EU-Außenminister beraten
über Polen, Türkei und Brexit

"Kein Appetit" auf Abbruch der Verhandlungen mit Ankara

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Die Türkei steht nach Angaben von Diplomaten nicht offiziell auf der Tagesordnung des Treffens, könnte aber informell besprochen werden. Vor allem Deutschland hat zuletzt einen Stopp der EU-Beitrittsverhandlungen mit Ankara verlangt. Auch Österreich will die Gespräche abbrechen und die EU-Vorbeitrittshilfen an die Türkei einstellen. Dies scheint aber in Brüssel nicht Mehrheitsmeinung zu sein. "Wir haben keinen Appetit der EU-Staaten festgestellt, die Erweiterungsverhandlungen abzuschneiden", sagte eine ranghohe Diplomatin.

Zum Brexit soll der EU-Chefverhandler einen Überblick über die laufenden, stockenden Gespräche mit Großbritannien geben. Die Außenminister treffen sich, nachdem die britische Premierministerin Theresa May am Freitag in Florenz eine Rede halten will. May ist laut einem Zeitungsbericht beim Ausstieg aus der EU bereit, mindestens 20 Milliarden Euro zur Begleichung finanzieller Forderungen der Europäischen Union zu zahlen. Die EU fordert 60 bis 100 Milliarden Euro.

Die Frage, ob die EU-Staats- und Regierungschefs bei ihrem Gipfel im Oktober Grünes Licht für den Übergang zur nächsten Brexit-Verhandlungsphase über ein zukünftiges Freihandelsabkommen geben, ist noch offen. Barnier hatte sich zuletzt pessimistisch gezeigt und erklärt, es gebe bisher keine substanziellen Fortschritte in den Verhandlungen. Es sei nicht auszuschließen, dass eine Entscheidung erst einen Tag vor dem EU-Gipfel am 19./20. Oktober fällt, hieß es in Ratskreisen.

Die eskalierende Streit über das katalanische Unabhängigkeitsreferendum in Spanien steht offiziell nicht auf der Tagesordnung des Treffens. Eine EU-Diplomatin betonte allerdings am Donnerstag in Brüssel: "Wir verfolgen den Verlauf mit großer Sorge." Die EU betrachtet den Konflikt als interne Angelegenheit Spaniens und hat stets auf die Verfassungsordnung in Spanien verwiesen.

Das Treffen der EU-Außen- und Europaminister dient auch der Vorbereitung des Gipfels im Oktober. Dabei geht es auch um Migration, ein gemeinsames EU-Asylsystem und die Konsequenzen aus dem Urteil des EU-Gerichtshofs zur Rechtmäßigkeit von Flüchtlingsquoten.

Bereits am Freitag kommender Woche kommen die EU-Staats- und Regierungschefs zu einem informellen Gipfel in Tallinn zusammen, an dem auch May teilnimmt. Offiziell geht es um die digitale Agenda, aber am Rande werden auch die Türkei und die zukünftige Entwicklung Europas diskutiert werden. Am Rande des Treffens am Montag wollen die Außen- und Europaminister auch über die zukünftige Zusammensetzung des EU-Parlaments nach dem Brexit reden, insbesondere über die Möglichkeit, transnationale Listenplätze zu schaffen. Mit Entscheidungen sei aber in den nächsten Wochen noch nicht zu rechnen, hieß es in Ratskreisen.

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