Budapest: Flüchtlinge "ausgetrickst"

Zug mit Flüchtlingen gestoppt - Menschen in ungarisches Aufnahmelager gebracht

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    Dramatische Szenen am Budapester Bahnhof Keleti

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    Dramatische Szenen am Budapester Bahnhof Keleti

Der Zug fuhr am Vormittag vom Ostbahnhof in Budapest in Richtung der Grenze zu Österreich ab. Auf Anzeigetafeln am Gleis hieß es, er werde während der Fahrt getrennt: Drei Waggons sollten nach Szombathely und der Rest nach Sopron fahren. Beide Städte liegen an der westlichen Grenze Ungarns mit Österreich.

In Bicske, rund 40 Kilometer westlich von Budapest, wurde der Zug aber plötzlich angehalten. Die Polizei forderte die Flüchtlinge zum Aussteigen auf. Sie sollten dann mit Bussen in ein nahegelegenes Flüchtlingslager gebracht werden. Viele Zuginsassen protestierten aber lautstark gegen die Einweisung in das Camp. Sie riefen "Deutschland! Deutschland!" und hielten Plakate mit Aufschriften wie "Hilfe" und "SOS" in die Höhe.

Etwa 60 bis 80 Flüchtlinge saßen oder standen außerhalb des Zugs. Im Inneren desselben befanden sich weitere Flüchtlinge, deren Zahl zunächst nicht bekannt war.

"Trick der Regierung"

Ein freiwilliger Helfer am Budapester Ostbahnhof, Marton Bisztrai, kritisierte die ungarischen Behörden scharf. "Ich denke, das war ein Trick der Regierung, der Polizei und der Bahngesellschaft, der Zug sah so aus, als würde er nach Deutschland fahren", sagte er AFP. "Sie wollen auf Teufel komm' raus die Leute hier weg haben und in Lager bringen. Ich denke, das war ein sehr zynischer Trick."

Die Polizei hatte den größten Fernbahnhof der ungarischen Hauptstadt am Morgen nach zweitägiger Blockade wieder geöffnet, hunderte dort ausharrende Flüchtlinge stürmten daraufhin in das Gebäude und drängten sich in den wartenden Zug. Etwa hundert weitere Flüchtlinge bestiegen einen zweiten Zug, der nach Györ nahe Österreich fahren sollte. Auch dutzende Sicherheitskräfte waren an Bord, wie ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichtete. Tausend Flüchtlinge harrten zunächst weiterhin im Keleti-Bahnhof aus.

In Lautsprecher-Durchsagen wies die ungarische Bahngesellschaft MAV darauf hin, dass für unbestimmte Zeit keine internationalen Zugfahrten angeboten würden. Die Direktverbindungen von Budapest nach Westeuropa seien "im Interesse der Sicherheit im Bahnverkehr" bis auf Weiteres eingestellt worden.

Allein im August waren 50.000 Flüchtlinge in Ungarn eingetroffen. Sie stammten vorwiegend aus Kriegsgebieten wie Syrien, Irak und Afghanistan. Am Montag ließen die ungarischen Behörden tausende Flüchtlinge, die seit Tagen in Budapest in provisorischen Lagern auf die Weiterfahrt warteten, ohne Kontrollen in Züge nach Österreich und Deutschland steigen. Am Dienstag wurde der Ostbahnhof dann geräumt und der Zugverkehr vorübergehend gestoppt.


DIE EREIGNISSE DES TAGES


20:41 | Insel für Flüchtlinge

Mit einem ungewöhnlichen Beitrag will ein ägyptischer Milliardär bei der Eindämmung der Flüchtlingskrise helfen: Naguib Zawiris bot am Donnerstag an, eine ganze Insel im Mittelmeer zu kaufen, um dort Flüchtlinge unterzubringen.

"Griechenland oder Italien verkaufen mir eine Insel, ich rufe die Unabhängigkeit aus, bringe die Migranten unter und verschaffe ihnen Arbeitsplätze beim Aufbau ihres neuen Landes", schrieb der Unternehmer über Twitter.

Später sagte Zawiris in einem Fernsehinterview, dass er mit seinem Plan an die Regierungen Griechenlands und Italiens herantreten wolle. Auf die Frage der Nachrichtenagentur AFP, ob sein Plan realistisch sei, sagte er: "Natürlich ist das machbar." Es gebe "dutzende verlassene Inseln, auf denen hunderttausende Flüchtlinge leben könnten". Nach Zawiris Schätzung dürfte eine Insel bis zu 90 Millionen Euro kosten. "Das Wichtigste sind aber Investitionen in die Infrastruktur", sagte er.

19:50 | EU-Flüchtlingsdebatte verschärft

Angesichts der chaotischen Zustände in Ungarn und schockierender Fotos von der Leiche eines ertrunkenen Flüchtlingskinds hat sich die Debatte in der Europäischen Union über den Umgang mit der Krise vehement verschärft. Wie die AFP am Donnerstag aus EU-Kreisen erfuhr, will Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker den Mitgliedstaaten vorschlagen, weitere 120.000 Flüchtlinge umzuverteilen.

Deutschland und Frankreich forderten zugleich eine verbindliche Quotenregelung. Mit der neuen Umverteilung solle auf die "sehr dringliche Situation in Italien, Ungarn und Griechenland" reagiert werden, hieß es aus EU-Kreisen. Die 120.000 Menschen sollten über ein Quotensystem verteilt werden - zusätzlich zu der angestrebten Verteilung von 40.000 Flüchtlingen, die auf freiwilliger Basis bereits vorgesehen ist.

19:24 | Dramatische Szenen

Eine Frau liegt vor den Polizisten auf den Gleisen und umklammert ihr Kind, ein Iraker ruft "Tötet mich, ich will lieber sterben als in ein Lager zu gehen": Auf dem Bahnhof der ungarischen Kleinstadt Bicske spielen sich am Donnerstag dramatische Szenen ab.

18:31 | Orban auch für Zaun an kroatischer Grenze

Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban hat den Bau eines weiteren Zauns an der Grenze zum EU-Mitglied Kroatien angekündigt, wenn die Flüchtlinge versuchen sollten, in großen Scharen über diesen Weg ins Land zu kommen. Er wolle keine große Zahl Muslime in Ungarn haben, sagte er am Donnerstag in Brüssel.

Orban betonte zugleich, er könne sich EU-Quoten für die Aufnahme von Flüchtlingen vorstellen. Allerdings habe er bisher keinen solchen Vorschlag erhalten.

18:31 | Geldstrafen für private Flüchtlingshelfer

Angesichts des geplanten Konvois, mit dem Aktivisten Flüchtlinge von Ungarn nach Österreich holen wollen, hat das Innenministerium am Donnerstag auf die geltende Rechtslage hingewiesen. Konkret geht es hier wohl um die Förderung einer rechtswidrigen Einreise und damit eine Verwaltungsübertretung, nicht um die mit bis zu zwei Jahren Haft sanktionierte Schlepperei.

Die wissentliche Förderung einer rechtswidrigen Einreise ohne Bereicherungsvorsatz ist im Fremdenpolizeigesetz (§120) mit Geldstrafen von 1.000 bis 5.000 Euro sanktioniert. Schlepperei (§114) ist hingegen mit dem Vorsatz verknüpft, sich oder eine Dritten durch ein dafür geleistetes Entgelt unrechtmäßig zu bereichern. Hier droht eine Freiheitsstrafe.

Interessant ist die Rechtslage für Beförderungsunternehmer. Diese sind "verpflichtet, alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um sich zu vergewissern, dass der Person über das für die Einreise in das Bundesgebiet erforderliche Reisedokument und erforderlichenfalls eine Berechtigung zur Einreise verfügt". In dieser Bestimmung sind Schienenfahrzeuge, also die Bahn, nicht erfasst, betont man im Ministerium. Die Regelung betrifft nur "Beförderungsunternehmer, die Personen mit einem Luft- oder Wasserfahrzeug oder im Rahmen des internationalen Linienverkehrs mit einem Autobus über die Außengrenze nach Österreich bringen". Dies begründe sich direkt aus der EU-Rechtslage, die hier im nationalen Recht umgesetzt sei, hieß es.

18:04 | 300 Menschen im Sitzstreik

Rund 300 Flüchtlinge, darunter zahlreiche Frauen und Kinder, haben am Donnerstagnachmittag vor dem Keleti-Bahnhof in Budapest einen Sitzstreik begonnen. Sie fordern, nach Deutschland ausreisen zu können. "Where is Humanity?" (Wo ist die Menschlichkeit?) und "Where is Freedom?" (Wo ist die Freiheit?), stand auf Pappkartons, die sie in die Kameras der zahlreichen Journalisten hielten.

17:20 | Keine Flüchtlings-Züge in Österreich erwartet

In Österreich sind am Donnerstag keine Züge mit Flüchtlingen mehr erwartet worden. Die ÖBB rechneten überhaupt mit keinen Fahrgästen aus Ungarn mehr. Auch die Polizei erwartete "keine Flüchtlingszüge mehr", sagte Sprecher Roman Hahslinger. Nach Angaben der Polizei kamen am Donnerstag im Laufe des Tages 40 Flüchtlinge auf den Wiener Bahnhöfen an.

Zwar soll der Nachtzug von Budapest nach Wien laut Angaben der ungarischen Bahn starten, allerdings wurde den ÖBB angekündigt, dass dieser bis zum Grenzbahnhof Hegyeshalom leer geführt wird, sagte ÖBB-Sprecher Michael Braun.

In weiterer Folge wird der EN 462 dann planmäßig nach München weitergeführt. Ein weiterer Zug ist zwar von Budapest Richtung Graz gestartet. "Laut Ungarischen Staatsbahnen entfällt dieser Zug zwischen Szombathely und Szentgotthard", sagte Braun. Ein Ersatzzug der ÖBB wird dann nach Szentgotthard geschickt.

Die Züge der ÖBB verkehren bis auf Weiteres nur bis zum Grenzbahnhof Hegyeshalom, sagte Braun. Um Lösungen war die Bahn jedenfalls bemüht. "Welcher Zug auch immer an die Grenze geführt wird, wir sind bereit, die Fahrgäste aufzunehmen", sagte der Sprecher. So wurde etwa auch eine Notlösung organisiert, als es hieß, Züge würden von der Ungarischen Bahn nach Sopron fahren.

17:07 | Österreichische Aktivisten greifen ein

Österreichische Aktivisten wollen die in Ungarn gestrandeten Flüchtlinge nach Österreich auf eigenen Faust holen. Eine Initiative unter dem Titel "Konvoi Budapest Wien - Schienenersatzverkehr für Flüchtlinge" ruft über soziale Medien dazu auf, Flüchtlinge in einem Konvoi gemeinsam mit Privatautos und Bussen von Budapest nach Österreich und Deutschland zu bringen.

Ein erster Konvoi startet am kommenden Sonntag um 11 Uhr am Parkplatz des Praterstadions. Es sollen "so viele Flüchtlinge wie möglich aus Budapest nach Wien und unter Umständen weiter nach Deutschland" gebracht werden, wie es auf der Facebook-Seite der Initiative heißt. "Mit dieser Aktion werden wir die Abschottungspolitik der EU durchzubrechen und die Menschen in Sicherheit zu bringen." Der Aufruf richtet sich an Private, aber auch an Hilfsorganisationen, NGOs, Busunternehmen, Taxiunternehmen und Gewerkschaften, "die den Konvoi unterstützen wollen, weitere Fahrzeuge aufstellen und dabei mitmachen, die Menschen sicher nach Wien zu geleiten." Vor Ort soll Rechtshilfe für die Fluchthelfer organisiert werden.

17:00 | Faymann zitiert Ungarns Botschafter ins Kanzleramt

Bundeskanzler Werner Faymann zitiert für morgigen Freitag den ungarischen Botschafter ins Kanzleramt. Anlass sind diplomatische Spannungen wegen dem Thema Flüchtlinge. "Die Genfer Menschenrechtskonvention ist von allen Staaten der EU zu respektieren", sagte Faymann laut einer Aussendung des Kanzleramtes am Donnerstag.

16:22 | Katholische Privatschulen nehmen Kinder auf

Das Schulamt der Erzdiözese Wien hat dem Stadtschulrat Unterstützung bei der Aufnahme von rund 350 Flüchtlingskindern in Wiener Schulen angeboten. Genaue Zuteilungen an die katholischen Privatschulen inklusive der Wiener Ordensschulen würden nächste Woche erfolgen können, sagte die Leiterin des Erzbischöflichen Amtes für Unterricht und Erziehung, Andrea Pinz.

16:18 | Ungarns Polizei eröffnet Sammelstelle an Grenze

Die ungarische Polizei eröffnet am Freitag eine neue Sammelstelle an der ungarisch-serbischen Grenze. Die Einrichtung in der Nähe der Grenzstadt Röszke kann 1.000 Flüchtlinge aufnehmen und liegt nahe des sogenannten "Hangar", in dem die Registrierung der Migranten erfolgt, berichtet die ungarische Nachrichtenagentur MTI.

An der Fertigstellung der neuen Sammelstelle, die für 38 Millionen Forint (rund 120.000 Euro) realisierte wurde, waren neben Bauarbeitern auch Strafgefangene beteiligt, die unter Aussicht von Beamten des Strafvollzugs arbeiten. Das Gelände soll laut MTI mit einem Zaun umgeben werden, der dem 175 km langen, 4,5 Meter hohen Grenzzaun an der ungarisch-serbischen Grenze ähneln soll. In der Region um Röszke treffen derzeit laut Medienberichten die meisten Flüchtlinge ein. Sie kommen über die Eisenbahngleisen nach Ungarn, die nicht durch den Stacheldrahtzaun versperrt werden konnten.

15:50 | Flüchtlinge wehren sich

Es sind teils chaotische Szenen, die sich nur wenige Kilometer von Budapest entfernt abspielen. Die Flüchtlinge, die mit dem Zug eigentlich in Richtung Österreich und Deutschland weiterreisen wollten, sind nun in der Station Bicske gestrandet. Sie weigern sich in ein ungarisches Flüchtlingslager gebracht zu werden. Die Polizei will den Zug mit rund 300 Passagieren räumen lassen, doch die Menschen wehren sich weiter gegen einen Abtransport. Die Flüchtlinge sollen "Kein Lager, kein Lager" gerufen haben, wie ein Reuters-Reporter berichtete.

15:40 | Ungarische Polizei vertreibt Journalisten

Die ungarische Polizei hat den Bahnhof im Budapester Vorort Bicske abgeriegelt und zum Einsatzgebiet erklärt. Alle Medienvertreter wurden zum Verlassen aufgefordert. Laut einem Reuters-Reporter setzte die Polizei auch Schlagstöcke ein, um Journalisten zu vertreiben.

Zuvor war die Lage eskaliert, nachdem die Polizei Züge Richtung Westen gestoppt hatte, um die Flüchtlinge in ein Flüchtlingslager zu bringen. Flüchtlinge, die zum Ausstieg aus dem gestoppten Zug gezwungen werden, drängen zurück in die Wagen. Flüchtlinge, die sich auf die Gleise gelegt hatten, um gegen ihren Transport in ein ungarisches Auffanglager zu protestieren, wurden Reuters zufolge festgenommen. Dutzende Menschen flohen. Die anderen Fahrgäste stiegen in einen Ersatzzug um.

15:30 | Orban: Flüchtlinge sind "deutsches Problem"

Der ungarische Regierungschef Viktor Orban bezeichnete den Zustrom von Flüchtlingen unterdessen als "deutsches Problem". Nach einem Gespräch mit EU-Parlamentspräsident Martin Schulz erklärte er in Brüssel, es dürfe kein Flüchtling ausreisen, ohne dass er vorher registriert worden sei. Ungarn halte sich lediglich an europäische Regeln und tue das, was die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel erwarte.

"Das Problem ist kein europäisches Problem. Das Problem ist ein deutsches Problem", betonte Orban. Die Migranten wollten nicht in Ländern wie Ungarn, Polen oder Estland bleiben. "Alle würden gerne nach Deutschland gehen." Migranten warnte der rechtsnationale Regierungschef ausdrücklich vor einer Einreise nach Ungarn. "Bitte kommen Sie nicht. Es ist riskant zu kommen. Wir können nicht garantieren, dass Sie akzeptiert werden."

Merkel hat Vorwürfe des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban wegen der deutschen Flüchtlingspolitik streng zurückgewiesen. Bei einem Besuch in der Schweiz sagte Merkel am Freitag: "Deutschland tut das, was moralisch und was rechtlich geboten ist. Und nicht mehr und nicht weniger."

15:25 | Zweiter Zug gestoppt

Das weitere Schicksal der Flüchtlinge vom Budapester Ostbahnhof war zunächst unklar. Auch ein zweiter Zug mit Flüchtlingen an Bord fuhr vom Budapester Ostbahnhof in Richtung Sopron. Zahlreiche Menschen drängten vor Abfahrt des Zuges aber erneut aus den Waggons nachdem sich herumgesprochen hatte, dass sie dieser Zug auch nicht nach Deutschland bringen würde, sondern in ein Flüchtlingslager fahren werde. Dieser Zug soll ebenfalls nach Budapest gestoppt worden sein.

15:00 | Wiener Bahnhöfe für mögliche Versorgungen gerüstet

Zwar war am Donnerstag weiterhin unklar, ob und wenn wann Züge aus Ungarn bzw. Flüchtlinge in Wien ankommen werden. Auf den Wiener Bahnhöfen war man jedenfalls auf "eine große Anzahl an Schutzbedürftigen aus Kriegsgebieten" gerüstet.

Da es keine Informationen über den Gesundheitszustand der Flüchtlinge gibt, ist die Berufsrettung Wien - MA 70 vorsorglich bereits mit Spezialfahrzeugen sowie Rettungstransportwagen zu Hauptbahnhof bzw. Westbahnhof ausgerückt. In den beiden Großraum-Fahrzeugen K2 und K3 können jeweils bis zu 15 Personen gleichzeitig untersucht und erstversorgt werden.

In den Nachtstunden sind weiterhin zwei Sanitäter des "Sanitätsteam Wien" bestehend aus Wiener Rotem Kreuz, Arbeiter Samariter-Bund, Johannitern, Maltesern und Berufsrettung Wien, bei der Notschlafstelle am Wiener Westbahn tätig.

Unterdessen schickte die Caritas Mitarbeiter nach Sopron und Budapest, "damit wir uns ein besseres Bild machen können, sagte Sabine Wartha, Leiterin Caritas Katastrophenhilfe. In Budapest soll abgeklärt werden, was die Flüchtlinge am dringendsten benötigen.

14:35 | ÖBB könnte Züge nach Sopron schicken

Die ÖBB haben sich für den Fall, dass die ungarische Bahn heute doch noch Züge von Budapest nach Sopron führt, gerüstet. "Dann werden wir Doppelstockzüge, die derzeit in Wulkaprodersdorf stehen bleiben, nach Sopron verlängern", erklärte ÖBB-Sprecher Michael Braun.

Diese Züge fahren dann zum Wiener Hauptbahnhof. "Dort hätten Fahrgäste die Möglichkeit, in Railjets nach Deutschland umzusteigen", erklärte Braun. "Wir sind sehr froh darüber, dass wir diese Lösung griffbereit haben", meinte der Sprecher.

Die eigentliche Strecke von Budapest nach Wien sei vergleichbar mit "der Donau, sehr breit und leistungsstark mit viel Kapazität". Jene Strecke nach Sopron sei "wie ein kleines Gebirgsbächlein". Railjets könne man da auf keinen Fall hinschicken.

Dass ein Zug nach Sopron fahren soll, haben auch die ÖBB aus den Medien erfahren. Erst später haben die ungarische Bahn auch die heimische informiert. "Wir würden uns mehr Information wünschen, dass wir besser planen können", sagte Braun.

14:25 | Fußball-Teamspieler Junuzovic: "Nicht wegschauen"

Mit deutlichen Worten hat sich Österreichs Fußball-Teamspieler Zlatko Junuzovic zur aktuellen Flüchtlingskrise geäußert. "Man darf nicht wegschauen. Das ist die Chance für jedes Land, seine Menschlichkeit zu zeigen. Man muss helfen, wo man kann und sollte die Flüchtlinge willkommen heißen. Ihnen geht es wirklich schlecht, sie brauchen Unterstützung", sagte der 28-Jährige.

Junuzovic weiß, wovon er spricht - der Bremen-Legionär wurde in der serbischen Stadt Loznica geboren und musste mit seiner Familie aufgrund des Jugoslawien-Konflikts als Vierjähriger nach Österreich fliehen. "Ich selbst habe keine Erinnerungen mehr daran, aber ich kenne die Geschichten von meiner Familie. Das war brutal", erklärte der Mittelfeldspieler am Donnerstag in Wien.

14:25 | Ungarns Bahn wusste von Zügen in Camps

Die ungarische Bahngesellschaft MAV war darüber informiert, dass die ungarische Polizei Flüchtlinge aus zwei Zügen Richtung Sopron und Györ holen würde. Dies bestätigte der MAV-Vertriebsdirektor Marton Feldmann in Budapest. Verantwortlich sei jedoch die Politik, diese würde durch die "Kontrollen" europäischem Recht nachkommen.

Es habe sich nicht um Sonderzüge gehandelt, sagte Feldmann, sondern um reguläre Verbindungen. Der Zug nach Sopron habe in Bicske einen regulären Halt gehabt, jener nach Györ sei von der Polizei außerplanmäßig gestoppt worden.

14:25 | Salzburg auf möglichen Ansturm vorbereitet

Nach der Übernachtung von bis zu 2.000 Flüchtlingen am Salzburger Hauptbahnhof in der Nacht auf Dienstag ist Salzburg auf einen möglichen Wiederholungsfall offenbar besser vorbereitet. Nach einem Koordinierungsgespräch seien alle Vorkehrungen für das Durchreisen oder auch für einen längeren Aufenthalt der Menschen getroffen, informierten Stadt und Land.

In die Vorbereitungen eingebunden sind neben Stadt und Land die Polizei, das Rote Kreuz und die ÖBB. "Wir stellen uns aus jetziger Sicht darauf ein, dass Flüchtlinge nur mit kurzem Aufenthalt durchreisen oder einige Stunden am Salzburger Hauptbahnhof auf ihre Anschlusszüge nach Deutschland warten" sagte Landesrat Josef Schwaiger (ÖVP). "Für diesen Fall hat das Salzburger Rote Kreuz alle Vorkehrungen gemeinsam mit den ÖBB getroffen und wird die Menschen humanitär verpflegen und betreuen. Als weiteres Szenario sind wir auf gestrandete Flüchtlinge vorbereitet. Sollten die Menschen länger als zwölf Stunden in Salzburg bleiben, haben wir temporäre Notunterkünfte vorbereitet. Die Landespolizeidirektion wird hier im Einvernehmen mit der Stadt Salzburg den Alarmierungseinsatz aller betroffenen Stellen auslösen", so Schwaiger. Auch viele Freiwillige haben angekündigt, wieder helfen zu wollen.

Die Flüchtlinge sind Montagabend in Salzburg gestrandet und mussten über Nacht auf die Anschlusszüge nach München warten. Der erste fuhr fahrplanmäßig um 4.00 Uhr wieder ab. Die Hilfe lief erst an, als schon Menschen da waren. Zahlreiche Privatpersonen beteiligten sich an der Hilfe und kauften Obst und Getränke für die Flüchtlinge.

14:23 | Ungarns Staatsbahn verteidigt Einschränkung

Die ungarischen Staatsbahnen haben am Donnerstag ihre Einschränkung des internationalen Zugverkehrs verteidigt. Die Flüchtlinge würden den sicheren Zugverkehr am Budapester Ostbahnhof behindern und Zugtickets fälschen, erklärte Ilona David, Generaldirektorin der Ungarischen Staatsbahnen (MAV), auf einer Pressekonferenz am Budapester Ostbahnhof.

Die Staatsbahnen hätten versucht, das Reiseniveau auf dem Bahnhofsgelände sicherzustellen, was jedoch wegen der Migranten unmöglich sei. Diese hätten das Besteigen der Züge und die Kontrolle der Bremsanlagen behindert, wobei auch die Türen der Züge nicht geschlossen werden konnten, zitierten Medien David und sprachen von Erklärungsnöten der MAV. Es habe auch Geschäfte mit Zugtickets gegeben, wie etwa bei einem Gruppen-Fahrschein von 29 Euro, der dann weit teurer weiterverkauft wurde. Laut David lehnten die Migranten jede Zusammenarbeit mit der MAV ab, sodass diese gezwungen gewesen sei, zunächst den gesamten Zugverkehr auf dem Ostbahnhof einzustellen, danach den der direkten internationalen Züge.

Gegenwärtig fahren nur von den Bahnhöfen Hegyeshalom und Szob an der westlichen und nördlichen Grenze Ungarns Züge ins westliche Ausland. Züge aus Wien fahren nur bis an die österreichisch-ungarische Grenze, da MAV keine Züge übernimmt.

13:42 | Zug soll um 16.00 Uhr losfahren

Wie die ÖBB mitteilten, handle es sich bei dem Zug, der am Donnerstagabend aus Budapest in Graz erwartet werde, nicht um einen Sonderzug, sondern um eine von vier regulären Verbindungen von Budapest über Jennersdorf nach Graz. Es sei ein Direktzug, der gegen 22.00 Uhr am Grazer Hauptbahnhof ankomme.

Noch sei unklar, ob und wie viele Flüchtlinge mit ihm kommen, denn der Zug fährt erst gegen 16.00 Uhr in Ungarn los, sagte ÖBB-Sprecher Christoph Posch. Ein Krisenstab sei vorsorglich eingerichtet worden, um sich auf eine höhere Anzahl von Asylsuchenden vorzubereiten.

13:40 | Transport in Flüchtlingslager verweigert

Die Flüchtlinge, die von der ungarischen Polizei in der ungarischen Stadt Bicske aus dem Zug geholt wurden, haben am Donnerstag den Weitertransport in ein Flüchtlingslager verweigert. Rund 100 Migranten weigerten sich die bereitgestellten Busse zu besteigen, mit denen sie in das nahe gelegene Flüchtlingslager gebracht werden sollten.

Zahlreiche Flüchtlinge drängten zurück in den Zug, andere versammelten sich in der Unterführung des Bahnhofs, von wo sie durch die Polizei zurück auf den Bahnsteig gedrängt wurden. Zuvor hatte ihnen die Polizei mittels Dolmetscher erklärt, dass sie ohne gültige Reisedokumente nicht in den Westen fahren könnten.

Der Sonderzug war zu Mittag kurz nach seiner Abfahrt aus Budapest in Bicske wieder gestoppt worden. Der Zug war am Vormittag in Richtung der Grenze zu Österreich abgefahren. Im Bahnhof harrten gegen Mittag noch rund tausend Flüchtlinge aus. Zuvor hatte die Polizei den größten Fernbahnhof der ungarischen Hauptstadt nach zweitägiger Blockade wieder geöffnet, hunderte dort ausharrende Flüchtlinge stürmten daraufhin in das Gebäude und drängten sich in einen wartenden Zug.

13:36 | Noch herrscht Stillstand vor

Der Sonderzug mit dem Flüchtlingen steht immer noch still, während freiwillige Helfer Wasserflaschen verteilen.

13:34 | Zwei Flüchtlingskinder vor Türkei ertrunken

Während am ungarischen Bahnhof schlichtweg das Chaos zu regieren scheint, nahm das Leben des dreijährigen Aylan Kurdi und seines fünfjährigen Bruders ein trauriges Ende: Zusammen mit den Eltern waren die beiden Buben aus der syrischen Stadt Kobane auf dem Weg nach Kanada. In der türkischen Stadt Bodrum stieg die Familie auf ein Boot, das sie auf eine nahe griechische Insel bringen sollte.

Schon kurz nach dem Start kentert das Boot. Mindestens zwölf Menschen kommen ums Leben. Unter ihnen der kleine Aylan, sein Bruder Galip und deren Mutter. Der Vater versuchte noch seine Familie zu retten. Er findet einen seiner Buben. Diesem scheint es gut zu gehen. Er schwimmt weiter, um nach dem anderen zu suchen und findet ihn leblos auf. Er kehrt zu dem ersten Kind zurück: In der Zwischenzeit ist auch er ertrunken. Der Vater bleibt allein zurück. Seine Familie hat er auf einen Schlag verloren. Vier mutmaßliche Schlepper wurden mittlerweile von der türkischen Polizei gefasst.

13:18 | Sonderzug soll in Graz ankommen

Ein Sonderzug mit Flüchtlingen aus Budapest wird laut dem steirischen Flüchtlingskoordinator Kurt Kalcher am Donnerstagabend in Graz erwartet. Die Österreichischen Bundesbahnen hätten ihm die Ankunft des Zuges avisiert. Fix sei es noch nicht, aber höchstwahrscheinlich. Wie viele Asylsuchende in dem Zug sein werden ist noch unklar, die Rede ist von mehreren Hundert.

Kalcher bestätigte einen Bericht der "Kleinen Zeitung Online", wonach die Flüchtlinge von Graz aus weiter nach Deutschland reisen wollen. Näheres wisse man aber noch nicht. Für 14.00 Uhr wurde eine interne Besprechung der Verantwortlichen zur Organisation der Ankunft einberufen. Erst danach soll es weitere Details geben, sagte Kalcher.

13:15 | Flüchtlinge wehren sich

Laut "ITV News" haben sich die Flüchtlinge geweigert, die Busse zu besteigen, die sie ins Flüchtlingscamp bringen sollten. Die ungarische Polizei sei bei dem Versuch gescheitert, die Flüchtlinge ins Aufnahmelager zu transportieren.

12:50 | Sonderzug gestoppt

Kurz nach seiner Abfahrt aus Budapest ist der Zug mit bis zu 300 Flüchtlingen einem Medienbericht zufolge in der Nähe eines der größten Aufnahmelager Ungarns wieder gestoppt worden. Wie die amtliche ungarische Nachrichtenagentur MTI meldete, wurden die Menschen von der Polizei angewiesen, den Zug in Bicske rund 40 Kilometer westlich von Budapest zu verlassen.

Von dort seien sie mit Bussen in das nahegelegene Flüchtlingscamp gebracht worden. Zuvor hatte es geheißen, der Sonderzug werde die Flüchtlinge über Sopron Richtung München bringen.

12:00 | Zug mit Flüchtlingen abgefahren

Die ÖBB hat bekannt gegeben, dass man von Ungarn offiziell nicht über den Zug informiert worden sei. Die ÖBB müssten den Zug am Grenzübergang übernehmen, darum sei nicht angesucht worden, erklärte ÖBB-Sprecher Michael Braun. "Wir sind um eine Lösung bemüht", sagte der Sprecher.

Es wäre kein Problem, wenn der Zug ganz normal nach Hegyeshalom fahren würde, erklärte Braun. "Dort befinden sich auch unsere Railjets, die Fahrgäste könnten ganz normal umsteigen. Warum der Zug jetzt nach Sopron fährt, wissen wir nicht. Ein Planbetrieb über Hegyeshalom wäre eine gute Idee gewesen", sagte Braun.

11:15 | Zug mit Flüchtlingen abgefahren

Ein erster, völlig überfüllter Sonderzug ist aus Budapest abgefahren. Einige wenige Migranten sprangen kurz vor Abfahrt noch panisch ab, weil das Gerücht die Runde gemacht hatte, der Zug würde sie in ein Flüchtlingslager in Ungarn bringen. Die übrigen Flüchtlinge an Bord klatschten jedoch laut, als die Garnituren sich in Bewegung setzten. Gezogen wurden sie von einer Sonderlokomotive, die an das 25-jährige Jubiläum des paneuropäischen Picknicks in Sopron 2014 erinnerte.

Große Verwirrung

Tausende waren zuvor um acht Uhr in das Innere des Bahnhofs geströmt, nachdem die Polizei den Weg freigegeben hatte. Chaotische Szenen spielten sich ab. Hunderte versuchten verzweifelt, in einen Sonderzug zu gelangen, dessen Ziel zu diesem Zeitpunkt noch unbekannt war. Eine Polizistin erklärte, der Zug werde vorerst nicht abfahren. Zuvor hatten Gerüchte die Runde gemacht, er werde nach Deutschland fahren.

Gezogen wurden die Garnituren von einer Sonderlokomotive, die an das Jubiläum des Paneuropäischen Picknicks von Sopron 2014 erinnerte. Per Lautsprecherdurchsagen wurden die Flüchtlinge informiert, dass aufgrund von "Sicherheitsbedenken" vorerst keine internationalen Züge den Bahnhof verlassen würden. Zuvor hatte bereits die ungarische Bahn in einer Stellungnahme erklärt, es gingen keine Direktzüge nach Westeuropa vom wichtigsten Budapester Bahnhof und auch die ÖBB bestätigten, dass derzeit keine Züge von Budapest Richtung Österreich geplant seien.

Auf dem Bahnsteig zwischen Gleis 7 und 8, wo Züge in den Westen bisher verkehrten, spielten sich gefährliche Drängeleien ab. Laut dem Sender Hir TV kam ein Zug aus Wien, der wurde gestürmt. Die Flüchtlinge wussten freilich nicht, dass dieser nicht weiterfährt. Hilfsorganisationen rätselten, warum die Blockade des Bahnhofs plötzlich aufgehoben wurde.

Auf und Zu

Die ungarischen Behörden hatten am vergangenen Montag überraschend vorübergehend tausenden Migranten erlaubt, in Züge Richtung Österreich und Deutschland zu steigen, am Dienstagvormittag aber den Budapester Keleti-Bahnhof für alle Reisende ohne gültiges EU-Visum gesperrt. Seither saßen an dem Bahnhof rund 3.000 Flüchtlinge fest.

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