ELGA: Welche Fragen
die Österreicher bewegen

Pro oder Contra? News.at zu Gast bei einer ELGA-Informationsveranstaltung

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Nicht weit von der tschechischen und slowakischen Grenze entfernt, in der beschaulichen Marktgemeinde Hohenau an der March, dreht sich an diesem Abend alles um ein Thema: ELGA. Das Veranstaltungszentrum "Atrium" füllt sich nach und nach mit Menschen. Sie alle wollen mehr wissen über die umstrittene Gesundheitsakte. "Es ist schade, dass der Saal nicht komplett voll ist", sagt Robert Freitag, Bürgermeister von Hohenau an der March. Denn in der Gemeinde werde sehr wohl heftig über ELGA diskutiert, zur Informationsveranstaltung seien dann aber doch weniger Einwohner gekommen als erwartet.

Dafür sind die anwesenden Bürger umso interessierter. Neugierige, wissbegierige aber auch mehrere kritische Fragen prasseln auf die ELGA-Geschäftsführerin während und nach ihrem Vortrag ein: "Wird ein Befund zusätzlich noch ausgedruckt?", lautet die erste Frage. Natürlich gebe es weiterhin Ausdrucke, die Daten und Akten seien nicht ausschließlich elektronisch verfügbar, beruhigt Susanne Herbek.

Dezentrale ELGA-Bereiche

Kritiker, Ärzte und Datenschützer bemängeln am System ELGA so einiges: Es ist intransparent, bürokratisch, kompliziert und nicht sicher genug vor Datenmissbrauch. Die ELGA-Vertreter halten dagegen: Die elektronische Gesundheitsakte soll für den Patienten vieles vereinfachen, das System ist für Ärzte und Patienten benutzerfreundlich und der Datenschutz ist völlig ausreichend. Bei der Informationsveranstaltung erklärt ELGA-Geschäftsführerin das dezentrale System. "Die dezentrale Speicherung ist ein Sicherheitskriterium. Verteilt werden Daten heute schon gespeichert und ELGA greift nun auf diese bereits vorhandenen Daten unter bestimmten strengen gesetzlichen Bedingungen zu", sagt Herbek. Die Daten seien aber nur im Anlassfall für den Arzt oder den Patienten zugänglich. Die Transparenz sei durch ELGA sogar größer als heute, da Patienten künftig über ein Protokoll nachvollziehen können, wer wann auf ihre Daten zugegriffen hat.

Die Organisation "ARGE Daten" argumentiert jedoch, dass gerade mit der dezentralen Speicherung das Risiko steigt. Zugriffsberechtigte wie beispielsweise die ELGA-Ombudsstellen könnten "zur besseren Übersichtlichkeit Daten herunterladen und speichern", sagt Hans Zeger, Obmann der "ARGE Daten". Damit seien Sicherheitsprobleme vorprogrammiert.

Auch Ärzte bleiben skeptisch: In den ELGA-Bereichen würden große Ansammlungen von teils sehr sensiblen Gesundheitsdaten entstehen, die weit über eine reine Verlinkung von bestehenden Daten hinausgehe, geben kritische Mediziner zu bedenken.

Diese Fragen bewegen

Und wer haftet bei ELGA wenn etwas schief geht? Diese Frage drängt sich nicht nur Datenschützern und Ärzten auf, auch ein Einwohner der Marktgemeinde Hohenau an der March will darauf eine Antwort. "Für Datenmissbrauch haftet derjenige, der die Daten missbraucht", teilt Herbek mit.

1. Wer haftet bei Datenmissbrauch?

Für ELGA sei genau nachvollziehbar, ob jemand unbefugt auf die Daten zugegriffen habe. Das ELGA-Gesetz lege klar fest, dass beispielsweise Behörden, Versicherungen oder Betriebsärzte beziehungsweise Arbeitgeber keinen Zugriff hätten. "Sämtliche Spitäler in Österreich oder die Ärzte, die Daten erstellen, sind heute schon für ihre Sicherheit verantwortlich. Und in der Regel haben gerade die Krankenhäuser Hochsicherheitsrechenzentren", sagt Herbek. ELGA sei lediglich ein Transportsystem, es speichere keine Daten, sondern bringe Daten nur im Falle eines Aufrufs von A nach B. Auf dem Transportweg seien die Daten entsprechend verschlüsselt und dürften nur auf sicheren Netzen des Gesundheitswesens, wie dem E-Card-Netz, transportiert werden.

"Für die Datenverwendung vor Ort sind die diejenigen Organisationen verantwortlich, die es bereits heute sind", argumentiert die Expertin. Wenn beispielsweise ein Arzt Daten verkaufe oder widerrechtlich weitergebe, dann habe das nichts mit ELGA zu tun. Datenmissbrauch könne auch gegenwärtig passieren und das unabhängig von der elektronischen Gesundheitsakte.

2. Kein Internetzugang - was nun?

Eine weitere Frage, die vor allem die ältere Generation bewegt: Wie sieht die Lösung für Menschen ohne Zugang zu einem Computer oder Internet aus? "Die Flächendeckung ist in Österreich schon sehr hoch. Insgesamt sind rund 85 Prozent der Österreicher zumindest zeitweise im Internet unterwegs", sagt die ELGA-Geschäftsführerin. Selbst in der Generation 70 plus hätten immerhin 40 Prozent einen Internetzugang. Es gebe jedoch die Möglichkeit sich durch eine elektronische Vollmacht bei ELGA vertreten zu lassen. Zusätzlich sei geplant, dass man sich bei den Patientenanwaltschaften der Bundesländer über seine eigene Gesundheitsakte informieren könne.

3. Muss alles in ELGA erscheinen?

Was, wenn ein Arzt nicht von der Behandlung beim anderen Arzt erfahren soll? Kann man den Arzt dazu auffordern, eine Behandlung oder einen Gesundheitsakt nicht bei ELGA zu vermerken? "Sie haben über das ELGA-Portal die Möglichkeit, einen Befund elektronisch zu sperren, sodass ein anderer Arzt ihn nicht abrufen kann", antwortet Herbek. Der Patient sehe den Befund dennoch. Will oder kann man den Befund elektronisch nicht sperren, können Patienten einem Arzt sagen: "Ich möchte nicht, dass Sie heute auf meine ELGA zugreifen." Dazu habe der Patient das Recht.

Der Arzt darf also dazu aufgefordert werden, eine Akte oder einen Befund gar nicht erst für ELGA zu speichern und ein Patient kann ihm auch den Zugriff auf gespeicherte ELGA-Daten verwehren. "Greift ein Arzt trotzdem auf die Daten zu, kann man das über das ELGA-Protokoll verfolgen und entsprechende Schritte einleiten", sagt die Expertin.

4. Warum sind so viele Ärzte dagegen?

Warum sind so viele Ärzte dagegen? Politische Motive und Interessenslagen würden da eine Rolle spielen, so Herbek. Das oft kritisierte Opt-Out-Prinzip sei kein neues Prinzip, wie das Transplantationsgesetz zur Organspende beweise. Es stehe seit Anfang 2014 aber jedem frei, sich von ELGA abzumelden. "Das hat der Hausärzteverband genutzt, um gewisse Bedenken und Sorgen zu äußern und hier die Patienten zu verunsichern", sagt die ELGA-Chefin, die den Ärzten eine gewisse Angstmache vorwirft.

5. Ist jeder Arzt automatisch bei ELGA dabei?

Ist jeder Arzt automatisch bei ELGA dabei? "Gesundheitsdiensteanbieter, wie Spitäler, Ärzte, Apotheken und Gebietskrankenambulatorien, haben die gesetzliche Verpflichtung, Befundarten und Medikationsdaten so abzuspeichern, dass sie über das System gefunden werden können, wenn ein anderer Gesundheitsdiensteanbieter sie haben möchte", erklärt Herbek. Ob ein Arzt über ELGA Daten abrufe oder verwende, bleibe dem Arzt überlassen. Allerdings verweist die ELGA-Chefin in diesem Zusammenhang auf die Sorgfaltspflichten der Ärzte nach dem aktuellen Berufsgesetz. Der Arzt muss sich demnach alle nötigen Informationen besorgen, um seine Patienten gut behandeln zu können.

Fazit: Pro oder Contra?

Nach der Veranstaltung eilen viele der Zuhörer nachhause, einige bleiben noch sitzen und diskutieren bei einer Tasse Kaffee weiter. Und fühlen sich die Bürger nun informierter? Informierter ja, sagen die Befragten gegenüber News.at. Befürworter und Gegner halten sich ungefähr die Waage. Dass die Papierberge an Befunden wegfallen und der Patient die wichtigsten Gesundheitsdaten mit der E-Card praktisch immer mit dabei hat, begeistert die Befürworter. Andere sind trotz oder gerade wegen der Aufklärung noch skeptisch: "Ich warte lieber ab", sagt eine Skeptikerin. Sie sei weder dagegen noch dafür, man müsse eben sehen, wie sich das System in der Praxis tatsächlich bewähre.

Kommentare

Ich kann kaum erwarten, wer hackt als erste! wahrscheinlich ein 13jährige in der jausenpause.

wenn sony und microsoft hackbar sind, dann ist das elga auch, hahaha!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!

Mich stört die Zwangsbeglückung! Fair wäre es gewesen, sich zur Teilnahme anzumelden (oder nicht), aber nicht automatisch angemeldet zu sein und sich dann abmelden zu "dürfen". Viele - und nicht nur ältere - Menschen sind mit der Thematik (auch mangels Information) überfordert und deshalb nicht in der Lage, eine fundierte Entscheidung zu treffen. Die Vorgangsweise erinnert mich an Putin-Methodik.

christian95 melden

Wir brauchen in dem kleinen Land nicht 21 verschiedene Sozialversicherungen!
Mit einer einigen Sozialversicherung für ALLE gleich, gibt es auch keine Aufregung mehr. So kann man halt weiterhin für eine Tätigkeit gleich 21 Parteigünstlinge in der Verwaltung beschäftigen.

painkiller melden

danke für deinen geistigen Dünnpfiff, der mal wieder nichts mit dem Thema zu tun hat.

Hier gehts um ELGA und um die Krankendaten, welche Ärzte abrufen können/dürfen.

Obs jetzte eine SV oder 21 gibt hat mit ELGA mal sowas von garnichts zu tun ...

christian95 melden

Und ob!
Bei EINER Kranklenkasse für ganz Österreich gibt eine klare Regeln und das kann man leichter kontrollieren.

Hans Georg Wilhelm Schnurz
Hans Georg Wilhelm Schnurz melden

Datenschutz in Österreich ??? Den gibt es nicht, weil jeder Angestellte Deine Daten abrufen kann, unmengen von Anwälten, jeder x-beliebige angebliche dem Du Geld schuldest und und und ......

christian95 melden

Völlig richtig!
Unter dem Titel "Datenschutz" versucht jeder Gruppe ihre eigenen Pfründe zu absichern. Sonst ist bei uns Datenschutz völlig für die Fisch.

painkiller melden

Irgendwelche Beweise für Ihre Theorien???

Ich bin auch ein Angestellter, aber ich kann Ihre Daten nicht abrufen? Können Sie mir sagen wie ich das machen kann??

christian95 melden

So etwas lernt man sicherlich nicht öffentlich im Internet.

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