Chronologie der Vorwürfe: Der Ablauf der Homepage-Affäre um Karl-Heinz Grasser

Alles begann mit Dringlicher Anfrage am 12.6.2003

2003

12. Juni: Die SPÖ macht Grassers Ausgaben für Öffentlichkeitsarbeit und Berater zum Gegenstand einer Dringlichen Anfrage. Ein Thema dabei war auch die Homepage des Ministers, zu finden unter http://www.karlheinzgrasser.at. Grasser gab an, dass "selbstverständlich" kein Euro über Steuergeldern finanziert werde: "Natürlich ist diese Homepage privat und über Sponsoren finanziert."

13. Juni: Die SPÖ wittert deshalb den Verdacht auf verbotene Geschenkannahme und bringt eine Sachverhaltsdarstellung bei der Staatsanwaltschaft ein. Grasser selbst bestätigt, dass der "Verein zur Förderung der New Economy", dem sein Kabinettschef Matthias Winkler vorsitzt und der die Homepage betreut, von der Industriellenvereinigung (IV) finanziert wird.

17. Juni: Grasser bleibt Thema im Nationalrat, die Grünen richten eine Dringliche Anfrage an ihn.

18. Juni: Es wird bekannt, dass der Homepage-Verein als gemeinnützig angemeldet ist und keine Steuern bezahlt. Experten, allen voran Werner Doralt, bezweifeln die Rechtmäßigkeit dieser Vorgangsweise. IV-Generalsekretär Lorenz Fritz gibt die Höhe der Zahlungen an den Verein mit 175.000 Euro an. Ein Misstrauensantrag gegen den Minister im Nationalrat bekommt keine Mehrheit.

20. Juni: Grasser gibt bekannt, dass er die Unterlagen in der Homepage-Causa an die Staatsanwaltschaft übermittelt habe. Den Verein fordert er auf, dasselbe zu tun. Die Zuständigkeit für den Fall gibt er an seinen Staatssekretär Alfred Finz (V) ab, weil er selbst gegenüber den Finanzbeamten weisungsbefugt wäre.

8. Juli: Neue Vorwürfe: Grasser soll für Vorträge 7.000 Euro als Honorar bekommen und nicht versteuert haben. Der Minister entgegnet, Unternehmen hätten auf ein Treuhandkonto eingezahlt, das für einen in Gründung befindlichen Sozialfonds vorgesehen sei.

11. Juli: Finz veröffentlicht das Ergebnis der steuerrechtlichen Prüfung des Homepage-Vereins. Weder der Verein noch die IV seien steuerpflichtig. Es fehle der Schenkungswille, vielmehr handle es sich um eine "statutenmäßige Verwendung der Mittel".

8. Oktober: Der Grün-Abgeordnete Peter Pilz tritt mit neuen Vorwürfen gegen Grasser an die Öffentlichkeit. Der Minister habe den Besitz von Aktien der Internetfirmen YLine und FirstInEx nicht dem Unvereinbarkeitsausschuss des Parlaments gemeldet, obwohl er als Minister Anteile an Unternehmen hätte angeben müssen.

12. Oktober: Der Minister legt sein gesamtes Aktien-Portfolio offen.

17. November: Die Staatsanwaltschaft erhält vom Justizministerium grünes Licht für weitere Ermittlungen gegen Grasser.

19. November: Grasser soll das Parlament über einen Forderungskatalog der EU-Finanzminister zur Europäischen Verfassung nicht korrekt informiert haben. Dazu Nationalratspräsident Andreas Khol: "Da wird aus einer Mücke ein Elefant gemacht." Und Grassers Sprecherin: "Wir haben es nicht übermittelt, weil es kein offizielles Dokument ist."

24. Dezember: Grasser zieht in der "Kleinen Zeitung" Bilanz über das turbulente Jahr 2003: "Ich habe fünf Monate gebraucht, um mit den Angriffen fertig zu werden und aus dem Tunnel rauszukommen. Ich war nicht vorbereitet auch die Wucht der Kampagnisierung." Dass alles "fremdverschuldet" gewesen sei, wolle er dabei allerdings nicht behaupten. Fehler sieht er allerdings nur einen: "Das war die Nichtmeldung meiner Aktien".

2004

13. Jänner: Grasser präsentiert seinen mit vorerst 40.611 Euro dotierten Sozialfonds. Mit einem Vortrag könne nur eine an den Fonds eingegangene Spende in Zusammenhang gebracht werden.

21. Jänner: Die Spende der IV beträgt in Summe 283.000 Euro und nicht - wie bisher bekannt - 175.000 Euro. Der Leiter der Staatsanwaltschaft Wien, Friedrich Matousek, meint, die Staatsanwaltschaft gehe derzeit davon aus, dass der Verein steuerpflichtig war. Dies könne sich nach Erhebung des gesamten Sachverhalts aber ändern. Bekannt wird zudem, dass der Homepage-Verein 9.900 Euro auf das Treuhandkonto Grassers überwiesen haben soll.

22. Jänner: Die SPÖ vermutet, dass Grasser der Anstiftung zur Untreue schuldig sein könnte. Anlass: Ein Magazin-Bericht, wonach 9.900 Euro aus den Spenden der Industriellenvereinigung an den Verein zur Förderung der New Economy letztlich auf ein Treuhandkonto Grassers geflossen seien.

6. Februar: Nach monatelanger Geheimniskrämerei haben Finanzminister Karl-Heinz Grasser und sein Kabinettchef Matthias Winkler am Freitag die Geldflüsse im "Karl-Heinz Grasser Sozialfonds" und im Homepage-Verein offen gelegt. Ergebnis: Der "Verein zur Förderung der New Economy" wurde ausschließlich von der Industriellenvereinigung (IV) finanziert (283.000 Euro). "Keine Magna und kein Sonstwer" hätten für den Verein gespendet, betonte Winkler. Das Geld auf Grassers Sozialfonds kommt unter anderem vom Raiffeisenverband und der BA-CA.

10. Februar: Die Internet-Firma FirstInEx, die ein halbes Jahr an der Grasser-Homepage gearbeitet hat, kündigt eine Klage gegen Winkler an. Dieser hatte die Vertragsauflösung mit unzureichenden Leistungen von FirstInEx begründet.

13. Februar: Es wird bekannt, dass Karl Grasser, der Vater des Finanzministers, im Jahr 2000 über einen Treuhänder Aktien an FirstInEx gehalten hat.

14. Februar: Rechnungshof-Präsident Franz Fiedler kündigt eine Überprüfung der Causa Grasser an.

25. Februar: Die Staatsanwaltschaft stellt alle strafrechtlichen Erhebungen ein. Nun prüfen nur mehr die Finanzbehörden.

3. Juni: Die Volksanwaltschaft wirft in der Causa sowohl der Staatsanwaltschaft Wien als auch Justizminister Dieter Böhmdorfer (F) Missstände vor. Das geht aus der "Missstandsfeststellung" hervor, die die Volksanwaltschaft nach ihrem amtswegigen Prüfverfahren einstimmig beschließt.

26. August: Der RH-Rohbericht zur Homepage-Affäre ist fertig. Für Finanz-Rechtler Doralt wäre jetzt das Finanzministerium am Zug. "Eigentlich müsste es jetzt Schenkungssteuer vorschreiben." Unabhängige Finanzbehörden prüfen den Bericht und kommen zum dem Schluss, dass stets korrekt gehandelt wurde.

13. September: Die Ratskammer des Wiener Straflandesgerichts hält in der Causa Grasser die Zuständigkeit der Gerichte für gegeben. Das Gremium weist die von der Staatsanwaltschaft Wien beantragte Feststellung ab, eine solche zu verneinen. Die Anklagebehörde war zur Überzeugung gelangt, es liege allenfalls eine Zuständigkeit der Finanzbehörden vor, da der Wert der Homepage - ausgegangen wurde von 50.000 Euro - unter dem strafbestimmenden Wert von 75.000 Euro liege.

29. September: Die Staatsanwaltschaft erhebt Beschwerde beim Oberlandesgericht gegen die Entscheidung der Ratskammer.

2005

26. Jänner: Das Verfahren muss vorerst weiter geführt werden. Das entscheidet das Wiener Oberlandesgericht. Es schließt sich nach derzeitiger Aktenlage der Rechtsansicht der Ratskammer an und schlägt der Staatsanwaltschaft weitere Ermittlungsschritte vor.

28. Februar: Die österreichische Justiz gibt bekannt, dass das Strafverfahren gegen Finanzminister Karlheinz Grasser in der Homepage-Affäre eingestellt wird. Schenkungssteuer wäre zwar fällig gewesen, hieß es in der Begründung, doch habe nicht Grasser selbst, sondern der "Verein zur Förderung der New Economy" finanzielle Zuwendungen erhalten.

(apa/red)