vertragsausstieg sei "immer eine pathologische Situation" und nicht der Normalfall. Außerdem sei das Prozessrisiko "ein ganz zentrales Thema, weil wir hier einen enormen Streitwert haben und die Kosten nahezu explodieren würden".

Das Prozessrisiko "würde ich noch viel höher veranschlagen, als es schon ist", so Zankl. Und "im übrigen kann man ein Prozessrisiko nie abschätzen". Die "Rechtslage ist im Augenblick ein bissl unsicher. Die einen wie Kletecka sagen, man kann ohne weiteres aussteigen, er hat schon mehr oder minder grünes Licht gegeben, die anderen sagen, so einfach ist das nicht, wir haben einen Vertrag und kommen da nicht einfach raus. Das sind Unsicherheiten ohne Ende"

Noch skeptischer zeigt sich Zankl darüber, inwieweit Folgeschäden von EADS möglicherweise im Fall eines Vertragsausstiegs ersetzt werden müssten. "Weil dann müsste man die Zahlungsflüsse (von EADS-Lobbyist Erhard Steininger an die Ehefrau des ehemaligen Luftwaffenchefs Erich Wolf in Höhe von knapp 88.000 Euro) unmittelbar EADS zuordnen können." Der von Kletecka angesprochene Punkt betreffe Schadenersatzpflichten "und das setzt voraus, dass der Betreffende, der schadenersatzpflichtig wird, ein Verschulden trifft. Das muss ihm konkret vorgeworfen werden können und das ist im Augenblick nicht erkennbar, inwieweit EADS ein Verschulden trifft."

Vorsichtig würde er auch sein, was den Verdacht des Vorwurfs verbotener Geschenkannahme betreffe. "Das sind Straftatbestände", er traue sich nicht zu, jemandem etwas zu unterstellen.

Angesprochen auf die Summe von 88.000 Euro und ob dies in der Verhältnismäßigkeit gegenüber einem Gesamtvolumen von zwei Milliarden Euro ausreiche, um aus einem Vertrag rauszukommen, meinte Zankl, "da muss es natürlich irgend eine Verhältnismäßigkeit geben. Wobei ich da keine strikte Relation aufstellen würde, also dass das zehn Prozent oder fünf Prozent ausmachen muss. Das existiert nicht. Das ist ein ganz spezieller Fall." Grundsätzlich gelte, "wenn jemand davon ausgeht, dass etwas nicht mit rechten Dingen zugegangen ist, müsste das eine höhere Qualität erreicht haben, die dazu geeignet ist, jemanden in seiner Entscheidung zu beeinflussen. Also wenn ich jemanden zu einem Kaffee ins Sacher einlade und die Rechnung macht neun Euro aus, kann man nicht sagen, wir haben da einen Riesentatbestand." Allerdings bei der Summe von knapp 88.000 Euro handle es sich schon um "Quantitäten, wo man anfangen soll, nachzudenken. Das geht weit über eine Mittagseinladung hinaus. Nur wie gesagt, es kann keine fixe Relatino geben, man kann nicht sagen, bis 10.000 Euro oder bis 50.000 Euro."

Befragt, ob auch ein Teilausstieg aus dem Vertrag möglich wäre, sagte Zankl, "da müsste ich mir den Vertrag im Detail anschauen. So wie ich die Klausel bisher verstanden habe, ist das Null oder Eins, Hopp oder Tropp." Jedenfalls sei die ganze Sache "keine g'mahte Wies'n". (apa/red)