Ernst Geiger geht in die zweite Instanz: Im Interview über Polizei-Intrigen und Feinde

NEWS: Das Exklusivinterview mit dem Ex-Kripo-Chef Geiger: 'Bogner ist niemals ein Krimineller gewesen'

Ernst Geiger geht in die zweite Instanz: Im Interview über Polizei-Intrigen und Feinde © Bild: NEWS/Deak

Fast drei Jahrzehnte war er für die Polizei tätig, lange galt er als der Vorzeigebeamte der Wiener Kripo und beste Mordfahnder Österreichs - maßgeblich ist er an der Lösung so spektakulärer Verbrechensdelikte wie des "Falles Unterweger" oder der "Causa Saliera" beteiligt gewesen.

Aber dann, Anfang 2006, der totale Absturz: Ernst Geiger geriet unter Verdacht, seinem Freund Wolfgang Bogner, Besitzer des Rotlichtetablissements "goldentime", einen Razziatermin verraten zu haben, er wurde vom Dienst suspendiert und schließlich (in erster Instanz) wegen "Verrats eines Amtsgeheimnisses" zu drei Monaten bedingter Haft verurteilt.

Am 10. März beginnt nun im Wiener Landesgericht die Neuauflage seines Prozesses. Der "Kronzeuge", Wolfgang Bogner, kann dabei nicht mehr sprechen, er starb kürzlich 44-jährig an einem Herzinfarkt.
Eine Woche vor seiner Verhandlung spricht nun der ehemalige Kripo-Leiter in NEWS über die Hoffnung auf einen Freispruch, über Feinde, Intrigen und den Tod seines Freundes Wolfgang Bogner.

NEWS: Herr Dr. Geiger, wie geht es Ihnen jetzt?

Ernst Geiger: Natürlich stehe ich zurzeit unter Anspannung, der Beginn meines Prozesses steht ja unmittelbar bevor …

NEWS: Mit welchem Ausgang rechnen Sie?

Geiger: Ich hoffe auf einen Freispruch.

NEWS: Aber bei Ihrer ersten Verhandlung wurden Sie der Verletzung eines Amtsgeheimnisses schuldig gesprochen.

Geiger: Mittlerweile hat sich jedoch einiges verändert. Bogner wurde vor Gericht rechtskräftig von allen einst gegen ihn erhobenen Vorwürfen freigesprochen, die "Sauna-Affäre" hat sich quasi in Luft aufgelöst. Ein Evaluierungsbericht der BPD Wien legt den Verdacht nahe, dass gegen Bogner und mich ein Tatverdacht inszeniert und Beweismittel verfälscht wurden. Laut Urteil von Experten war zudem die Telefonüberwachung Bogners rechtswidrig, die Staatsanwaltschaft hatte die Lausch-Lizenz ohne Prüfung des Tatverdachts beantragt.

NEWS: Was könnte das alles für Ihr Verfahren bedeuten?

Geiger: Dass man mir endlich glaubt - dass ich einer polizeiinternen Intrige zum Opfer gefallen bin. Und niemals eine Razzia verraten habe.

NEWS: Doch selbst wenn Kollegen Sie bewusst zu Fall bringen wollten, gibt es doch Hinweise darauf, Sie hätten einen polizeilichen Kontrolltermin verraten.

Geiger: Welche Hinweise sollen das sein? Eine rechtswidrige Observation, die, übrigens bereits im ersten Prozess, keinen Beweis erbrachte? Weiters existieren auch keine Telefonüberwachungsprotokolle, die mich belasten. Sondern lediglich Mitschnitte von Gesprächen Wolfgang Bogners, in welchen er über ungerechtfertigte Polizeieinsätze in seinem Lokal geredet hat. Diese Angaben wurden im ersten Verfahren - im Zweifel - zu meinem Nachteil ausgelegt. Ihre Verwertbarkeit wird jetzt aber unter dem Blickwinkel der Menschenrechtskonvention massiv in Zweifel gezogen.

NEWS: Roland Horngacher soll einst die Ermittlungen gegen Sie in Auftrag gegeben haben. Was sagen Sie nun über ihn?

Geiger: Heute tut er mir nur noch leid.

NEWS: Aber Sie galten doch immer als sein "Todfeind" …

Geiger: Ich habe bloß sehr früh schon Horngachers auffällige Psychostruktur erkannt. Aber der ehemalige Innenminister Ernst Strasser, Expolizeipräsident Peter Stiedl, der Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit Erik Buxbaum und Kabinettschef Philipp Ita standen ja voll hinter ihm - deshalb wurden meine Warnungen immerzu in den Wind geschlagen. Und als Revanche für meine Beschwerden geriet schließlich ich selbst ins Fadenkreuz der Staatsgewalt.

NEWS: Ihr "Kronzeuge", Wolfgang Bogner, ist mittlerweile verstorben.

Geiger: Sein früher Tod tut mir sehr leid. Denn er war viele Jahre lang ein guter Freund von mir. 1999 hatte ich ihn kennen gelernt. Nicht bei Nacht und Nebel in irgendeiner Spelunke, wie meine Feinde gern behaupten, sondern als Schwager des damaligen Innenministers und Du-Freund des Leitenden Oberstaatsanwalts. Und ich sage bis heute: Bogner ist niemals ein Krimineller gewesen.

NEWS: Sollten Sie nun bei Ihrem Prozess einen Freispruch bekommen: Wollen Sie in den Polizeidienst zurückkehren?

Geiger: Mit Sicherheit nicht.

Mehr zum Polizeiskandal und zu Politik lesen sie im aktuellen NEWS 10/2008.