Belastende E-Mails

Ex-Abgeordneter zeigte nachweislich Interesse an der Änderung einer Richtlinie

von
Ernst Strasser - Belastende E-Mails

Derartige Änderungen hatten sich die als Lobbyisten getarnten britischen Journalisten gewünscht, denen Strasser laut Anklage für ein jährliches Honorar von 100.000 Euro seine Einflussnahme auf die Gesetzgebung im Europäischen Parlament in Aussicht gestellt hatte. Strassers Assistentin hatte daraufhin per Mail bei Mitarbeitern von Karas und Ranner recherchiert, wer für die Behandlung der Richtlinie zuständig war, in welchem Stadium sich die Prüfung der Richtlinie befand und ob "ihr Chef" (Strasser, Anm.) einen Abänderungsantrag einbringen könne.

"Es kann sein, dass ich versucht habe, Informationen über Inhalte, Leute, die Umgebung dieser Leute zu sammeln. Es geht nicht darum, irgendetwas zu veranlassen irgendetwas zu tun, sondern um Informationen einzuholen. Wir haben weder gesagt, dass wir etwas einbringen wollen noch haben wir etwas eingebracht", meinte Strasser dazu.

Strasser machte Druck

Der für die Richtlinie, die Entschädigungen für Anleger vorsah, fachlich an sich gar nicht zuständige Strasser erfuhr per Mail, man könne "über Ranner jederzeit" einen Abänderungsantrag einbringen. Allerdings musste Strassers Assistentin dann zur Kenntnis nehmen, dass die dafür vorgesehene Frist bereits abgelaufen war. Darauf verschickte Strassers Mitarbeiterin an Ranners Büro ein Mail mit der Passage "Denkst du, dass Ranner noch etwas retten kann?", und eine Mitarbeiterin von Othmar Karas erhielt ein mit "Wichtigkeit Hoch" versehenes Mail folgenden Inhalts: "Mein Chef müsste dringend wissen, ob euer Chef (Karas, Anm.) bereit wäre, einen Abänderungsantrag einzubringen."

In weiterer Folge rief Strasser persönlich mehrfach bei der betreffenden Karas-Mitarbeiterin an und machte Druck, was diese äußerst ungewöhnlich fand. "Ich habe mich null eingemischt, in die Entscheidungsfindung", rechtfertigte sich Strasser vor Gericht. Es sei ihm nur darum gegangen, Informationen zu sammeln, um den vermeintlichen englischen Lobbyisten, die Strasser seiner Aussage zufolge als Geheimdienst-Agenten enttarnen wollte, "Futter zu geben". Er habe "diese Leute hinhalten und bei Laune halten" wollen. Im Übrigen sei es "in den letzten 20 Jahren nicht vorgekommen, dass Karas für mich einen Vorschlag umgesetzt hat."

Urteil erst 2013

Das Urteil gegen Strasser wird übrigens doch nicht mehr vor dem Jahreswechsel fallen. Der von Verteidiger Thomas Kralik als Entlastungszeuge nominierte Steuer- und Unternehmensberater Thomas Havranek, der in Strassers Auftrag versucht hatte, Informationen über die vorgebliche Firma der als Lobbyisten getarnten englischen Journalisten einzuholen, hat infolge eines Auslandsaufenthalts vor Weihnachten keine Zeit mehr für eine Zeugenaussage. Diese soll nun Mitte Jänner stattfinden. Voraussichtlich wird nach dem 13. Dezember - dem letzten Verhandlungstag im heurigen Jahr - der Prozess gegen den Ex-Innenminister am 11. Jänner fortgesetzt.

Probleme gab es am Vormittag auch mit der Technik im Straflandesgericht, die geplante Einsicht in die Originalbänder, die die englischen Aufdeckungsjournalisten von ihren Gesprächen mit Ernst Strasser heimlich aufgezeichnet hatten, scheiterte vorerst. Beim Abspielen der Aufzeichnungen stellte sich nach wenigen Minuten heraus, dass die Tonqualität derart schlecht war, dass der Inhalt der Gespräche völlig unverständlich blieb. Richter Georg Olschak brach die Videovorführung daher mit der Bemerkung "Die Anlage ist eher Schrott" ab.

"I have to be careful about my body"

Nachdem nach einer kurzen Umbaupause die technischen Probleme mit dem Abspielgerät behoben waren, führte sich der Schöffensenat in voller Länge das Video zu Gemüte, das die erste Begegnung von Ernst Strasser mit den vermeintlichen beiden Lobbyisten in einem Brüsseler Restaurant dokumentierte. Auffallend dabei: Das gewöhnungsbedürftige Englisch, in dem der ehemalige Delegationsleiter der ÖVP im Europäischen Parlament Smalltalk führte und das auch im Gerichtssaal zu veritablen Heiterkeitsausbrüchen führte.

Unter anderem erklärte Strasser die Gepflogenheiten seiner Heimat ("In Austria the people go around and drink beer and schnaps") und erklärte, warum er im Restaurant nur so spärlich bestellt ("I have to be careful about my body"). Auch die schon bekannten, über Youtube verbreiteten Sequenzen, in denen Strasser über seinen politischen Werdegang referierte, bekamen die Zuhörer noch einmal zu sehen. Dass er in Brüssel sei, bezeichnete Strasser als "mistake", der Chef seiner Partei habe ihn zum "frontrunner" im EU-Wahlkampf bestimmt ("This was not my wish"). Er werde nun die Zeit in Brüssel nutzen, um sich ein Netzwerk aufzubauen, das er danach für seine eigene Firma nützen könne ("Of course I am a lobbyist").

Zu seiner politischen Einstellung erklärte Strasser: "My political is in the center of the political." Dass dies so sei, führte er darauf zurück, dass er "son of a little farmer" sei.

Kommentare

RobOtter
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@gabrielemichael: Ich finde Du verwechselst hier die illegale Beschaffung von vertraulichen Mails durch das einhacken in Computersysteme so wie es durch die Times passierte mit dem bloßen Mitschnitt von Gesprächen durch die zwei englischen Reporter. Das eine ist klar illegal das andere nicht.

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Es ist nicht illegal, wenn man aus 6 Std. Gesprächen 2 Videos zaubert, die manipuliert ins Netz gestellt werden? § 120 StGB - verbotene Tonaufnahme und eine Beweismittelfälschung. Die 2 hätten einfach zur Polizei gehen können. Der Zweck dieser Videos ist eindeutig auf Vernichtung ausgerichtet - das ist auch nicht mit überwiegenden öffentlichen Interesse rechtfertigbar.

Ob die Luft für Strasser dünner wird haben nicht News-Journalisten zu beurteilen. Bleiben Sie endlich sachlich und hören Sie auf den Richter beeinflussen zu wollen! Mehr Verantwortung bitte!

In England werden Murdoch-Leute wie die Sundaytimes Journalisten eingesperrt wegen skandalöser Abhörmethoden, sogar die auflagenstärkste Zeitung eingestellt und Österreich ermittelt die Justiz nicht. England räumt auf mit solchen Methoden, in Ö wird das unterstützt. Das ist der nächste Justizskandal!!!

diese emails sind nichts Neues und wurden zig Male - auch von News bereits abgedruckt. Was ist da Neues bitte??

Ignaz-Kutschnberger

Bitte ich möchte ENTLASTENDES Video-Material im Fall Strasser Ernstl vorlegen... was WIRKLICH auf ENGLISCH besprochen wurde:
http://www.youtube.com/watch?v=5XQ2tPrBA1k&feature=related

Ignaz-Kutschnberger
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Der NEUE 007 jagt den vermeintlichen britischen Geheimdienst im Auftrag des österr. Volkes... vielleicht wird ja das irgendwann mal verfilmt... Titelmusik Othmar Karas :-) achso...ne, der hieß ja Anton Karas der mit dieser Zitter, oder??
http://www.youtube.com/watch?v=xUqzl-4tLXs

Ignaz-Kutschnberger
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Musiker mögen mir mein mangelndes Wissen verzeihen... es heißt natürlich auch Zither :-)

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